
Drei von vier jungen Bundesbürgern stehen unter starkem Stress. Sie fühlen sich häufig müde und schlapp. Strapazen bereitet ihnen dabei zunehmend das Privatleben mit der ständigen Erreichbarkeit für Freunde und Familie. Während immerhin fast jeder zweite Mann sich daher regelmäßig Auszeiten nimmt, sind es bei den Frauen noch nicht einmal 30 Prozent. Das sind Ergebnisse der repräsentativen Studie "Zukunft Gesundheit 2017" der Schwenninger Krankenkasse und der Stiftung "Die Gesundarbeiter". Mehr als 1.000 Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland zwischen 14 und 34 Jahren wurden dafür befragt.
Angst, etwas zu verpassen und andere zu enttäuschen
"Viele Jugendliche und junge Menschen unterliegen heute einem Konformitätszwang. Sie befürchten, Freunde und Familie zu enttäuschen, wenn sie nicht sofort auf eine Nachricht reagieren. Hinzu kommt die Angst, eine wichtige Neuigkeit aus dem Netzwerk zu verpassen", sagt Tanja Katrin Hantke, Gesundheitsexpertin der Schwenninger.
Seit der ersten Zukunftsstudie im Jahr 2014 fühlen sich die Befragten zunehmend durch die Dauerkommunikation unter Druck gesetzt. Damals glaubten 40 Prozent der 14- bis 34jährigen, ständig für Freunde und Familie erreichbar sein zu müssen. 2017 ist dieser Wert auf 55 Prozent angestiegen.
Bei einem Drittel der Befragten ist die Situation bereits derart angespannt, dass sie das Privatleben stärker stresst als Beruf, Ausbildung oder Studium. 72 Prozent der Männer und 80 Prozent der Frauen wünschen sich daher mehr Zeit, um sich gezielt zu entspannen.
Wie gehen Sie mit Stress und Ärger um?
Denken Sie darüber nach, welche Faktoren Stress auslösen und bringen Sie diese in eine Rangfolge. Nicht alle Gründe wiegen gleich schwer. Stressauslöser, die bisher als unumgänglich gelten, könnten zu körperlicher und seelischer Beeinträchtigung führen.
In kritischen Situationen spontan regieren zu können, ist nicht nur auf der Straße wichtig. Auch im Büro sollte die Bedeutung des Bauchgefühls nicht unterschätzt werden. Wer in Situationen mit Kollegen und Kunden zu kopflastig reagiert, kann sie in Sekunden vergraulen. Laut Conen ist Intuition lernbar – und kann wieder erweckt werden, falls man dazu bereit ist.
Jede Veränderung schenkt ein Stück neues Leben. Dennoch ist nicht jeder Unmut Grund genug, alles über den Haufen zu werfen. Veränderung ist kein Allheilmittel. Tiefen durchzustehen ist das eine, chronischer Frust das andere.
Viele vermeiden es über Jahre, sich Erschöpfung einzugestehen. Ein Burnout kann ein schleichender Prozess sein. Jahrelanger Medikamenten, Alkoholmissbrauch, Autoimmunerkrankungen oder psychische Auffälligkeiten weisen auf Erschöpfung hin.
Lernen Sie ihre Sinne wieder einzusetzen. Riechen und fühlen Sie die Natur oder konzentrieren Sie sich auf die verschiedenen Bestandteile ihres Essens. Verlangsamen Sie eine Aktivität wenn es möglich ist und genießen Sie den Augenblick. Versuchen Sie die Umgebung abzuscannen und sich einzuprägen.
Das Chamäleon sollte das Tier dieses Jahrhunderts werden. Es zeigt alle Fähigkeit, die heute notwendig sind. Vor allem kann es sich auf veränderte Bedingungen einstellen. Es geht nicht darum, seine Authentizität zu verlieren. Es geht darum, sich nicht mehr zu wünschen, dass alles wieder so wird, wie es mal war. Das macht unglücklich. Wagen Sie in der Jobkrise den Sprung in eine zweite Karriere.
Hinterfragen Sie, wo Sie wie viel Energie investieren und ob es sich lohnt. Hinterfragen Sie Ihre innere Motivation und konzipieren Sie um. Schaffen Sie es Ihr Energielevel unter Kontrolle zu halten, bleibt mehr für die Freizeit über.
Achten Sie nicht nur darauf, was Personen in Ihrem Umfeld sagen, sondern auch, wie sie es sagen. Die Wechselwirkung mit dem Gegenüber und die Umstände einer Konversation beeinflussen das Ergebnis in hohem Maße.
Stellen Sie sich vor, Sie wären Gast im Ratequiz „Was bin ich?“. Welche Eigenschaften, und dazu zählen eben auch die kleinen Fähigkeiten, machen Sie aus? Protokollieren Sie die Bereiche, die bisher noch nicht ausreichend zur Geltung kommen. Da gibt es bestimmt mehrere.
Eine positive Selbstbewertung senkt das Stresslevel. Fangen Sie morgens an mit einer positiven Grundstimmung und versuchen Sie, dieses Gefühl den Tag zu halten. Positive Selbstgespräche oder kurze tägliche Ritual helfen dabei. Auch malen, schreiben oder eine freundliche Büroeinrichtung wirken positiv.
Dabei sollte die Selbstbeobachtung nicht vergessen werden. Intuitive Selbstkontrolle hilft, während eines Gesprächs die Reaktionen seines Gegenübers nicht zu übersehen. Wie Sie auf andere wirken, lässt sich leicht bei einem Abschied erkennen. Ist die Situation entspannter, als bei der Begrüßung, hat sich der Gesprächspartner wohl gefühlt.
Seminare, lebenslanges Lernen, neue Herausforderungen. Nutzen Sie wirklich alle Ihre Bildungsurlaubstage? Haben Sie wirklich schon alles gelernt, was Sie sich vorgenommen haben? Trainieren Sie, nicht zu schnell zu satt zu sein und fordern Sie von sich selbst, mehr aus sich zu machen.
Ärger kann in kürzester Zeit zu Antriebslosigkeit führen. Das Take-Care-Prinzip soll helfen, sich weniger zu ärgern: Versuchen Sie zunächst, Ärger von sich fernzuhalten. Nicht jede Meinungsverschiedenheit mit Kollegen oder den Nachbarn ist einen Streit wert. Falls es doch dazu kommen sollte, distanzieren Sie sich innerlich. Einen Witz machen kann helfen. Sollte es doch heftiger kommen, ist es wichtig, sich beim Sport oder einen Urschrei abzureagieren.
Egal ob im Beruf oder im Privatleben, eine Entscheidung sollte nicht alleine aus dem Kopf heraus getroffen werden. Beziehen Sie Ihren Bauch mit ein. Auch wenn Sie ein Gefühl rational nicht nachvollziehen können, sollten Sie versuchen, es zu ergründen. Es könnte sein, dass ihre innere Stimme weiser ist, als Sie in diesem Augenblick.
Seien Sie die Schlange, nicht das Kaninchen. Reagieren Sie schneller als die anderen. Also erwarten Sie stets das Unerwartete, lernen Sie zu improvisieren, lösen Sie sich rasch von Denkmustern. Und vor allem: verändern sie Gewohnheiten.
Wer sich aufgibt, wird zum Spielball der Umgebung. Bestärken Sie sich jeden Tag darin, dass Sie über Ihr eigenes Lebens bestimmen. Conen empfiehlt: „Lernen Sie mitten im Geschehen zu sein und doch darüber zu stehen.“ Sie kommen mit Störungen besser um, wenn Sie sich als freier und selbstbestimmter Mensch fühlen.
Wenn es um das Setzen von Grenzen geht, gibt es unter den Geschlechtern einen interessanten Unterschied. So ist es für Frauen zwar schwieriger, sich der Kommunikation von Freunden und Familienmitgliedern zu entziehen. Dafür können sie sich in ihrer Freizeit jedoch besser gegenüber ihrem Arbeitgeber abgrenzen. Während 27 Prozent der Frauen das Gefühl hatten, ständig für den Arbeitgeber oder Ausbilder über digitale Medien erreichbar sein zu müssen, lag dieser Wert bei den Männern zehn Prozentpunkte höher.
"In den vergangenen Jahren ist das Smartphone zum täglichen Begleiter geworden. Durch die ständige Erreichbarkeit fällt es aber gerade jungen Menschen schwer, sich gruppendynamischen Prozessen zu entziehen und ein gesundes Maß zu finden", so die Expertin der Schwenninger. Schule und Eltern sollten Heranwachsende möglichst früh darüber aufklären, wie sich exzessiver Medienkonsum auf die Gesundheit auswirkt, und aufzeigen, wie sie sich mit bewussten Kommunikationspausen davor schützen können. So könnte beispielsweise die Smartphone-Nutzung während gemeinsamer Mahlzeiten mit der Familie für tabu erklärt werden. Gerade Eltern können durch ihre Vorbildfunktion hierbei viel bewegen.