Werner knallhart

Kurze Hosen im Büro gegen die brutale Zugeknöpftheit

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Machen Sie die Mitarbeiter stilsicher

Und ausgerechnet das soll schamvoll verhüllt bleiben? Oh ja, es stimmt, Männerbeine sind oft haarig. Das kann einem egal sein, oder man mag es erotisch finden. Aber es ist wahrhaftig einer der Gründe, warum Männer andere Männer nicht in kurzen Hosen sehen wollen: „Nackte Frauenbeine gefallen mir besser.“ Haha! Wie ungerecht das ist, zeigt sich, wenn wir es uns mal umgekehrt vorstellen: Frauen dürfen nur im Hosenanzug, Männer in Shorts und T-Shirt.

Mit der Männerbeinphobie diskriminiert sich das betroffene Geschlecht aus reinem Chauvinismus leichtfertig selber. Wenn Frauen Bein zeigen dürfen, sollen es auch die Männer dürfen. Für ein besseres Körpergefühl an heißen Bürotagen. Denn Männerbeine sind schön. So! Die Frage darf also nicht sein, ob Männer im Job ihre Beine zeigen dürfen, sondern wie. Und da stehen die Zeichen der Zeit günstig. Denn:

1. Während vor zehn Jahren der Saum der Männershorts noch unentschlossen in der Mitte der Unterschenkel herum baumelte, enden moderne kurze Hosen seit rund fünf, sechs Jahren meist selbstbewusst straff über dem Knie. Das Männerbein darf raus.
2. Die junge Generation hat vorgelegt. Mit der nackten Fessel. Teenager und Twens begannen vor einigen Jahren, selbst im Winter ihre langen Hosen etwas hochzukrempeln. Und zeigen bis heute entweder Socken oder eben Haut. Mit Haaransatz und allem drum und dran. Das haarige Männerbein als Statement. Rasieren kann sich gerne das andere Geschlecht.

Dass Männer ihre Beine in zugegeben oft unbeholfener Art nackt zeigen, liegt daran, dass sie sich ja regelrecht genieren müssen, wenn sie es nur aussprechen: „Schatz, ich brauch mal wieder eine kurze Hose.“ Kondome kaufen ist heute längst kein Problem mehr. Kurze Hose kaufen aber ist für viele eine Schmach. Und so tragen viele ihre alten, vierzig Mal gewaschenen Vier-Fünftel-Shorts aus den Nullerjahren nicht mit Stolz, sondern aus reinem Pragmatismus. Weil es klimatechnisch eben sein muss. Und wenn die Hose schon so doof aussieht, wie von der Krankenkasse bezahlt, dann ist auch wurscht, wie die Socken und Schuhe dazu wirken. Wir Männer sind es eben selber schuld.

Eine gut ausgewählte kurze Hose ist hingegen doppelt attraktiv: Ist sie modern schlank und kurz geschnitten, wirkt ihr Träger selbstbewusst und zukunftsgewandt. Ein Verkäufer mit Ahnung vom Fach empfiehlt Ihnen dazu direkt noch passende Schuhe und Socken.
Jetzt müssen nur noch die Chefs einlenken. Als erstes die Chefinnen. Lassen Sie die Herren mit Ihnen – dem von der Männerwelt despektierlich „schönes Geschlecht“ Genannten – gleichziehen. Befreien Sie die Jungs aus der EDV aus dem textilen Käfig, schicken Sie die Mitarbeiter von Sales kurzhosenbeinig mit ihren berockten Kolleginnen auf Kundenbesuch.

Das bedeuten die verschiedenen Business-Dresscodes

Und dann die Chefs: Ja, die Beine vom Azubi Daniel haben weniger Krampfadern als Ihre eigenen. Da müssen Sie jetzt durch. Dafür verdienen Sie mehr. Das ist ja auch irgendwie sexy – vielleicht. Statt die Männerkleiderordnung simpel auf Sakko/kein Sakko/Schlips/kein Schlips/Lederschuh/Sneaker zu reduzieren und Ihr Team bei Hitze leiden zu lassen, spendieren Sie Ihrer Belegschaft eine Styling-Schulung und Typberatung. Welche Kombi geht, welche nicht? Was ziert einen schlanken Juniormanager, was einen gestandenen alten Hasen mit schweren Knochen? Investieren Sie mehr Herzblut, machen Sie die Mitarbeiter stilsicher. Und dann lassen Sie die Zügel locker.

Kleider machen Leute. Aber gut gekleidete Leute, die sich außerdem noch wohl fühlen, machen noch mehr her. Und kommen noch besser rüber. Sogar bei Hitze. Sogar mit Kundenkontakt. Sogar mit haarigen Beinen.

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