Burnout-Syndrom Ich kann nicht mehr

Der Fußballtrainer Ralf Rangnick hat seinen Rücktritt bekannt gegeben, da er unter dem Erschöpfungssyndrom leidet. Wie Sie dem Burnout vorbeugen.

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Schalkes bisheriger Trainer Quelle: dpa

Der Fußballtrainer Ralf Rangnick hat vor wenigen Stunden in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, sein Amt bei Schalke 04 ab sofort ruhen zu lassen. Nach langer und reiflicher Überlegung sei er zum Entschluss gekommen, dass er eine Pause brauche. "Mein derzeitiger Energielevel reicht nicht aus, um erfolgreich zu sein und insbesondere die Mannschaft und den Verein in ihrer sportlichen Entwicklung voranzubringen", so Rangnick.

Schalkes Manager Horst Heldt sagte in derselben Mitteilung, dass Rangnicks Entscheidung "höchste Achtung" verdient, da die Gesundheit "in jedem Fall Vorrang vor allen beruflichen Zielen und Herausforderungen haben sollte". Man muss kein Schalke-Fan sein, um Heldt vollkommen zuzustimmen.

Sorgen um den Arbeitsplatz, Konflikte im Büro, Probleme im Privatleben – die Deutschen sind gestresst wie nie. Viele Arbeitnehmer fühlen sich übermäßig belastet, ergeben Umfrage immer wieder. Die einen klagen über Kopfschmerzen, die anderen können schlecht schlafen. Endstation: Burnout-Syndrom.

"Alle Schichten und Branchen sind betroffen", sagt Bernd Sprenger, Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, - wobei Männer noch stärker betroffen sind, als Frauen.

Das Problem ist: Die Betroffenen erkennen das Ausbrennen häufig erst dann, wenn es bereits zu spät ist. Umso wichtiger ist es, auf Warnsignale des Körpers zu hören und rechtzeitig gegenzusteuern – und sich das Erschöpfungssyndrom auch tatsächlich einzugestehen.

Hier die zehn typischen Phasen des Burnouts und wie Sie ihm vorbeugen können.

1. Grundlage

Meist sind es die besonders Engagierten, die ein Burnout erleiden. Etwa ein Viertel der deutschen Führungskräfte fühlt sich Umfragen zufolge körperlich und seelisch erschöpft. Häufig fallen sie ihren eigenen Ansprüchen zum Opfer. Davon sind vor allem Perfektionisten betroffen oder solche, die sich für unersetzbar halten. Falls das auf Sie zutrifft, sollten Sie Ihre Einstellung zu Ihrem Job überdenken. Sie leben nicht, um zu arbeiten – sondern umgekehrt. (siehe auch Punkt 10).

2. Signale

Engagement ist per se gut – aber wer es damit übertreibt, leidet darunter irgendwann im Privatleben. Erste Signale: Auch am Feierabend können Sie kaum abschalten und denken permanent an die Arbeit, vor dem Schlafen checken Sie noch die E-Mails, häufig können Sie ohnehin schlecht schlafen. Spätestens jetzt sollten Sie dringend einen Gang runterschalten, etwa durch Sport am Feierabend (siehe auch Punkt 8).

Schalkes Sportdirektor Horst Quelle: dpa

3. Launen

Stehen Sie morgens schon mit schlechter Laune auf? Haben Sie Schwierigkeiten, Prioritäten zu setzen oder anderen Menschen über längere Zeit zuzuhören? Vorübergehend ist das in Ordnung. Wird dieser Zustand jedoch chronisch, sollten Sie einschreiten (siehe auch Punkt 9).

4. Schwächung

Sie spüren, wie Sie körperlich und geistig abbauen, Hobbys kennen Sie nur noch aus Erzählungen. Sie müssen Ihr Sozialverhalten überdenken: Beenden Sie Ihre geistige Emigration und suchen Sie gezielt den Kontakt zu Kollegen (siehe auch Punkt 7b).

5. Reaktionen

Soviel Druck und Stress hält selbst der stärkste Körper irgendwann nicht mehr aus. 64,8 Prozent der Manager leiden bereits an Kopfschmerzen, 32,8 Prozent an Rückenschmerzen, so eine Umfrage des Forschungsinstituts IWD. Typisch: Kopfschmerzen bekommen Sie auch mit Tabletten kaum noch in den Griff, Schlafprobleme bekämpfen Sie mit Alkohol, Müdigkeit mit Kaffee. Viele lassen sich jetzt krankschreiben. Vorsicht! Sie zehren bereits von der Substanz.

6. Zusammenbruch

Lange konnte das nicht gut gehen. Sie können sich im Job kaum noch konzentrieren, ständig unterlaufen Ihnen Fehler, Kreativität und Spaß sind Fremdwörter. Jetzt stehen Sie endgültig am Scheideweg.

7a. Burnout

Weil Sie nichts unternehmen und trotzdem irgendwie weitermachen, verlieren Sie die Kontrolle – bis Sie völlig ausgebrannt, hoffnungslos und verzweifelt sind. Einige werden depressiv, im Extremfall denken sie sogar an Selbstmord.

7b. Veränderung

Der erste Schritt ist der wichtigste und auch der schwerste: Sie müssen aufhören, das Burnout zu ignorieren oder zu verneinen. Wagen Sie den radikalen Schritt, akzeptieren Sie aber auch, dass Sie es ohne fremde Hilfe vermutlich nicht mehr schaffen werden. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke!

8. Erholung

Regeneration hat nun höchste Priorität, vor allem die körperliche: Wahrscheinlich braucht Ihr Körper jetzt viel Schlaf. Schalten Sie aber auch wirklich ab. Will sagen: keine E-Mails, keine Telefonate, keine To-Do-Liste. Am besten machen Sie drei Wochen Urlaub und leichten (!) Sport.

9. Geisteswandel

Wer einmal in der Burnout-Spirale sitzt, kommt nur mit viel Disziplin wieder heraus – und einem Geisteswandel. Sie müssen neue Prioritäten in Job und Privatleben setzen. Versuchen Sie es mit Entspannungsübungen, womöglich holen Sie sich auch Hilfe bei einem Therapeuten.

10. Gegenmaßnahmen

Konzentrieren Sie sich im Alltag auf die Dinge, die Sie wirklich ändern können - oder an andere abgeben. Wie wäre es mit einem Tag Home-Office? Eine Umfrage der britischen Durham Business School ergab: 52 Prozent der Arbeitnehmer fühlen sich am Ende der Woche regelmäßig erschöpft. Wenn Sie auch von zu Hause aus arbeiten dürfen, schrumpft die Quote auf drei Prozent. Ebenfalls wichtig sind über den Tag verteilte Pausen. Letztendlich gewinnen Sie die Kontrolle über Ihre Gesundheit – und damit auch über Ihr Leben.

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