Bildung iPad & Co. erobern das Klassenzimmer

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Stimmung dreht sich

McAllen Memorial High School Quelle: dapd

Im Gegensatz zum absehbaren Siegeszug der neuen Medien sind deren Folgen für die Schüler keineswegs schon ausgemacht. Lernen die Schüler auch besser, nur weil ihr neuer Block im Dunkeln leuchtet? „Der Unterricht wird deutlich kollaborativer“, sagt Tablet-Pionier Ralf Loskill. Er berichtet, dass die Schüler zum Beispiel selbst Apps vorschlagen, die dann im Unterricht eingesetzt würden. Ein Mathelehrer sagt gar, dass er dank der Geräte gut 20 Prozent mehr Stoff vermitteln könne als in den Vergleichsklassen ohne Tablets. Kerstin Mayrberger ist sich da nicht so sicher: „Wir konnten keine eindeutig positiven Effekte auf den Lernerfolg feststellen.“ Die Medienpädagogin von der Universität Augsburg hat das Prümer Projekt in den ersten drei Monaten wissenschaftlich begleitet. Sie ist jedoch davon überzeugt, dass die individuelle Verfügbarkeit hier den entscheidenden Schritt bedeutet: „Dadurch wird das Gerät vom technischen Werkzeug zum individuellen Lernbegleiter.“ Gerade die Individualisierung von Lerngeschwindigkeiten lasse sich so viel leichter erreichen.

Digitalisierung statt Lehrer

Beim Tafelersatz Whiteboard fällt das Urteil noch deutlich zurückhaltender aus. „Wer es gut einsetzt, kann damit guten Unterricht ein Stück besser machen“, sagt Medienpädagoge Aufenanger, „schlechter Unterricht wird schlecht bleiben.“ Oder vielleicht sogar noch ein bisschen schlechter werden: Denn die vielfältigen Möglichkeiten von Whiteboards verführen viele Lehrer dazu, den Unterricht frontaler zu gestalten.

Geradezu verheerend fällt das Urteil dort aus, wo man hoffte, mit neuer Technik Defizite in anderen Bereichen wettzumachen. So wurden in einigen US-Bundesstaaten die Budgets für neue Technik erhöht, während man zugleich Lehrerstellen kürzte. Das Kalkül: Mit individualisierter Technik werde es möglich, mit geringerem Aufwand mehr Schüler gleichzeitig zu unterrichten. Das Ergebnis: Die technisch aufgerüsteten Schulen schnitten in Vergleichsuntersuchungen sogar schlechter ab als vorher. Das liegt auch daran, dass digitale Bildung in den USA bereits ein Milliarden-Dollar-Markt ist, der entsprechend umkämpft ist und von Lobbyinteressen überlagert wird. Und so beginnt sich jenseits des Atlantiks die öffentliche Stimmung sogar zu drehen. Lehrer protestieren gegen weitere Investitionen in Technik, neulich hat die „New York Times“ eine Waldorf-Schule im Silicon Valley aufgetan, die besonders bei Kindern von IT-Angestellten beliebt ist. Der Grund: Es herrscht absolutes Bildschirmverbot.

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