Es gibt aber nunmal Leute, die haben eine - wie soll ich sagen? - ja, eine gedämpfte Eigenwahrnehmung. Die haben ihren eigenen Körpergeruch eingepreist und dann ihre Nase neu auf null geeicht. Die riechen sich nicht.
Ich finde, es gibt im groben zwei Gruppen, die man strikt trennen muss. Die einen sind die mit dem auf Hochtouren laufenden Deo. Das sind die meisten von uns. Wir liefern eigentlich den üblichen sommerlichen Großraumbürogeruch. So eine Mischung aus dem Duft, wenn man eine chemische Reinigung betritt, und einer Turnhallenumkleide. Ein bisschen muffig aber eben auch dieser gut gemeinte seifige Parfümduft, der Wohlwollen auslöst. Doch wem soll man da etwas vorwerfen bei 35 Grad? Darüber käme nur die Schweißdrüsenverödung, aber mit der ist es so wie mit Klimaanlagen: Für die paar Tage im Jahr lohnt es sich nicht. Und wer rechnet denn mit sowas wie dieses Jahr? Und haben Sie schonmal Ihre verschwitzte Achsel unauffällig unterm Hemd mit einem Deoroller nachbehandelt? Es fühlt sich auf schlimme Weise wie eine Notlösung an.
Anders die Kollegen der Gruppe 2. Das ist die, bei der man zwischen Mitleid und Ekel schwankt. Denn hier hat das Deo längst aufgegeben und die Bakterien feiern und fressen. Und ihr Wirt, der eigentlich liebe Kollege, merkt es nicht. Stichwort Naseneichung. Was soll man nun tun?
Weltweite Strategien gegen Hitze
Mit Hitze kennen sich die Iraker aus: Temperaturen jenseits der 40 Grad gehören im Sommer zum Alltag. Weil wegen der schwachen Infrastruktur jedoch permanent der Strom ausfällt, ist auf Klimaanlagen kein Verlass. Viele Händler stellen deshalb im Sommer auf den Bürgersteigen Duschen auf, unter denen sich die Iraker zur Erfrischung die Köpfe mit Wasser abbrausen können. Handtücher liegen auch bereit. Wem das nicht ausreicht, springt zur Abkühlung in den Fluss Tigris. Andere flüchten sich in Einkaufszentren, in denen dank Generatoren die Klimaanlagen immer laufen.
Das beste Rezept gegen Hitze in den Wüstenstaaten am Golf lautet: Tagsüber nicht ins Freie gehen. Die Bürgersteige sind deswegen im Sommer fast menschenleer. Wer von einem Ort zum anderen muss, bewegt sich nur in einem klimatisierten Fahrzeug. Wie im Irak sind auch klimatisierte Einkaufszentren beliebte Anlaufpunkte und Zentren des öffentlichen Lebens. Erst nach Sonnenuntergang füllen sich dann auch wieder die Straßen.
In vielen Teilen des Subkontinents sind im Mai und Juni Temperaturen knapp unter 50 Grad keine Seltenheit. In der Monsunzeit von Juli bis September ist es zwar etwas weniger heiß, dafür aber sehr schwül. Bei denen, die es sich leisten können, laufen ununterbrochen die Klimaanlagen. Eine günstigere Alternative sind Geräte, die Wasserdunst durch Matten aus Süßgras pumpen. Für unzählige Inder sind aber auch die zu teuer. Ihnen bleibt nur das Mittel, im Freien zu schlafen. Beliebt sind im Sommer Lokale mit Dachterrasse, die kaltes Wasser durch Ventilatoren sprühen. Zur weiteren Abkühlung bestellen die Gäste Limettensaft mit Sodawasser oder das Joghurtgetränk Lassi.
In der US-Ostküstenmetropole New York sollen an Hydranten eigentlich nur Feuerwehrleute Hand anlegen. An heißen Tagen werden sie unerlaubt aber auch von Anwohnern und Kindern geöffnet, die sich im Wasserstrahl abkühlen wollen. Bis zu 3800 Liter pro Minute schießen dann in die Luft. Erlaubt ist der kostenlose Wasserspaß heute nur noch mit Sprüh-Aufsätzen der Feuerwehr - damit sprudeln pro Minute noch etwa 100 Liter heraus.
Die Devise in Italien lautet in den Hitze-Monaten: Ferien machen. Im August kommt das öffentliche Leben im ganzen Land weitgehend zum Erliegen, viele Büros und Geschäfte in den großen Städten schließen den ganzen Monat. Die Italiener zieht es in Massen ans Meer oder in die Berge. Mittags ziehen sich die Menschen meist in dunkle Häuser zurück, um abends wieder am Strand zu flanieren. Wer Pech hat und in Städten wie Rom oder Mailand bleiben muss, sucht oft vergeblich nach erschwinglichen Freibädern. Man kann es dann den verschwitzten Touristen gleichtun und sich in ein Restaurant mit Ventilatoren setzen, die per Sprühnebel Abkühlung versprechen. Ansonsten bleibt einem nur die Wahl: Zurück ins klimatisierte Büro.
In Mexiko, das in dieser Woche ebenfalls unter einer Hitzewelle im Norden mit Temperaturen bis zu 40 Grad ächzte, darf gegen die Sonne vor allem eines nicht fehlen: der Sombrero. Damit ist aber nicht die übergroße Kopfbedeckung gemeint, die Klischee-Mexikaner in Comics tragen. „Sombrero“ bedeutet schlichtweg Hut - und Hüte werden in dem lateinamerikanischen Land an jeder zweiten Straßenecke verkauft. In Mexiko-Stadt ist er besonders wichtig. Da die Stadt auf 2250 Metern Höhe liegt, ist die Sonne dort besonders intensiv. An den Küsten Mexikos herrscht tropisches Klima. Um in der feuchten Hitze relativ cool zu bleiben, setzen zum Beispiel die Menschen im Bundesstaat Veracruz auf traditionelle weiße Leinenkleidung.
Viele Japaner versuchen mit findiger Technik der Hitze zu trotzen: In Drogerien und Kaufhäusern werden die verschiedensten Produkte zum Schutz vor der Hitze angeboten. Die Bandbreite reicht von kühlenden Feuchttüchern und Fächern über weiche Kühlkissen für den Nacken bis hin zu moderner Kleidung mit Faserstoffen, die für einen kühlenden Effekt sorgen. Manche Japaner schaffen sich auch kleine tragbare Ventilatoren mit Batteriebetrieb an. Der Erfindungsreichtum kennt keine Grenzen: Jacken für Bauarbeiter mit eingebautem Ventilator, Kühlmatten für Babykarren oder Haustiere sowie Anhänger, die bei hoher Temperatur einen Warnton schrillen lassen. Japans Polizei führte eine Weste für Streifenbeamte ein, die aus luftdurchlässigem Material besteht und mit Taschen unter den Ärmeln und auf dem Rücken für Kühlaggregate versehen ist.
Einheimische und Touristen können sich per Smartphone über kühle Orte in Paris informieren. Die App „Extrema Paris“ zeigt laut Betreiberangaben kühle öffentliche Einrichtungen mit. In der französischen Hauptstadt herrschten in dieser Woche extreme Hitzetemperaturen bis zu 37 Grad, deswegen werden nachmittags gekühlte Räume in 32 Rathäusern und öffentlichen Einrichtungen für die Öffentlichkeit freigegeben. Und wer die App nutzt, kann zudem auswählen, ob er sich lieber in einer Kirche, einem Museum, einem Park oder am Ufer eines Wasserlaufes abkühlen möchten - 1000 Pariser „Frischeinseln“ sind programmiert. Wem es nichts ausmacht, nass zu werden, der kann auch einfach einen der öffentlichen (Spring-)Brunnen nutzen. Für Ältere hat Paris übrigens einen besonderen Service: Diese können sich für die Sommermonate bei der Stadt registrieren. Somit stellen sie sicher, dass Beauftragte der Stadt bei Hitze regelmäßig bei ihnen anrufen, um sich über ihr Wohlbefinden zu erkundigen.
Die Menschen in Spanien sind an die Sommerhitze gewöhnt. Erst wenn das Thermometer die 40-Grad-Marke erreicht, fangen etwa die Madrilenen auf der Straße zu stöhnen an. Wenn die Sonne besonders heiß vom Himmel knallt, zwischen 14 Uhr und 17 Uhr, zieht man sich einfach zurück. Die Siesta, der „Mittagsschlaf“, gehört zu Spanien wie Paella, Stierkampf und Flamenco. Büros machen längere Pausen, in den meisten Läden werden „Geschlossen“-Schilder nach draußen gehängt. Während der Siesta halten inzwischen allerdings die wenigsten Spanier ein Nickerchen. Man geht ins Fitnessstudio oder ins Schwimmbad oder isst mit der Familie und mit Kollegen einfach länger zu Mittag. Fast überall in Spanien gibt es ja Klimaanlagen. Auch die Essgewohnheiten werden dem Klima angepasst. Im Sommer erfrischt man sich zum Beispiel gerne mit kalt servierten Suppen wie Gazpacho oder Salmorejo.
In dem südostasiatischen Land sind Temperaturen von mehr als 30 Grad keine Besonderheit, sondern eher die Regel - und zwar das ganze Jahr über. Deshalb ist die Kleiderordnung auch nicht so streng wie anderswo: Hemd über der Hose und Flip-Flops sind hier völlig normal. Über Schweißflecken sieht man hier hinweg. Viel gegen die Hitze machen lässt sich nicht. Dinge wie Jogging oder Radfahren halten die meisten Thais für überflüssig. Insgesamt bewegen sie sich langsamer als Europäer. Und in Bangkok flüchten die Hauptstädter sehr gern in die großen und - mithilfe von gigantischen Klimaanlagen - tief heruntertemperierten Shopping Malls. Pullover empfielt sich.
Wenn die Sommer so richtig heiß werden, erfrischen sich die Menschen in Bulgarien gerne mit kühlem heimischem Joghurt. Zum Frühstück, zwischendurch oder am Abend will in dem Balkanland kaum jemand auf die dicke „kisselo mljako“ (saure Milch) mit dem einzigartigen bulgarischen Ur-Bakterienstamm Lactobacillus bulgaricus verzichten. Ebenso nicht auf Ayran aus Joghurt, Wasser und Salz. Dieses aus Vorderasien stammende Erfrischungsgetränk soll zudem den hohen Blutdruck senken. Sehr beliebt als Vorspeise an heißen Sommertagen ist auch die kalte Gurkensuppe „tarator“, die mit Joghurt, Dill, Knoblauch, Olivenöl und gehackten Walnusskernen zubereitet wird.
Die meisten Büro-Leute machen nun einen schlimmen Fehler. Aus Angst, den „Müffler“ zu demütigen, machen sie ihm gegenüber gute Miene zum bösen Spiel. Aber hintenrum spricht man untereinander drüber wie übers Wetter und schafft sich Erleichterung: „Mensch, du, wer ist denn da bei euch oben diese alte Sau?“
„Gott, hast du es auch gerochen? Wir atmen schon alle durch den Mund.“
Dieses Wehklagen auf Kosten eines Arglosen geht schnell rum wie ein Lauffeuer. Mobbing-Alarm!
Aber darf man es dem Betroffenen selber denn einfach so auftischen? Wäre das nicht ein schlimmer Schlag ins Selbstbewusstsein? Ein irreparabler Gesichtsverlust? Und wie peinlich für den Überbringer der schlechten Nachricht!
Ich hatte mal einen solchen Kollegen, der vielleicht einfach Stunden schlecht in Tage umrechnen konnte. Zumindest war sein Deo meist off. Ein sympathischer Kerl aus der IT mit einem Hang zu Synthetik-Klamotten. Jeder konnte im Hochsommer riechen, ob er im Hause war. Und es wurde zum Kantinen-Thema. Wie sollte man es ihm beibringen?
Irgendwann nahm sich eine Kollegin ein Herz. Auf dem gemeinsamen Heimweg im bullenheißen Linienbus verströmte der Kollege seine typisch beißende Note, wie es bissiger kaum ging. Da holte sie tief durch den Mund Luft und ohne einen verschwendeten Gedanken an die Kunst der Diplomatie, ohne rhetorischen Kunstgriff, sagte sie etwas wie: „Sag mal, weißt du eigentlich, dass du ganz oft ganz schön nach Schweiß stinkst? Ich sag’s dir nur, weil oftmals merkt man das ja selber nicht.“
Das saß. Seine Reaktion: Scham und Dankbarkeit. Und ganz offensichtlich eine neue Duschroutine und ein neues Verhältnis zum Deo. Und zwar ab jenem Abend. Und eine Menge neuer Oberhemden. Ab diesem Tag: kein Müffeln mehr.
Unter vier Augen Müffel-Klartext zu reden, ist ein grandioser Beweis von Wertschätzung und Kollegialität. Und 96-Stunden-Deos sind eine peinliche Verirrung der menschlichen Zivilisation. Denn was gibt es Schöneres, als sich regelmäßig mit dem frisch zu halten, was man sogar trinken kann? Leitungswasser. Wenn bald dann noch das Zähneputzen von einem Kosmetikkonzern als Zeitverschwendung verlacht wird, dann sprechen wir uns hier wieder.