




„Die Betroffenen hängen an der Arbeit wie der Fixer an der Nadel“, sagte der Bonner Wirtschaftspsychologe Stefan Poppelreuter der „Bild“-Zeitung. Die Arbeitssüchtigen verbringen mehr Zeit mit Arbeit als mit Freizeit und zeigen ohne Arbeit die gleichen Entzugserscheinungen wie Drogensüchtige, so das Ergebnis des Wissenschaftlichen Instituts der AOK. 10,6 Prozent der Arbeitssüchtigen nehmen Medikamente, um leistungsfähiger zu sein.
Bundesweit sei jeder siebte Arbeitnehmer (14 Prozent) gefährdet, abhängig von Arbeit zu werden. Poppelreuter, der in Bonn die erste empirische Studie in Deutschland zu dem Thema leitete, unterscheidet vier Typen: entscheidungsunsichere, überfordert-unflexible, verbissene und schließlich überfordert-zwanghafte Arbeitssüchtige. Zu den gefährdeten Berufsgruppen zählen unter anderem Manager, Politiker und Führer großer Verbände, deren Ansehen, Macht und Einkommen von ihrem „unermüdlichen“ Einsatz abhängen, heißt es. Genauso trügen Erwerbstätige, die intensiv mit anderen Menschen arbeiten, etwa Ärzte, Sozialarbeiter und Lehrer, ein höheres Risiko, ihrer Arbeit zu verfallen.
Die Folgen können Schweißausbrüche, Magengeschwüre, Schlafstörungen und Herzrasen sein bis hin zum Herzinfarkt. Die Arbeit bildet den Mittelpunkt des Lebens, soziale Kontakte oder Hobbys spielen nur noch eine untergeordnete Rolle. Am Arbeitsplatz fallen Arbeitssüchtige laut Poppelreuter oft dadurch auf, dass sie auch in nebensächlichen Dingen perfektionistisch sind, dass sie kaum delegieren können und Mühe haben, Prioritäten zu setzen.
Der Psychologe fordert daher, Arbeitssucht wie Glücksspiel- und Kaufsucht „als ernst zu nehmende Krankheit“ anzuerkennen. Das würde nicht nur Therapien erleichtern, sondern auch gezielte Vorsorgemaßnahmen in Betrieben ermöglichen.