
Immer mehr Menschen in Deutschland können nach einer Untersuchung der DAK-Gesundheit schlecht ein- und durchschlafen. Folgen seien Müdigkeit und Unkonzentriertheit bei der Arbeit sowie eine steigende Zahl von Fehltagen. Auch die Gefahr von Medikamentenmissbrauch nehme zu. Seit 2010 seien die Schlafstörungen bei Berufstätigen zwischen 35 und 65 Jahren um 66 Prozent angestiegen. Das geht aus dem Gesundheitsreport 2017 „Deutschland schläft schlecht - ein unterschätztes Problem“ hervor, den die gesetzliche Krankenkasse am Mittwoch in Berlin vorstellte.
Unter der besonders schweren Schlafstörung Insomnie mit Ein- und Durchschlafstörungen, schlechter Schlafqualität, Tagesmüdigkeit und Erschöpfung leide jeder zehnte Arbeitnehmer (9,4 Prozent), ein Anstieg von 60 Prozent seit 2010. Frauen seien mit elf Prozent etwas häufiger davon betroffen als Männer mit acht Prozent. Bei der Befragung berichteten der DAK zufolge etwa 80 Prozent der Erwerbstätigen von „Schlafproblemen“. Fast die Hälfte sei bei der Arbeit müde.
Schlafstörungen und deren Auswirkungen auf die Arbeit sind Schwerpunktthema der Krankenkasse für ihren diesjährigen Gesundheitsreport. Die Fehltage aufgrund von Schlafstörungen nahmen demnach um rund 70 Prozent auf jetzt 3,86 Tage je 100 Versicherten zu. Eine Krankschreibung aus diesem Grund habe im Schnitt 10,9 Tage gedauert.
Schlafstörungen: Zu wenig Prävention und medizinische Versorgung
Nur schlecht geschlafen oder schon eine Schlafstörung? Der Übergang ist fließend. Anhaltende Schlafprobleme sollten medizinisch behandelt werden.
Der Mensch „verschläft“ durchschnittlich etwa ein Drittel seines Lebens. Doch dieses eine Drittel ist überlebensnotwendig, ist wesentlich für die biologische und psychische Regeneration. Mangelt es daran, können erhebliche gesundheitliche Beschwerden folgen.
Quelle: dpa
Nach einer Expertenempfehlung sollte man bis ans Ende seines Lebens 7,5 Stunden pro Tag schlafen. Das sei gesunder Schlaf.
Gelegentliche nächtliche Schwierigkeiten beim Ein- oder Durchschlafen dürften noch kein Schlafproblem sein. Bestehen sie aber drei Mal in der Woche mehr als drei Monate lang, spricht man von Ein- beziehungsweise Durchschlafstörungen. Gehen sie mit Tagesmüdigkeit und sozialen und beruflichen Beeinträchtigungen einher, wird von einer „schweren Schlafstörung“ (Insomnie) gesprochen.
Nach dem Gesundheitsreport 2017 der DAK-Gesundheit sagen 80 Prozent der befragten Erwerbstätigen, sie hätten hie und da „Schlafprobleme“. Das seien 66 Prozent mehr als 2009. Unter „schweren Schlafstörungen“ leide jeder zehnte, ein Anstieg von 60 Prozent in den vergangenen sieben Jahren. Selbst er habe einen solchen Anstieg nicht erwartet, sagt der Schlafexperte von der Berliner Charité, Ingo Fietze.
Ständiger nächtlicher Lärm kann den Schlaf erheblich beeinträchtigen. Nach der dritten durchlittenen Nacht, sinkt die Leistungsfähigkeit im Job. Auch ein unregelmäßiger Lebensstil mit wenigen Schlaf- und Erholungsphasen - sei es bei der Arbeit, sei es in der Freizeit - kann letztlich zu Schlafstörungen führen.
DAK-Chef Andreas Storm erläutert: „Im Job nehmen schwere körperliche Arbeiten seit Jahrzehnten ab, psychische Belastungen hingegen zu.“ Dabei lässt sich eine gewisse Wechselwirkung zwischen psychischen Problemen und Schlafstörungen feststellen. Schlafstörungen können zu Depressionen oder Angstzuständen führen - und umgekehrt. Und letztlich sind auch chronische körperliche Beschwerden wie Bluthochdruck oder Diabetes möglich.
„Dramatisch schlecht“, sagt Fietze. Deutschland brauche eine neue Facharztgruppe, den niedergelassenen Schlafmediziner. „Es fehlt der primäre Ansprechpartner.“ Auch die Zahl der Schlafzentren sollte aufgestockt werden, zumal sich diese vor allem mit Atemstörungen beim Schlafen beschäftigen. Und es bedürfe mehr Aufklärung über Schlafprobleme und mehr Prävention in Schule und Beruf, sagt Fietze.
Bevor man zur Schlaftablette greift, sollte man über sein Schlafverhalten nachdenken, Stichwort: Schlafhygiene. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin rät unter anderem: Jeden Tag um dieselbe Zeit aufstehen, nur Schlafen gehen, wenn man wirklich müde ist, regelmäßig Sport treiben, vor dem Zubettgehen keinen Kaffee, keinen Alkohol und keine Zigarette mehr und den Mittagsschlaf vermeiden.
Jeder zweite Patient, der mit Schlafstörungen kämpft, besorgt sich Schlafmittel ohne Rezept, oft ohne fachmännische Beratung. Fietze beklagt, dass Apotheker zu wenig über die Mittel aufklären. Grundsätzlich könnten Schlaftabletten bei chronischen Schlafstörungen auch über einen längeren Zeitraum notwendig sein. Das sollte aber der Arzt entscheiden.
Schlechter Schlaf hat seinen volkswirtschaftlichen Preis. Laut RKI belaufen sich in Europa allein die Kosten durch Einschlafen am Steuer auf mehrere Milliarden Euro jährlich. Die reduzierte Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz lässt sich kaum beziffern. Doch Fehltage aufgrund von Schlafstörungen nehmen deutlich zu, wenn auch bisher auf niedrigem Niveau: Sie stiegen um rund 70 Prozent auf 3,86 Tage je 100 Versicherten.
Allerdings versuche die große Mehrheit, allein mit den Schlafstörungen zurechtzukommen und gehe nicht zum Arzt. Lediglich 4,8 Prozent der Erwerbstätigen seien im vergangenen Jahr deswegen in den Praxen gewesen. Selbst Arbeitnehmer mit Insomnie gingen meist nicht zum Arzt. Rund 70 Prozent der Betroffenen lassen sich der Untersuchung zufolge nicht behandeln.
Wie viele Stunden verschiedene Personengruppen im Durchschnitt schlafen
Insgesamt schläft der Mensch unter der Woche durchschnittlich 7,01 Stunden und am Wochenende 7,88 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Männer schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,00 Stunden und am Wochenende 7,93 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Frauen schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,01 Stunden und am Wochenende 7,83 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Verheiratete schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,01 Stunden und am Wochenende 7,75 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Singeles schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,06 Stunden und am Wochenende 8,49 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Geschiedene schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,85 Stunden und am Wochenende 7,69 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Getrennt lebende schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,76 Stunden und am Wochenende 7,61 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Verwitwete schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,02 Stunden und am Wochenende 7,27 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Beschäftigte schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,88 Stunden und am Wochenende 8,08 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Selbstständige schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,94 Stunden und am Wochenende 7,83 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen in Rente schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,20 Stunden und am Wochenende 7,37 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Erwerbslose schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,04 Stunden und am Wochenende 7,65 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Beamte schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,80 Stunden und am Wochenende 8,03 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Auszubildende schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,07 Stunden und am Wochenende 8,96 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit einer sehr guten Gesundheit schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,20 Stunden und am Wochenende 8,38 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit guter Gesundheit schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,09 Stunden und am Wochenende 8,11 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit befriedigender Gesundheit schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,99 Stunden und am Wochenende 7,78 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit schlechter Gesundheit schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,75 Stunden und am Wochenende 7,33 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit einem hohen Bildungsniveau schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,01 Stunden und am Wochenende 7,88 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit einem mittleren Bildungsniveau schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,00 Stunden und am Wochenende 7,85 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit einem niedrigen Bildungsniveau schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,00 Stunden und am Wochenende 7,78 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Kinderlose schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,05 Stunden und am Wochenende 7,84 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit einem Kind schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,92 Stunden und am Wochenende 8,06 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit zwei Kindern schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,87 Stunden und am Wochenende 7,93 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit drei und mehr Kindern schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,85 Stunden und am Wochenende 7,87 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen im Alter von 15 bis 20 Jahren schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,26 Stunden und am Wochenende 9,20 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen im Alter von 21 bis 30 Jahren schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,10 Stunden und am Wochenende 8,56 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen im Alter von 31 bis 40 Jahren schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,92 Stunden und am Wochenende 8,01 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen im Alter von 41 bis 50 Jahren schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,83 Stunden und am Wochenende 7,93 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen im Alter von 51 bis 60 Jahren schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,84 Stunden und am Wochenende 7,72 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen über 60 Jahre schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,10 Stunden und am Wochenende 7,61 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Schlafstörungen sind häufig Folge oder Ursache von psychischen Störungen wie Depressionen und Angstzuständen. Mehr als jeder dritte Patient bekomme deshalb eine Psychotherapie, jeder zweite Medikamente. Im Vergleich zu 2010 nähmen heute mit 9,2 Prozent fast doppelt so viele der 35- bis 65-jährigen Arbeitnehmer Schlafmittel. Jeder zweite kaufe dabei Schlafmittel ohne Rezept - und meist ohne ausreichende Aufklärung über Risiken und Nebenwirkungen. Fast jeder Vierte nehme Schlafmittel länger als drei Jahre.
Schlafstörungen können unterschiedliche Ursachen haben - vom bloßen Lärm in der Nacht über Stress am Arbeitsplatz oder in der Familie bis hin zu einem generell falschen Umgang mit Schlaf.