Wiedereinstieg Burnout - Wie der Weg zurück in den Job gelingt

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Der Weg zu mehr Gelassenheit

Diese Berufsgruppen arbeiten am meisten
Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer arbeiteten 2015 durchschnittlich 1.657 Stunden Quelle: ZB
ArbeitstageWas sich dagegen viel stärker geändert hat, sind die Tage, an denen gearbeitet wird. Von "Samstags gehört Vati mir" ist in vielen Branchen nichts mehr zu spüren: Im Jahr 2015 arbeitete gut jeder Vierte (26,5 Prozent) ständig oder regelmäßig an Samstagen oder Sonntagen. 20 Jahre zuvor, im Jahr 1996, waren es noch 23,5 Prozent. Bis zum Jahr 2007 war der Anteil auf den bisherigen Höchststand von 27,8 Prozent angestiegen und bis 2015 wieder etwas zurückgegangen. Quelle: dpa
Wohnungsanzeige Quelle: dpa
Ein junger Mann liest kleinen Kindern etwas vor Quelle: dpa
Zwei Männer putzen Fenster Quelle: dpa/dpaweb
Zwei Frauen richten ein Bett in einem Hotel Quelle: dpa/dpaweb
Ein Mann arbeitet an einer Maschine Quelle: dpa

Auch Sabine Mrazek, Business-Coach von sabeconsult aus Kelkheim, rät, sich während der krankheitsbedingten Auszeit unbedingt begleiten zu lassen, sei es durch einen Therapeuten oder einen Coach. Es gelte herauszufinden, wodurch für jeden persönlich Stress entstehe, und wie man mit diesen Auslösern umgehe. "Tut man dies nicht, rennt man womöglich gleich wieder in den Burnout", sagt Mrazek. Es helfe sich in typische Stress-Situationen hineinzuversetzen und aufzuschreiben, wie man hier künftig reagieren wolle.

Zum Beispiel in Sachen Konfliktverhalten: Wie reagiert man bei Konfrontationen, mit Zurückschrecken und Aufgabe des eigenen Standpunkts oder mit Aggression? Und wie wolle man in einer solchen Situation künftig stattdessen reagieren?

Diese neu erlernten Verhaltensweisen müsse der Betroffene dann in sich verankern. Etwa mit Hilfe eines Coachings, bei dem beispielsweise alte Glaubensätze aufgelöst und durch neue ersetzt würden. Zum Beispiel den Satz aus der Kindheit, dass „ein Junge stark sein müsse“ durch die Erkenntnis, dass es den Teamgeist stärke, wenn etwa ein Chef in turbulenten Situationen auch Gefühle wie Angst oder Überforderung offen eingestehen könne. Im Gehirn bildeten sich durch einen solchen Prozess neue Synapsen. „Das funktioniert wie beim Radfahren“, sagt Mrazek. „Wenn man es einmal hat, verlernt man es nicht mehr.“

Gegen Störungen von außen stark machen

Ein gutes persönliches Stressmanagement macht weniger anfällig für einen Burnout. Die eigene Widerstandskraft gegen Störungen von außen zu stärken, gilt daher bei Experten als wichtigstes Element der persönlichen Rückfallprophylaxe. Doch ob jemand erfolgreich in den Job zurückfindet, hängt auch vom Umgang von Vorgesetzten und Kollegen mit der Krankheit ab. "Wenn ein gutes Betriebsklima herrscht, sollten Burnout-Rückkehrer das Thema offen ansprechen", sagt Psychologin Julia Scharnhorst. Oft habe sich die Diagnose schon durch Gerüchte verbreitet. Indem man selbst die Krankheit thematisiere, nehme man Kollegen die Scheu beim Betroffenen unangenehme Gefühle auszulösen. "Schon vor dem ersten Arbeitstag sollte ein Gespräch mit dem Vorgesetzen stattfinden, in dem man bespricht was zum Burnout geführt hat und was man konkret am Arbeitsplatz ändern kann."

Doch nicht immer treffen Rückkehrer auf ein verständnisvolles Umfeld. "In Teams mit angespanntem Klima empfiehlt es sich, die Krankheit nur vertrauten Personen gegenüber zu thematisieren", rät Coach Sabine Mrazek. Oft seien die Widerstände gegen das Zeigen von Gefühlen im Arbeitsalltag noch zu groß, weshalb sich Burnout-Rückkehrer besonders schützen müssten. "Auch wenn keine offene Atmosphäre herrscht, sollte man das in der Zwischenzeit Gelernte für sich selbst umsetzen." Es sei wichtig, sich schrittweise wieder Herausforderungen zu stellen, sich selbst aber nicht zu sehr in Watte zu packen. "Man will sich ja nicht im Krankheitszustand halten, sondern wieder voll zurückkehren", sagt Mrazek.

Der Betroffene entscheidet, was ihm hilft

Wer wegen eines Burnouts arbeitsunfähig wird, ist meist über mehrere Wochen krankgeschrieben. Ab einer Ausfallzeit von 42 Kalendertagen sind Unternehmen jeglicher Größe verpflichtet, dem Rückkehrer ein Betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten. Das heißt: Betriebe müssen ab einer Krankheitsdauer von sechs Wochen Burnout-Erkrankten und Rückkehrern Gespräche anbieten, in denen man gemeinsam Lösungen zur Überwindung der Krankheit sucht. Außerdem kann der behandelnde Arzt einen schrittweisen Wiedereinstieg mit stufenweiser Anpassung der Wochenarbeitszeit verordnen. Dabei bezahlt die Krankenkasse das Krankengeld in der bisherigen Höhe weiter.

Wie eine erfolgreiche Wiedereingliederung funktionieren kann, zeigt das Beispiel von Unilever Deutschland. "Im Idealfall hält die Führungskraft während der Krankheit den Kontakt mit dem Mitarbeiter", sagt Olaf Tscharnezki, leitender Betriebsarzt am Standort Hamburg. Manchmal sei das für die Gesundheit jedoch nicht förderlich. "Ob jemand erfolgreich zurückkehrt, hängt stark davon ab, wer ihn im Unternehmen begleitet", sagt Tscharnezki. Der Betriebsarzt setzt sich deshalb dafür ein, dass Burnout-Rückkehrer vom Unternehmen die Hilfe bekommen, die ihnen am meisten bringt. Das kann die Vermittlung von Gesprächen mit einer Vertrauensperson sein, etwa einem Vertreter des Betriebsrats, oder die Empfehlung an einen Therapeuten. "Man muss Schritt für Schritt Lösungen erarbeiten", sagt Tscharnezki.

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