WM und Arbeit Wann Sie Fußball im Büro verfolgen dürfen

Das ist nicht unbedingt das angemesse Styling fürs Büro. Außer, der Chef hat's ausdrücklich erlaubt. Quelle: dpa

Alle zwei Jahre wieder derselbe Konflikt: Die Spiele der WM oder EM werden während der Arbeitszeit ausgetragen. Doch wer die Spiele am Schreibtisch verfolgen möchte, riskiert seinen Job.

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Mit dem ersten Anpfiff bei der Fußballweltmeisterschaft hat auch in deutschen Büros eine besondere Zeit begonnen: Während sich mancher präventiv in den Urlaub verabschiedet, um nichts vom Fußballwahnsinn mitkriegen zu müssen, planen andere Arbeitnehmer bang ihre Arbeitszeit an den Tagen mit „wichtigen“ Spielen vor.

Wegen der Zeitverschiebung zwischen Mitteleuropa und Russland fallen dieses Mal besonders viele Spiele in die Nachmittagsstunden. Was also tun?

Christoph Kurzböck, Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Wirtschaftskanzlei Rödl & Partner, sieht für die meisten Angestellten keinen Anlass zur Sorge: „Wenn der Arbeitgeber es in gewissem Umfang gestattet, mal Mails zu checken oder etwas im Internet nachzusehen, ist das auch während der Fußball-WM so“, sagt Kurzböck. Es gelte aber grundsätzlich: „Fußballschauen ist Privatvergnügen, ob das nun ein Deutschlandspiel ist oder ein anderes.“

Wenn die Belegschaft eher fußballbegeistert ist, stellt sich für Arbeitgeber jedoch die Frage, ob sie nicht im Sinne des Betriebsfriedens mögliche Konflikte gar nicht erst entstehen lassen und die Flucht nach vorne antreten. Steht etwa ein Spiel mit deutscher Beteiligung an, könne ein gemeinsames Public Viewing einfach als teambildende Maßnahme deklariert werden, empfiehlt Kurzböck. „Das interessiert wahrscheinlich 80 Prozent der Leute im Unternehmen, die sonst ständig auf den Ticker schauen würden.“ Und wer wolle schon wegen so etwas mit Abmahnungen zu tun haben?
Schwieriger ist es, wenn der Arbeitgeber ein Handy- oder Internetverbot am Arbeitsplatz ausgesprochen hat. „Die Spielregeln gelten auch während der WM“, mahnt der Anwalt. Was auch grundsätzlich nicht gehe: „Ein Spiel komplett zu schauen und die Arbeit dabei liegenzulassen, wenn es nicht ausdrücklich erlaubt wurde.“ Das könne empfindliche Konsequenzen für Arbeitnehmer haben.

Strengere Regeln gelten vor allem in Positionen mit Kundenkontakt. Am Bankschalter oder beim Geschäftstreffen kommt ein Fan-Trikot wohl eher weniger gut an und kann vom Arbeitgeber verboten werden. Muss ein Angestellter eine bestimmte Arbeitskleidung tragen, gilt das auch zu WM-Zeiten. Ansonsten kommt es ganz auf das jeweilige Team und die Unternehmenskultur an, was geht und was nicht. „In Bereichen, die nicht kundenorientiert sind, sind die meisten bei Fankleidung kulant“, sagt Christoph Kurzböck.

Bleiben noch die Grauzonen zwischen erlaubt und nicht erlaubt. „Es gibt einige wenige Unternehmen mit striktem Internetverbot. Die meisten gestatten eine Handy- und Internetnutzung im Bagatellbereich“, erklärt der Anwalt. Dort sei das Verfolgen von Spielen in einem gewissen Rahmen sicher möglich. „In vielen Unternehmen sind auch die Arbeitszeiten flexibler geworden, sodass es in gewissem Rahmen möglich sein dürfte, mal eine längere Pause zu machen, früher zu gehen oder zum Ausgleich mal länger zu bleiben.“

Wenn mit dem Arbeitgeber in puncto Fußball gar nicht zu reden ist, können sich Arbeitnehmer in manchen Fällen auf die gelebte Praxis berufen. War es bei früheren Turnieren erlaubt, Fußball zu schauen? Dann können sie damit versuchen zu argumentieren. Wenn auch das nichts hilft, „sollte man in der Tat vorsichtig sein. Die Konsequenz wäre im schlimmsten Fall eine Abmahnung oder im Extremfall die Kündigung“, warnt der Anwalt. Wer dann Spiele nicht verpassen will, sollte sich einen Urlaubstag nehmen.

Was man auf keinen Fall tun sollte: Sich ohne Urlaubsantrag selbst von der Arbeit befreien oder krankfeiern. „Grundsätzlich ist zu empfehlen, das Thema offen anzusprechen und aus Arbeitgebersicht einen transparenten Prozess zu suchen, sodass die Beschäftigten wissen, was geht und was nicht“, sagt Anwalt Kurzböck. Und Arbeitnehmer sollten im Zweifel lieber einmal mehr nachfragen, ob sie Fußball verfolgen dürfen.

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