Wiedereinstieg Burnout - Wie der Weg zurück in den Job gelingt

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Je länger der Ausfall, desto schwerer die Rückkehr

10 Fragen zur Ermittlung des Handlungsbedarfs
1. Haben einige Ihrer Mitarbeiter mehrere Vorgesetzte? Arbeiten sie z. B. gleichzeitig in Projekten und im Tagesgeschäft? Quelle: dpa
2. Gibt es Abteilungen/Bereiche, in denen Mitarbeiter häufig krank sind? Quelle: dpa
3. Kommt es zu schwerwiegenden Fehlern, wenn Mitarbeiter im Urlaub sind? Quelle: dpa
4. Haben einige Ihrer Mitarbeiter mehrere Vorgesetzte? Arbeiten sie z.B. gleichzeitig in Projekten und im Tagesgeschäft? Quelle: dpa
5. Sind Sie häufig nach stundenlangen Besprechungen soweit wie am Anfang? Quelle: Fotolia
6. Arbeiten Ihre Mitarbeiter oft und/oder über einen längeren Zeitraum unter starkem Zeit- bzw. Leistungsdruck? Quelle: dpa
7. Gibt es Abteilungen, in denen „Feuerlösch-Aktivitäten“ überhand nehmen, z. B. durch ungeplante Aufgaben? Quelle: dpa

Ein Schritt ist zum Beispiel sich erst einmal außerhalb des Unternehmensgebäudes zu treffen. "Als nächstes gehen wir zusammen am Wochenende rein. Wenn das klappt, kann man vielleicht schon mit einer stufenweisen Eingliederung bei sich langsam erhöhender Wochenarbeitszeit beginnen." Es empfehle sich sobald wie vernünftigerweise sinnvoll in den Beruf zurückzukehren, sagt Tscharnezki. "Je länger man wegbleibt, desto niedriger ist die Chance wieder ins Berufsleben einzusteigen". Denn statistisch gesehen kehren nach einer Ausfallzeit von sechs Monaten nur noch 50 Prozent der Betroffenen erfolgreich zurück. Nach einer Abwesenheit von einem Jahr sind es sogar nur noch zehn Prozent – unabhängig von der Diagnose.

Langsam herantasten

Einsteigen sollten Rückkehrer vor allem mit Aufgaben, die sie nicht überfordern, rät Unilever-Betriebsarzt Tscharnezki. Genauso wichtig sei es jedoch, ein stabiles privates Umfeld zu schaffen. "Wenn sowohl Job als auch das Privatleben wegbrechen, ist das für die meisten Menschen nicht auszuhalten." Für Lösungen in beiden Bereichen empfehle es sich,  mit den kleinsten Problemen zu beginnen, sagt Tscharnezki. "Dadurch entstehen Erfolgserlebnisse, die für größere Herausforderungen Kraft geben."

Psychische Probleme sind keine reine Privatsache

Um Rückfälle oder psychische Neuerkrankungen zu vermeiden, muss sich meist auch die Unternehmenskultur ändern. Unilever hat dies erkannt: Führungskräfte und Mitarbeiter werden geschult, um die eigene Gesundheit und die des Teams zu erhalten. Es gibt Entspannungskurse und Ruheinseln, in denen Beschäftigte – ohne auszustempeln – sich ausruhen können. Jeder Mitarbeiter kann ein externes Beratungsangebot für psychische Gesundheit nutzen. In Zusammenarbeit mit der Leuphana-Universität wird gerade ein jobbegleitendes Präventionsprogramm erprobt. "Wichtig war auch die Enttabuisierung von psychischen Erkrankungen", sagt Olaf Tscharnezki. "Wir haben in den Abteilungen das Bewusstsein geschaffen, dass es ganz normal ist darüber zu sprechen."

Dass dieser Wertewandel in längst noch nicht allen Unternehmen begonnen hat, weiß Volker Stüer, Berater für betriebliches Gesundheitsmanagement bei der Barmer GEK. Stüer erinnert sich an eine Bank mit 2000 Mitarbeitern und von Zahlendenken geprägten Vorständen. Es sei nicht einfach gewesen hier zu vermitteln, dass man sich um die Probleme der Mitarbeiter kümmern müsse. "Manch einer war dort der Ansicht, dass die Mitarbeiter ihre Sorgen morgens an der Garderobe abgeben müssten", sagt Stüer. "Doch über die Kosten für Krankheitstage kann man auch diese Chefs packen."

Gerlinde Albrecht, die nach zwanzig Jahren als Führungskraft einen Burnout erlitt und heute als Achtsamkeitstrainerin arbeitet, findet es gut, dass viele Unternehmen psychische Probleme nicht mehr als reine Privatsache der Angestellten sehen. Die Angebote zur Prävention und Wiedereinstieg dürften allerdings nicht als Methode dienen, noch mehr Leistung zu fordern. "Es geht um die Haltung gegenüber dem Leben und nicht um noch mehr Effizienz", sagt Albrecht.

Um Stress und Druck abzubauen, könne jeder im Alltag kleine  Ruhepausen integrieren. Es reiche manchmal schon fünf Minuten lang den eigenen Atem bewusst zu spüren, die Tür zuzumachen, das Telefon abzustellen. Außerdem müsse man lernen zu akzeptieren, dass es gute und schlechte Tage gebe. "Das hilft sich selbst nicht unter Druck zu setzen und gelassener auf Herausforderungen zu reagieren."

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