Baden-Württemberg will Biologie-Unterricht abschaffen Stuttgart in der Hand der Gender-Ideologen

Die geplante Abschaffung des eigenständigen Biologie-Unterrichts in Baden-Württemberg ist weit mehr als ein bildungspolitisches Ärgernis. Die Lehrplanreform offenbart die Macht der Gender-Ideologen. Denn die Biologie ist ihnen ein Greuel.

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Die baden-württembergische Landesregierung will den eigenständigen Biologie-Unterricht abschaffen. Gemäß der Bildungsplanreform von Kultusminister Andreas Stoch (SPD), die im Jahr 2015 wirksam werden soll, wird das Schulfach Biologie in einem so genannten Fachverbund namens "Naturphänomene und Technik" aufgehen. Was zunächst nur als eine schulpolitische Detailfrage erscheint, offenbart bei näherer Betrachtung möglicherweise etwas sehr viel Bedeutsameres. Im Stuttgarter Kultusministerium wird offensichtlich der Versuch unternommen, an den Schulen die Voraussetzungen zu schaffen, um einer Ideologie mit einem bestimmten Menschenbild den Weg zu ebnen.

Diese Ideologie ist die so genannte Gender-Theorie. Sie wird in mannigfaltigen Varianten in den so genannten Gender Studies an Universitäten unterrichtet. Ihre Lehre lautet - stark vereinfacht: Das (soziale) Geschlecht („Gender“) eines Menschen wird von der Gesellschaft konstruiert. Die Ur-Mutter dieser Theorie war Simone de Beauvoir mit ihrem berühmten Satz: Man ist nicht als Frau geboren, man wird es. Den körperlichen Unterschied zwischen den Geschlechtern halten die meisten Gender-Forschern für weitgehend bedeutungslos. Radikale Vertreter wie Judith Butler schaffen es sogar, ihn ganz unter ihrem Denkgebäude zu begraben.

Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht überraschend, dass in Gender-Publikationen vor allem ein Gegner aufs Korn genommen wird: die Naturwissenschaften und im Besonderen die Biologie. Kein Vorwurf wiegt für einen Gender-Forscher schwerer als der des „Biologismus“. Auf die angegriffenen Biologen selbst (und auf die meisten anderen Menschen mit durchschnittlicher biologisch-naturwissenschaftlicher Allgemeinbildung) wirkt das befremdlich. Aber es ist doch verständlich, denn die Gender-Theorie vom sozial konstruierten Geschlecht passt hinten und vorne nicht zu den Erkenntnissen der Biologie.

In der Biologie macht nichts Sinn, wenn es nicht im Lichte der Evolution betrachtet wird. Dieser Leitsatz von Theodosius Dobzhansky ist die Basis allen biologischen Denkens und Forschens. Die Funktion der Geschlechtlichkeit von Lebewesen – inklusive des Menschen - ist wie alles Lebende evolutionär zu erklären und demnach nicht von der Fortpflanzung zu trennen.

Die Diskurstaktik der Gender-Theoretiker ist üblicherweise, die Biologie zu dem zu erklären, was sie selbst sind: eine Ideologie. Das Mittel dazu ist die so genannte „Naturwissenschaftsforschung“, durch die die Forschungserkenntnisse der Biologie „dekonstruiert“ werden. Die Biologie wird da als eine von männlichem Machtwillen geprägte Disziplin dargestellt, deren Ansinnen es sei, die patriarchalische Geschlechterordnung zu untermauern.

Die meisten Biologen und auch andere Wissenschaftler außerhalb der Gender Studies nehmen derartige Theorien nicht besonders ernst. Solange sich Gender-Forscherinnen nur auf die philosophischen Fakultäten beschränken, bekommen Biologen davon nicht viel mit. Doch der Anspruch der Gender-Theorie ist nicht auf ein paar Lehrstühle beschränkt. Und wo könnte man die Biologie wirkungsvoller schlagen als an den Schulen. Wenn man keine Biologie-Lehrer mehr braucht, braucht man weniger Biologie-Lehrstühle an den Universitäten. Und wenn Kinder mit biologischen Erklärungen über den evolutionären Sinn der Zweigeschlechtlichkeit wenig oder gar nicht in Berührung kommen, sind sie umso empfänglicher für die Lehrer von der sozialen Konstruktion des Geschlechts.  

Die Lehrplanreform in Stuttgart ist nicht die erste und längst nicht die einzige Offenbarung des enormen politischen Veränderungswillens der Gender-Ideologie, die aus einem akademischen Soziotop mittlerweile auf politische Schaltstellen übergegriffen hat. Im Kultusministerium in Stuttgart zeigt sich nichts anderes als ihre Macht und der Wille sie im Dienste ihrer Überzeugungen einzusetzen. Da sage noch einer, es gehe heute in der Politik nicht mehr um Ideologien. Gefährlich sind sie vor allem, wenn sie nicht als solche erkannt werden.

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