Werner knallhart

Tattoos im Job: Zeigt her eure Meerjungfrauen!

Im deutschen Geschäftsleben gilt eine Tätowierung immer noch als unseriös. Da müssen dann Richter entscheiden, ob Arbeitgeber wegen eines Tattoos einen Arbeitsvertrag verweigern oder einen Angestellten wegen eines neuen Tattoo feuern dürfen. Willkommen im 21. Jahrhundert! Eine Kolumne.

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Im deutschen Geschäftsleben gilt eine Tätowierung immer noch als unseriös. Quelle: Fotolia

Wie so oft (und zu oft) gelten hierzulande mal wieder die zwei berühmten Argumente:
Erstens: Das war schon immer so.
Zweitens: Was sollen denn sonst die Leute denken?

Früher waren Tätowierungen noch alleine was für Matrosen. Mit dem Anker, der Meerjungfrau oder dem Herz als Grundierung. Oder für Häftlinge. Dieses oder jenes Symbol signalisierte, wie viele Morde man bereits begangen hatte oder ob man einen Ausbruchversuch plant.

So kleiden Sie sich richtig

Ich erinnere mich noch, wie meine frühere Mitschülerin Silvia aus der Parallelklasse 4b großspurig auf dem Schulhof herum posaunte, ihr Bruder (15) habe nun, da er am vergangenen Wochenende auf der Kirmes aushilfsweise Jetons eingesammelt hatte, auch eine Tätowierung. Und tatsächlich: Er hatte sich mit einem blauen Kugelschreiber selber ein paar Punkte in Form eines krakligen M tief in den Handrücken geimpft - als Zeichen seiner flammenden Liebe zu irgendeiner Marion oder Meike.

Damals, bis Ende der Achtzigerjahre, galt tatsächlich: Wer eine Tätowierung hatte, dem hatte das Leben sonst nicht viel gegönnt.

Heute ist das anders. Etwa ein Viertel aller 25- bis 34-Jährigen trägt hierzulande heute ein Tattoo mit sich herum. Das ist längst nicht mehr mutig, oft sogar uncool. Man denke nur an Arschgeweihe, Waden-Tribals und Fußgelenk-Geckos der Nullerjahre. Auch das quer über die Brust oder in die Innenseite des Oberarms gestochene Lebensmotto in geschwungener Schönschrift und womöglich noch auf Latein ist zumindest keine neue Idee mehr.

Ein Tattoo ist ein Statement wie jedes andere modische Accessoire auch. Mit dem einzigen Unterschied, dass es bleibt, auch wenn die Mode sich verändert hat. Alles Geschmackssache. Aber eines ist ein Tattoo generell nicht: ein Makel. Trotzdem wird es im Berufsleben oft als Schandmal behandelt. Nicht selten gilt dort die T-Shirt-Grenze: Alles, was über ein kurzärmeliges 08/15-Einheitsshirt hinausragt, ist tabu.

Paradebeispiel sind die Banken. Da geht es um Geld, da muss alles adrett aussehen. Niemand will, dass die Angestellte am Schalter die Scheine zählt und unter der Bluse eine Rose hervorlugt. Da denkt der Kunde automatisch an Falschgeld – finden offenbar die Banken.

Oder die Bundeswehr. Dort wusste man lange nicht, was man von Tattoos halten soll. Einige Zeit lang mussten sie verborgen getragen werden. Doch offenbar hat mittlerweile auch die Bundeswehr begriffen, dass Tattoos im Zweifel eher tarnend wirken, und sieht es nicht mehr so eng. Aber bei repräsentativen Aufgaben soll ein Soldat sehr wohl noch aussehen wie ein einheitlich gestriegelter Befehlsempfänger ohne eigenen Charakter. Das kommt offenbar besser rüber.

Maskerade und Aufrichtigkeit

Bei Polizeibeamten sind offen sichtbare Tattoos ebenfalls Thema. Alles, was im Sommer unter kurzärmeligen Hemden hervorguckt, kann problematisch werden. Warum nur? Wir wollen doch eine volksnahe Polizei. Wir wollen bei der Bundeswehr den Bürger in Uniform. Und bilden sich die Banken ein, ein Tattoo könnte noch zusätzlich Vertrauen zerstören?

Das bedeuten Dresscodes für Männer
Stufe 1: Baseline Casual für MännerDie Zeiten, in denen Anzug tragen Pflicht war, sind lange vorbei. Viele Unternehmen setzen jetzt auf den „Baseline Casual“-Look. Also: Hübsche T-Shirts oder Polohemden, dunkle Jeans ohne Waschungen und geschmackvolle, nicht zu sportliche Sneaker.Aber Achtung: Folgen Sie immer der +1/-1 Regel. Sie können immer eine Stufe schicker gekleidet ins Büro kommen und am „Casual Friday“ oder zu anderen entspannteren Events auch mal eine Stufe weniger schick. Kleiden Sie sich dagegen gleich zwei Stufen schicker, wirkt das nur overdressed und überheblich. Quelle: Peek&Cloppenburg
Stufe 2: Mainstream casual für MännerAls Mann tragen Sie auf dieser Stufe am besten Shirts und Pullover in verschiedenen Farben. Gerne darf es auch kariert oder gestreift sein, Hauptsache, Sie treffen die richtige Mischung zwischen schick und locker. Auch die Kombination aus Hemd und einem lockeren Sakko bietet sich an. Untenrum machen Sie mit einer schicken Chino oder Leinenhose alles richtig. Dazu die passenden eleganten Schuhe, idealerweise aus hellem Leder, fertig ist ihr "Mainstream casual"-Look. Quelle: Peek&Cloppenburg
Business CasualHier bleibt die Jeans im Kleiderschrank, dafür darf die Krawatte raus – bei Bedarf. Grundsätzlich ist ein Anzug mit Hemd und darüber eventuell ein feiner Strickpulli absolut ausreichend. Quelle: dpa
Stufe 2: Mainstream casual für MännerAls Mann tragen Sie auf dieser Stufe am besten Shirts und Pullover in verschiedenen Farben. Gerne darf es auch kariert oder gestreift sein, Hauptsache, Sie treffen die richtigen Mischung zwischen schick und locker. Auch die Kombination aus Hemd und einem lockeren Sakko bietet sich an. Untenrum machen Sie mit einer schicken Chino oder Leinenhose alles richtig. Dazu die passenden eleganten Schuhe, idealerweise aus hellem Leder, fertig ist ihr "Mainstream casual"-Look. Quelle: Peek&Cloppenburg
Stufe 5: Boardroom attire für Männer Schick, adrett und schwarz-weiß - diese drei Schlagworte sollten bei diesem Outfit im Vordergrund stehen. Als Mann kommen Sie um einen schwarzen oder dunkelgrauen Anzug nun nicht mehr herum. Auch die Qualität spielt jetzt eine große Rolle. Weißes Hemd und unifarbene Krawatte machen das Outfit komplett. Quelle: Peek&Cloppenburg
Black Tie / Cravate NoireDamit ist keine schwarze Krawatte, sondern eine schwarze Fliege gemeint – die zum Smoking getragen wird. Quelle: REUTERS
White Tie / Cravate BlancheHier tragen Männer Frack mit weißer Fliege.  Dies ist bei besonders festlichen Anlässen wie dem Wiener Opernball angesagt. Und was ist mit den Damen? >>Das bedeuten Dresscodes für Frauen Quelle: dpa

Gerne berufen sich die Arbeitgeber auf Umfragen: Die Menschen wünschen sich ihre Dienstleister ohne Tattoos. Angenommen, das wäre wirklich wahr: Wie dämlich sind wir?

Ein Tattoo ist ein Statement. Und wenn ich meinem Dienstleister Vertrauen schenken soll, dann muss ich erstmal etwas über ihn wissen. Da ist doch ein Tattoo Gold wert. Es gibt etwas von meinem Gegenüber preis. Wenn ich aber erwarte, dass mein Gegenüber Symbole seiner Persönlichkeit verbirgt, bevor ich einen Kreditvertrag überschreibe, dann bitte ich doch um Geheimniskrämerei. Nein, ich will alles wissen. Wer mir etwas vorspielt, hat mein Vertrauen nicht verdient.

Das bedeuten Dresscodes für Frauen
Baseline Casual für Frauen Quelle: Peek&Cloppenburg
Casual Quelle: Peek&Cloppenburg
Smart Casual Quelle: Fotolia
Business CasualWenn auf der Einladung von Business Casual die Rede ist, greifen Frauen am besten zum dunklen Kostüm, einem Hosenanzug oder einem Etui-Kleid. Der Rocksaum sollte das die Knie umspielen. Ein Minirock ist bei Business Casual genauso unangebracht, wie ein bodenlanger Rock. Jeans sind übrigens auch tabu: Wer keinen Hosenanzug besitzt und Röcke nicht mag, trägt eine dunkle Bundfaltenhose. Dieser Dresscode ist meistens bei Geschäftsessen oder Geschäftsreisen gefragt und hat eine repräsentative Funktion. Quelle: Fotolia
Business AttireBusiness Attire, Day Informal oder Tenue de Ville bedeutet, dass Sie Geschäftskleidung tragen sollten, obwohl Sie sich nicht im Büro befinden. Gefordert wird dieser Dresscode häufig bei Geschäftsreisen, bei Treffen mit Geschäftspartnern oder bei Business-Veranstaltungen im Allgemeinen. Frauen tragen also ein klassisches Kostüm oder einen Hosenanzug in Dunkelblau, Dunkelgrau, Anthrazit oder Schwarz. Dazu passt eine Bluse mit langen Ärmeln in Weiß, Hellblau oder Rosa. Alternativ geht auch ein förmliches Kleid, dessen Saum aber das Knie bedecken muss. Quelle: Fotolia
Black Tie / Cravate Noire Quelle: AP
White Tie / Cravate BlancheMänner tragen Frack mit weißer Fliege, Frauen sollen pompöse Abendkleider tragen. Und was ist mit den Herren? >>Das bedeuten Dresscodes für Männer Quelle: dpa

Meinen Notar habe ich im Internet gefunden. Dabei habe ich mir den herausgepickt, der sich seinen Ohrring eben nicht rausgenommen hat, bevor der Fotograf das Foto für die Website geschossen hat. Weil er Maskerade nicht nötig hat.

Im Internet gehen Videos um die Welt von Polizisten, weil sie sympathisch sind. Die US-Beamtin, die sich mit einem Mädchen ein Tanzduell auf der Straße liefert, bevor es sich geschlagen gibt und den Anweisungen der Polizei folgt. Genauso ein Video einer tanzenden Polizistin auf einem Sommerfest in der Berliner Oranienstraße. Kritiker wiesen auf die offen wackelnde Pistole hin. Das sehe ich ein. Aber was soll da ein Tattoo schaden, das zeigt: Ich bin Polizistin und Mensch. Die Leute sehnen sich doch nach dem Einer-von-uns-Effekt.

Und sollte einer mit einem Tattoo daherkommen, das Symbol ist für die Missachtung von Freiheitsrechten, dann hat dieser Mensch den falschen Job. Nicht wegen des Tattoos, sondern wegen seiner Gesinnung.

Air Berlin hat in diesem Jahr neue Saiten aufgezogen. Deren Flugbegleiter dürfen jetzt Haut zeigen, auch wenn die von Tattoos übersät ist. Das Argument der Marketing-Etage: Wir sind doch schließlich Berlin. Zumindest sind sie jetzt aufrichtiger.

Ich will Schalterangestellte, Soldaten, Beamte beim Einwohnermeldeamt, Fernsehmoderatorinnen und Bundespräsidenten mit Tattoos sehen – falls sie eins haben und es auch zeigen wollen. Tätowierungen mögen ja manchmal albern aussehen. Aber seinen Gecko am Hals unter Schlips und Kragen verstecken zu müssen, ist definitiv alberner.

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