




Laut dem letzten Berufsbildungsbericht bricht in Deutschland gut jeder Vierte seine Lehrstelle vorzeitig ab. Ein Drittel der Ausbildungsverträge wird noch in der Probezeit wieder aufgehoben. Am schlimmsten ist es in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern - dort herrscht eine Abbrecherquote von rund 30 Prozent. In Bayern und Baden-Württemberg sind es dagegen rund 20 Prozent.
Grundsätzlich gilt: Je schlechter der Schulabschluss, desto größer ist die Gefahr, dass ein Lehrling nicht durchhält. Hauptschüler geben öfter auf als Gymnasiasten, Viererschüler eher als Einserkandidaten.
Diese Ausbildungsberufe haben die höchsten Abbrecherquoten
Am häufigsten werfen junge Menschen die Lehre hin, die Kellner oder Kellnerin werden wollten.
50,9 Prozent derjenigen, die eine Ausbildung zum Umzugshelfer begonnen haben, halten nicht durch.
Auch den Beruf des Wachmanns haben sich 49,5 Prozent der Auszubildenden offenbar anders vorgestellt, als er letztlich ist.
Dichtauf folgen die Köche: Am Herd brechen 49,4 Prozent ihre Ausbildung ab.
45 Prozent der Kosmetiker-Azubis halten die Lehre nicht durch.
Auch bei den Gebäudereinigern ist die Abbrecherquote mit 44,3 Prozent sehr hoch.
Bei den Friseuren werfen 44,2 Prozent der Lehrlinge vorzeitig das Handtuch.
Und bei den Lkw-Fahrern brechen 43,7 Prozent vorzeitig ab.
Und offenbar steigt die Abbrecherquote mit dem Alter der Lehrlinge. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet unter Berufung auf eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA), dass mehr als jeder Dritte der sogenannten Spätstarter zwischen 25 und unter 35 Jahren es nicht bis zum Abschluss schafft. Die Abbrecherquoten haben sich nach Angaben der Nürnberger Behörde zuletzt deutlich erhöht. Im März 2014 stiegen demnach 36 Prozent aus ihrer Ausbildung aus. 2013 lag der Wert meist deutlich darunter, im Januar des Vorjahres zum Beispiel bei 22 Prozent.
Heinrich Alt, Vorstand der BA, sagte gegenüber der "Süddeutschen Zeitung", dass sich viele der jungen Erwachsenen lieber mit Aushilfsjobs über Wasser halten, als an eine Ausbildung zu denken. Viele von ihnen hätten eine Familie gegründet, weshalb ihnen das Ausbildungsgehalt nicht reichen würde. Doch der Schuss gehe oft nach hinten los: Jeder zweite aus dieser Altersgruppe, der keine Ausbildung habe, sei auf Hilfe vom Staat angewiesen.
Geld fürs Gesellenzeugnis
Zwei Bundesländer locken deshalb bereits mit Erfolgsprämien für diejenigen, die ihre Ausbildung durchhalten. "Wir investieren in die abschlussorientierte Qualifizierung von Menschen zwischen 25 und 35 Jahren", begründet die BA diese Maßnahmen.
In Thüringen gibt es rund 7.000 Arbeitslose und fast 10.000 Menschen zwischen 25 und 35 Jahren, die zwar einen Job, aber keine abgeschlossene Ausbildung haben. "Diese Menschen haben noch über 30 Berufsjahre vor sich. Viele können sich zu den Fachkräften entwickeln, die in vielen Branchen bereits jetzt gesucht werden", sagte der Chef der BA-Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen Kay Senius.
Deshalb startete im vergangenen Jahr in Ostthüringen der Modellversuch "Abschlussorientierte Qualifizierung mit Anreizsystem für unter 35-Jährige". Wer seine Zwischenprüfung besteht, bekommt 1000 Euro geschenkt, wer die Ausbildung abschließt 1500 Euro.
Außerdem haben die Projektteilnehmer Anspruch auf eine monatliche Mehraufwandspauschale von 100 Euro. Finanziert wird das auf drei Jahre angelegte Projekt zu jeweils 50 Prozent von der Bundesagentur für Arbeit und dem Freistaat Thüringen.
Und auch in Niedersachsen gibt es Geld fürs Zeugnis: Wer seine Abschlussprüfung besteht, bekommt eine Erfolgsprämie von 1.000 Euro. "Mit der Erfolgsprämie in Höhe von 1.000 Euro wollen wir Ihnen helfen, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren", wendet sich der niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Olaf Lies, an die jungen Erwachsenen. Beantragen kann die Prämie jeder, der zwischen 25 und 35 Jahren alt ist, in Niedersachsen lebt und arbeitslos gemeldet ist beziehungsweise Arbeitslosengeld I oder II bezieht.
Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten, durch bessere finanzielle Rahmenbedingungen Bereitschaft und Durchhaltevermögen junger Erwachsener zu fördern, auch in späteren Jahren noch einen qualifizierten Abschluss zu erreichen. Alt fordert deshalb bundesweit staatliche Zuschüsse für Auszubildende. "Andernfalls ist der Ein-Euro-Job lukrativer als eine Ausbildung. Diese Schieflage darf nicht sein."