Zweite Karriere ab 40 So überwinden Sie die Mid-Career-Crisis

Seite 2/2

Branchenwechsel kann helfen

Talane Miedaner, Coach und Autorin, rät in ihrem Buch "Coach dich selbst zu einer neuen Karriere", mit dem Neustart nicht bis zur Rente zu warten. Wenn etwas ins Ungleichgewicht geraten sei, solle man das Problem lieber gleich angehen.

Klar: Wer familiäre Verpflichtungen hat, wird sich gut überlegen, ob er sich freiwillig eine mehrjährige Ausbildung mit geringem Verdienst antut, wie es Schwesinger getan hat. Aber es muss ja nicht gleich die Friseurlehre sein.

Beispiele erfolgreicher Quereinsteiger, Downshifter und sonstiger Aussteiger gibt es viele - und nicht jeder wurde vom Manager zum brotlosen Künstler. Oft kann es schon hilfreich sein, die Branche zu wechseln, dem gelernten Beruf aber treu zu bleiben. So sind beispielsweise viele Juristen in Unternehmensberatungen tätig.

Umschulung kann helfen

Miedaner rät außerdem, auch eine Umschulung oder Weiterbildung in Betracht zu ziehen. "Vorher sollten Sie allerdings genügend Informationsgespräche geführt haben und sich auch über Ihre Werte klargeworden sein, um sicherzugehen, dass Sie Ihre Zeit nicht mit einer Fortbildung verschwenden, die für Ihren beruflichen oder geschäftlichen Erfolg gar nicht notwendig ist", sagt sie. Allerdings darf man sich nicht der Illusion hingeben, dass mit einem neuen Job alles gut wird. Schattenseiten und nervige Kollegen gibt es schließlich überall.

Worauf Sie beim Neustart in der Lebensmitte achten sollten

Wer aber wirklich etwas grundlegend ändern will, dem empfiehlt Angelika Gulder, Karriere-Coach in Hofheim im Taunus, einmal zu träumen und in Gedanken zurück in die Kindheit zu schweifen. "Überlegen Sie, was Ihnen früher am meisten Spaß gemacht hat. Und stellen Sie sich einmal vor, dass einfach alles möglich wäre. Was würden Sie dann tun?"

Diese Luftschlösser können ein Hinweis darauf sein, in welche Richtung es beruflich gehen kann. Neben der Träumerei gehört jedoch auch eine gute Portion Realismus zur Beurteilung der Lage.

Über Prioritäten klar werden

Fragen Sie sich also selbst, was Sie wirklich können - und was Sie noch erreichen wollen. Bei der Bestandsaufnahme der eigenen Fähigkeiten kann die Einschätzung von Freunden und Ex-Kollegen helfen. Ziele definieren müssen Sie dagegen selbst. Dabei können plötzlich völlig andere Dinge wichtig sein als der Job, sagt Diplompsychologin Brigitte Scheidt.

"Manche sind dann vielleicht mit einem etwas langweiligeren Arbeitsplatz zufrieden, bei dem sie aber pünktlich Feierabend und dann Zeit für ihre Familie und ihre Hobbys haben. Oder sie akzeptieren eine unbefriedigende Tätigkeit, weil sie damit viel verdienen und ihren Kindern so ein Studium ermöglichen können." Befriedigung zieht man eben nicht nur aus dem Job an sich - sondern auch daraus, dass man weiß, wofür man ihn macht.

Was ein Mann vor seinem 50. Geburtstag getan haben sollte
Mindestens ein Kind zeugenDas wichtigste zuerst. Männer kommen zwar nicht in die Wechseljahre, aber die Fruchtbarkeit nimmt mit dem Alter ab. Verlassen Sie sich nicht darauf, wie Charly Chaplin und Luis Trenker auch noch mit 80 Kinder zeugen zu können. Vermutlich wird das eher nicht klappen. Zumal Sie dazu auch noch eine deutlich jüngere Frau benötigen. Quelle: dpa
Einen Baum pflanzenDie Bibel hat recht. Zumindest in diesem Fall. Pflanzen Sie am besten einen Obstbaum, dessen Wachstum Sie miterleben und dessen Früchte Sie alljährlich genießen können. Quelle: Fotolia
Dem Chef die Meinung sagenGängeleien, Demütigungen, Ungerechtigkeiten. Irgendwann ist es genug, wenn Mann seine Selbstachtung und die der anderen nicht verlieren will. Wenn es zuviel ist, sagen Sie Ihrem Chef in aller Ausführlichkeit, was Sie von ihm halten. Lassen Sie am besten alles auf einmal raus. Denn die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Sie danach nicht nur Ihre Frustration, sondern auch Ihren Job los sind. Quelle: Fotolia
Eine Prügelei durchstehenNatürlich wird ein Gentleman nur in äußersten Notlagen handgreiflich. Aber wenn er tätlich angegriffen wird, lässt er sich nicht ohne Gegenwehr zusammenschlagen. Selbst wenn Sie unterliegen, werden Sie sich zumindest im Nachhinein besser fühlen, wenn sie nicht vor Angst gewinselt haben. Quelle: Fotolia
Einen Marathon laufenEs geht darum, sich selbst zu bezwingen. 42,2 km sind lang. Spätestens bei Kilometer 39 werden Sie leiden. Aber halten Sie durch. Wer einen Marathon gelaufen ist, weiß, dass er kein Weichei ist. Alternative: Mit dem Fahrrad über einen Alpenpass fahren. Quelle: REUTERS
Einen Berg besteigenEs muss nicht der Mount Everest sein. Aber den einen oder anderen schönen Berg sollte ein Mann bezwungen haben, solange das Herz mitspielt. Tun Sie es also dem Dichter Petrarca gleich, der 1336 den Mont Ventoux (1912 Meter) bestieg - "einzig von der Begierde getrieben, diese ungewöhnliche Höhenregion mit eigenen Augen zu sehen" - und damit als Urgroßvater des Alpinismus gilt. Quelle: AP
Einmal voll über die Stränge schlagenVöllig besoffen ins Bett getorkelt ist wohl fast jeder schon mal. Aber davon reden wir jetzt nicht. Es geht darum, dass Sie Dinge getan haben müssen, über die man in Ihrem Bekanntenkreis noch nach Jahren redet. Wie Sie das anstellen, überlassen wir Ihrer Phantasie. Zu viel des Guten ist es erst, wenn Sie von der Polizei in eine kleine gemütliche Zelle verfrachtet werden. Quelle: dpa

Wer sein berufliches Soll und Haben genau analysiert, läuft natürlich auch Gefahr, herauszufinden, dass er den völlig falschen Beruf gelernt hat. Wer auf seine Eltern gehört und eine Lehre nach deren Geschmack gemacht hat, anstatt zum Theater zu gehen, muss sich nicht wundern, wenn er später unzufrieden ist.

Für manche Jobwechsel ist man ab einem gewissen Zeitpunkt zu alt. Doch auch dann gibt es Möglichkeiten, sich beruflich zumindest anzunähern, sagt Gulder. "Wenn ich 50 bin und immer Arzt werden wollte, dann ist es für ein neues Studium vielleicht zu spät. Aber bestimmt findet man andere Berufe, in denen man Menschen helfen kann, gesünder zu werden."

Wichtig ist, dass man nicht in die Gemütlichkeitsfalle tappt und sich jahrelang jeden Tag mit einer mehr oder weniger großen Unlust ins Büro schleppt - aber nichts an seiner Situation ändert. Wer nur noch mit Bauchschmerzen zur Arbeit geht und schon montags den Freitag herbeisehnt, muss etwas unternehmen.

Noch besser allerdings wäre es, wenn man mit diesen Überlegungen nicht erst anfängt, wenn einen alles nur noch nervt. "Eigentlich sollten wir regelmäßig überlegen, ob wir noch zufrieden mit unserem Leben und unserer Arbeit sind, oder ob man irgendwo nachsteuern muss", sagt Gulder. Einmal im Jahr sollte man sich dafür auf jeden Fall die Zeit nehmen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%