Besser Schlafen „Wir werden von Frühaufstehern dominiert“

Manche Menschen kommen morgens kaum aus dem Bett. Warum das so ist, erklärt Schlafforscher Hans-Günter Weeß. Und wie sinnvoll sind eigentlich Schlafphasenwecker?

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So schlafen Sie besser ein und stehen morgens entspannter auf
Joggerin in Köln Quelle: dpa
Jemand schaltet ein Smartphone aus Quelle: dpa
Ein kochendes Paar Quelle: Boggy - Fotolia
Eine Hand mit einer Meditationsgeste Quelle: Tran-Photography - Fotolia
Kalender Quelle: Public Domain
Jemand liest ein Buch Quelle: dpa

Herr Weeß, manche Menschen sind schon mit wenigen Stunden Schlaf pro Nacht zufrieden, andere brauchen deutlich mehr. Woran liegt das?

Wie viel Schlaf wir benötigen, ist grundsätzlich genetisch festgelegt. In Deutschland brauchen drei Viertel der Bevölkerung sechs bis acht Stunden Schlaf pro Nacht. Genauso festgelegt ist, wann wir am besten schlafen können. Die Wissenshaft unterscheidet dabei zwei Typen, die Lerchen und die Eulen

Was unterscheidet die beiden voneinander?

Die Lerche will eher früh ins Bett, ist dafür aber auch am nächsten Morgen schon früh wieder auf den Beinen. Eulen würden dagegen am liebsten zwischen 23:30 und zwei Uhr schlafen gehen und zwischen 7:30 und 9:30 aufstehen. Mit einem Anteil von gut zwei Dritteln stellen die Eulen die Mehrheit unserer Gesellschaft.

Trotzdem ist unser Alltag auf Lerchen ausgerichtet.

Das ist das Problem, tatsächlich führt das bei Eulen zu einem chronischen Schlafdefizit. Sie haben gewissermaßen einen sozialen Jetlag über die Arbeitswoche hinweg. Dieser Schlafmangel kann zu Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen führen. Außerdem haben Menschen mit einem chronischen Schlafdefizit ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen, machen mehr Fehler am Arbeitsplatz und bauen viel mehr Unfälle.

Zur Person

Was können geplagte Eulen denn machen, um trotz Schlafmangel besser aus dem Bett zu kommen?

Wenn der Schlaf zu kurz war, dann war er zu kurz, egal wie wir wach werden. Natürlich kann es angenehmer sein, wenn wir sanft von Musik und einem Lichtwecker aus unseren Träumen gerissen werden, aber trotzdem haben wir dann zu wenig geschlafen.

Schlafforscher Dr. Hans-Günter-Weeß Quelle: privat

Viele Menschen schwören auf Schlafphasenwecker, die bestimmen sollen, wann wir am angenehmsten geweckt werden.

Das grenzt für mich schon ein bisschen an Scharlatanerie. Diese Apps oder Systeme wollen an Bewegungen oder Geräuschen erkennen, in welcher Schlafphase wir uns befinden. Aus wissenschaftlicher Sicht ist das unhaltbar. Selbst unsere professionellen Systeme in unseren Schlaflaboren, die mehrere Tausend Euro kosten, können Schlafphasen nicht automatisch erkennen. Ein App kann das erst recht nicht leisten.

Entspannung sorgt für erholsamen Schlaf

Daneben gibt es auch Anwendungen, die das blaue Licht aus unseren Smartphone-Bildschirmen herausfiltern. Bringt das mehr?

Tatsächlich ist es so, dass blaues Licht die Produktion von Melatonin unterdrückt. Melatonin ist der Botenstoff, der unseren Schlaf steuert. Aus diesem Grund werden wir erst am Abend müde, wenn der Anteil des blauen Lichts sinkt. Nun gibt es Studien, die darauf hindeuten, dass unsere Melatoninproduktion gehemmt wird, wenn wir abends lange vor dem Computer oder dem Smartphone arbeiten. Man muss aber dazu sagen, dass die Probanden in einigen Studien trotz der gehemmten Melatoninproduktion nahezu genauso schnell eingeschlafen sind, wie die Teilnehmer, die nicht auf den Bildschirm geschaut haben. Letztendlich ist viel wichtiger, was wir am Bildschirm tun.

Das heißt spätabendliches Mails beantworten hält uns wach?

Genau. Das und jede andere Form von Arbeit oder anregenden Tätigkeiten. All das wirkt nicht entspannend und Entspannung braucht man um einzuschlafen. Selbst wenn wir uns mit etwas angenehmen beschäftigen und zum Beispiel mit unseren Freunden schreiben, kann das anregend wirken und damit das Einschlafen verhindern.

Wie viele Stunden verschiedene Personengruppen im Durchschnitt schlafen

Das hört sich an als wäre es genau das Falsche abends zum Einschlafen ein spannendes Buch zu lesen?

Das hängt davon ab: Wenn wir einen spannenden Krimi lesen und vor lauter Neugier immer wieder fünf Seiten mehr lesen wollen regt das natürlich an. Wenn wir uns aber beim Lesen gut entspannen und unsere Alltagssorgen hinter uns lassen können, ist das genau das Richtige. Die Entspannung macht uns müde und bringt uns den erholsamen Schlaf. Wir können auch wohltuende Musik hören, Tagebuch schreiben oder mit unserem Partner den Tag besprechen. Wichtig bei allen Zu-Bett-Geh-Ritualen ist, dass sie einen Puffer darstellen zwischen dem angespannten Alltag und der entspannten Bett-Situation.

So schlafen Sie besser ein und stehen morgens entspannter auf

Im Umkehrschluss brauchen wir also morgens Anspannung, um besser aus dem Bett zu kommen?

Richtig, wir können zum Beispiel mit Frühgymnastik in den Tag starten oder möglichst schnell ins Licht gehen. Auch eine wechselwarme Dusche hilft. Wenn wir zu wenig geschlafen haben, sind aber auch das nur Pseudomaßnahmen. Schlafmangel können wir nur mit Schlaf bekämpfen.

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