Dialog mit den Wählern NRW-Politiker brauchen Nachhilfe in Auftreten und Kommunikation

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Armin Laschet, CDU

Die Kampagne: Nett, blass, Laschet. Wer die aktuellen CDU-Plakate sieht, kommt sich vor wie auf einer Zeitreise in die politische Kommunikation von ganz früher, als Helmut Kohl noch Deutschland regierte. Auch wenn Laschets Slogan "Zuhören. Entscheiden. Handeln." stark an Gerhard Schröders Kampagne in den 90ern erinnert: Gegen den am Zaun des Kanzleramtes rüttelnden Aufsteiger Schröder wirkt Armin Laschet wie "Muttis Bester".

Mal sitzt er da mit gefalteten Händen und lächelt. Mal gibt er jovial lächelnd in einer Traube von Rentnern den Menschenfreund. Das soll nahbar und sympathisch wirken, weil offenbar der Schock des Norbert Röttgen-Wahlkampfes bei der NRW-CDU noch tief sitzt.

Röttgen galt immer als "Muttis Klügster", doch die Herzen der Menschen erreichte der Vordenker mit seiner Leidenschaft für Visionen nicht. Themen-Plakate wie "Mehr Lehrer. Weniger Unterrichtsausfall" machen den Laschet-Auftritt leider nicht progressiver. Solide, aber für eine Partei, die an die Regierung will, sehr brav.

So gelingt Ihre nächste Präsentation
Der rote FadenEin wichtiges Merkmal für eine gelungene Rede ist der rote Faden. Erst wenn eine Ansprache logisch nachvollziehbar ist, werden die Zuhörer Ihrer Argumentation auch folgen – und sich überzeugen lassen. Die richtige Reihenfolge der Argumente im Kopf zu behalten, ist aber gar nicht so einfach. Die Loci-Methode hilft dabei, sich die Rede-Struktur einzuprägen. Dabei entsteht im Kopf eine vertraute, imaginäre Route, etwa von der eigenen Haustür bis zum nächsten Supermarkt, bei der an markanten Stellen Begriffe „abgelegt“ werden können. Bei der Präsentation oder der freien Rede können diese Schlagworte dann wieder – in der richtigen Reihenfolge – eingesammelt werden. Quelle: dpa
Gründe zeigenDer Autor Simon Sinek hat untersucht, wie es Ikonen wie Martin Luther King oder dem Apple-Gründer Steve Jobs gelang, Massen von Menschen von ihren Ideen zu überzeugen. In seinem Buch „Start with Why“ kommt Sinek zu dem Schluss, dass sie ähnlich dachten - und sprachen. In großen Reden ging es ihnen vor allem um das "Warum", nicht das übliche "Was?". Der Grund: Menschen lassen sich viel eher auf einer emotionalen Ebene mitreißen - etwa dann, wenn sie das Ziel und den Grund eines Projekts kennen. Quelle: dpa
Beispiele nutzenBrillante Rhetorik, geschliffene Sätze: Niemandem nutzt die beste Rede, wenn sich kein Zuhörer den Inhalt merken kann. Aber auch dafür gibt es die richtigen Mittel: Beispiele. Lebhafte Beispiele sind häufig nicht schwer zu finden, insbesondere alltägliche Phänomene bieten sich an. Auch die beiden Wissenschaftler und Autoren Chip und Dan Heath sehen darin einen Schlüssel für eine gelungene Präsentation. In ihrem Buch „Made to Stick: Why Some Ideas Survive and Others Die“ beschäftigen sie sich mit der Kommunikation von Ideen. Ein Ergebnis: Erst mit anschaulichen, bildlichen Beispielen lassen sich Menschen überzeugen. Eine Studie ergab: Nur fünf Prozent einer Studentengruppe konnte sich an den Inhalt eines Vortrags erinnern - aber knapp zwei Drittel der Studenten konnten die Beispiele wiedergeben.
Gesten sparsam einsetzenBeim Gestikulieren gilt es, einen gesunden Mittelweg zu finden. Eine Studie der Psychologin Susan Wagner Cook von der Universität von Iowa ergab, dass gestikulierende Studenten Matheaufgaben effektiver erklären und sich zeitgleich auch eine Buchstabenfolge besser merken konnten als nicht-gestikulierende Kommilitonen. Die Psychologin vermutet, dass die Studenten durch das Gestikulieren mehr „Speicherplatz“ zur Verfügung hatten, mit dem sie sich – neben dem Erklären – noch auf eine andere Aufgabe konzentrieren konnten. Gerade bei Vorträgen ist das ein doppelter Vorteil, denn eine gute Präsentation erfordert wahre Multitasking-Fähigkeiten: Zum einen sollen die Informationen sicher vermittelt werden, andererseits muss der Redner auch die Bildschirmpräsentation bedienen oder auf Stimmungen im Publikum eingehen. Aber Vorsicht: Wer zu viel mit den Armen fuchtelt, der verliert seine Glaubwürdigkeit.
Zielgruppe beachtenNicht nur Inhalt und Wortwahl beeinflussen den Erfolg der Rede, sondern auch das Verhältnis zwischen Redner und Zuhörern. Der Rhetoriktrainer und Autor Ingo Vogel („So reden Sie sich an die Spitze“) rät, jede Rede und jeden Vortrag genau auf das Publikum abzustimmen. Denn ob die Familie, ob Kollegen oder sogar die Chefetage im Publikum sitzt, macht einen gewaltigen Unterschied. In allen Fällen gilt aber: Verbindungen aufbauen und von Gemeinsamkeiten ausgehen. In Familienkreisen können das längst vergangene Erfahrungen sein, in formaleren Situationen aber auch geteilte Sorgen oder Unternehmenserfolge.
Kurz fassen60 Sekunden - dann schweifen die Zuhörer ab. Laut Darlene Price, Autorin des Buches "Well Said! Presentations and Conversations That get Results", bleibt in der Regel nicht mehr Zeit, um das Interesse der Zuhörer zu wecken. Umso wichtiger ist es, einen interessanten und lebhaften Einstieg in das Thema zu schaffen. Price warnt davor, die Zeit mit halbherzigen Witzen, Danksagungen oder verwirrenden Details zu verschwenden. Besser: eine kurze, packende Geschichte zum Einstieg, die den Zuhörern die Relevanz und die Kernaussage der Rede deutlich macht.
Klar ausdrückenIm Mittelpunkt der Rede muss die Information stehen, nicht der Sprecher. In dem Artikel “The New Articulate Executive : Look, Act and Sound Like a Leader “ verrät der Berater Granville Toogood Tricks für gelungene Präsentationen. Ein Tipp: Immer verständlich reden - so wie in einem Dialog. Eine Studie konnte zeigen, dass Redner sich gerne mit Fremdwörtern und Fachbegriffen schmücken um intelligent zu wirken – aber bei ihrem Publikum genau das Gegenteil erreichen.

Die Kommunikation: "Er versucht als einziger Spitzenkandidat fortlaufend, seine Antworten mit für Politiker typischen Gesten zu unterstützen", hat Rhetorik-Experte Michael Ehlers erkannt. Das Risiko seines Stils: Laschet bleibt nur schwer in Erinnerung. Denn sein Markenzeichen ist in Sprache und Auftritt Konformität. Armin Laschet fehlt es an Ecken und Kanten und er orientiert sich dabei offenbar an Angela Merkel. Ein Mensch ohne Reizpunkte. Das kann - siehe Merkel - durchaus erfolgreich sein.

Sylvia Löhrmann, GRÜNE

Die Kampagne: "Zusammen ist es NRW" lautet der Slogan der grün-gelben Plakate, die an Anti-AKW-Proteste und Sonnenblumen im Bundestag erinnern. Damit fallen die Grünen auf, weil sie wirken wie ein Retro-Trip in die 80er Jahre. Auf dem Plakat: ein Portrait der Spitzenkandidatin, die als Schulministerin des größten Bundeslandes so schlicht präsentiert wird wie eine Kommunalpolitikerin. "1. Mehr Haltung. 2. Weniger Hass." lautet Löhrmanns Botschaft. Oder "1. Neue Energie. 2. Neue Jobs." Das ist einfach, klar, aber sehr angepasst und bürgerlich für eine Partei, die in aktuellen Umfragen gerade Richtung 5-Prozent-Hürde stürzt. Waren die GRÜNEN nicht mal Revoluzzer? Die Kampagne wirkt rückwärtsgewandt und wie aus einer anderen Welt, in der lieber leidenschaftlich über alternative Energien statt über den Kampf gegen den Terror gestritten wird. Eine gewagte Rückkehr zum alten grünen Markenkern.

Tipps für die perfekte Rede

Die Kommunikation: "Es fällt schwer, sich auf Inhalte zu konzentrieren, wenn sich Sylvia Löhrmann mit ihrem grünen, von Blumen übersäten Blouson im 70er-Jahre-Stil etwas zu sehr am Parteinamen orientiert", kritisiert Rhetorik- und Kommunikations-Experte Michael Ehlers beim Anschauen des WDR-Kandidatencheck-Videos der grünen Spitzenfrau. Außerdem erkennt er "klare Defizite in Sachen Präzision und Struktur". Sein Urteil: Löhrmanns Äußerlichkeiten lenken ab, ihre Antworten strengen an.

 

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