Außerdem müsse man – egal ob beim Einzel- oder Team-Coaching - überlegen, ob Aufwand und Ertrag in einem Verhältnis zueinander stehen. „Wenn ich ein Jahr lang jeden Abend zur Chorprobe muss, steht das wahrscheinlich in keinem Verhältnis zu einem an einem Abend gesungenen Chorlied“, sagt von Elverfeldt. Genauso wenig sinnvoll sei es, wenn die Familienzeit unter dem Coaching leide, weil Mama oder Papa nicht mehr nur unter der Woche zwölf Stunden pro Tag arbeiten ist, sondern am Wochenende noch am mehrstündigen Kurs „Jodeln für Entscheider“ teilnimmt.
Immerhin finden die wenigsten Event-Coachings prozessbegleitend statt, wie Cohausz weiß. Es seien in der Regel punktuelle Ansätze. „Sie geben also Impulse aus einer neuen Perspektive, die dann in den Arbeitsalltag transferiert werden.“
So schickt von Elverfeldt ihre Klienten schon mal ins Dunkelmuseum, um ihnen die Augen zu öffnen. „Viele Führungskräfte können sich gar nicht vorstellen, was das heißt, dass die Mitarbeiter kein Vertrauen haben. Hier lernen sie, wie es sich anfühlt, wenn man jemandem folgen muss, ohne den nächsten Schritt zu kennen. Die Mitarbeiter sehen den nächsten Schritt auch oft nicht“, sagt sie.
Coach und Coaching sind keine geschützten Begriffe
Das Problem ist, einen seriösen Coach zu finden, der sich nicht nur die Mitarbeiterbespaßung vergolden lässt, sondern tatsächlichen Mehrwert schafft. Auch von Elverfeldt betont, dass ein Coach sich rechnen müsse, weil es auch bei einem Event-Coaching nicht um eine Spaßveranstaltung gehe. Nur: Der Begriff Coaching ist nicht geschützt, jeder kann sich als Coach bezeichnen, wie die Experten vom Deutschen Bundesverband Coaching e.V. (DBVC) sagen.
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„Die Coaching-Branche wächst seit Jahren und es gibt viele Personen, die vom positiven Image des Coachings profitieren möchten“, so der DBVC. Die Marburger Coaching-Studie 2013 geht davon aus, dass derzeit etwa 8.000 Coaches in Deutschland arbeiten. Damit liegt Deutschland hinter den USA und Großbritannien auf Platz drei. Laut der International Coach Federation liegt der weltweite Umsatz der Branche bei 1,9 Milliarden Dollar.
Unter all diesen Anbietern gebe es „viele selbsternannte „Coaches“ im Markt, die versuchen, mit ungewöhnlichen Angeboten aus der Masse hervorzustechen“, heißt es beim DBVC. „Grundsätzlich lässt sich jedoch sagen, dass Angebote, deren Nutzen sich bei nüchterner Betrachtung nicht unmittelbar erschließen, häufig eher Unterhaltungswert besitzen als zur Verbesserung der Führungsleistung beizutragen.“ Wer also schon im Vorfeld das Gefühl hat, beim „Walzerkurs für Powerchefs“ nichts außer Walzer zu lernen, hat vermutlich Recht. Wer trotzdem gerne Walzer lernen möchte, kommt in der Tanzschule vor Ort vermutlich auch deutlich billiger weg als beim gecoachten Tanzkurs.
Daran erkennen Sie einen guten Coach
Das Coaching soll vom Volumen her überschaubar sein. "Never-Ending-Stories" sollen vermieden werden auch, um Abhängigkeitsverhältnissen vorzubeugen.
Ein guter Coach prüft, ob Coaching für seinen Adressaten überhaupt die richtige Maßnahme ist. Das Interesse des Auftraggebers (also der Oraganisation oder des Unternehmens) muss sich mit den Interessen des Coachees nicht decken. Ein guter Coach muss aber die Interessen aller Beteiligten berücksichtigen.
Ein guter Coach lehnt Aufträge ab, wenn sie nicht seinen Kompetenzen entsprechen oder sich nicht mit seinen Schwerpunktthemen befassen. Damit gemeinsam definierte Ziele erreicht werden können, muss die Leistungserwartung des Klienten und das Leistungsvermögen des Coaches einander entsprechen.
Ein guter Coach benennt die einzelnen Prozessphasen explizit und stellt in Grundzügen sein methodisches und konzeptionelles Vorgehen dar. Der Auftraggeber soll genau überblicken können, worauf er sich einlässt.
Die Entscheidung für ein Coaching soll der Klient bewusst und ohne Druck treffen - deshalb gibt ein guter Coach dem Klienten nach dem Kennenlerngespräch Bedenkzeit.
Ein guter Coach erkennt Themen und Umstände, die zusätzlicher Beratung bedürfen und leitet diese ein. Dabei kann es sich zum Beispiel um eine Therapie, Eheberatung oder medizinische Behandlung handeln.
Deutscher Bundesverband Coaching e.V. (Hrsg.): Checkliste für Auftraggeber und Klienten. Vorgelegt vom Fachausschuss Mittelstand. Osnabrück: 2010.
Seriöse und unseriöse Angebote lassen sich im Übrigen auch am Preis beziehungsweise der Preistransparenz festmachen, wie von Elverfeldt sagt. „Seriöses Coaching erfordert aus meiner Sicht ein erstes, kostenloses Vorgespräch, sonst würde der Kunde die Katze im Sack kaufen.“
Der Kunde wisse schließlich im Vorfeld nicht immer, was er braucht und was ihn bei der Entfaltung seines Potentials weiter bringt. In der Regel wollen die Führungskräfte, die sich an von Elverfeldt wenden, ihr Verhalten optimieren und nicht ein spezielles Paket buchen.
Da heißt es dann: „Ich möchte mein Selbstmanagement verbessern und gelassener werden.“ Die Aufgabe eines Coaches ist es dann, herauszufinden, was dem jeweiligen Klienten dabei helfen könnte. „Ein guter Coach muss einschätzen können und dies auch ehrlich seinem Kunden gegenüber äußern, ob ein Klient ein Coaching nötig hat oder bei einem anderen Coach besser aufgehoben wäre“, sagt sie. Außerdem müsse er auf den jeweiligen Klienten eingehen und nicht für jeden dasselbe Rezept präsentieren.
„Wenn ich Mittelständler coache, entwerfe ich ein ganz anderes Szenario, als beim Starjuristen. Und ich verwende eine ganz andere Sprache. Der Schichtleiter will etwas mit seinen Händen machen, der Jurist sagt dagegen: 'ich mach doch keine Kinderspielchen'“, wie sie sagt.
Coaching ist kein Allheilmittel
Wer aber schon von vorneherein entscheidet, einen kreativen Ansatz haben zu wollen, der sollte spielerisch an die Sache herangehen, empfiehlt Cohausz. „Wenn ich ein Kunstfreund bin, bietet sich ein künstlerischer Ansatz an; wenn ich keine Erfahrung mit Tieren habe, dann vielleicht ein Coaching mit Pferden oder Hunden.“
Denn gerade über Tiere ließe sich herausfinden, wie gut die eigenen nonverbalen Signale sind, schließlich reagieren Tiere nicht auf Worte, sondern auf Zeichen. Wie im Übrigen auch der Mensch. „Der größte Teil unserer Kommunikation, manche Studien gehen von über 90 Prozent aus, läuft nonverbal ab“, so Cohausz. Entsprechend müssen von Elverfeldts Klienten beim Pferde-Coaching die Tiere dazu bringen, dass sie loslaufen, stehen bleiben und ihnen folgen. Und das ohne sie zu berühren oder am Halfter hinter sich herzuziehen.
„Es ist wie mit den Mitarbeitern: Man darf nicht zu nah ran, aber auch nicht zu weit weg. Die adäquate Nähe-Distanz-Balance sollte immer wieder neu austariert werden. Man muss sich darauf einstellen, wie das Pferd kommuniziert und man braucht das nötige Selbstvertrauen, um ein Tier, das 600 bis 700 Kilogramm wiegt, auch zu führen“, sagt sie.
Allerdings müsse man sich klar machen, dass Coaching – unabhängig vom Ansatz - kein Allheilmittel sein kann. Von Elverfeldt fasst es so zusammen: „Sie können auch mit Coaching aus einem Apfelbaum keinen Pflaumenbaum machen.“