Dialog mit den Wählern NRW-Politiker brauchen Nachhilfe in Auftreten und Kommunikation

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Michele Marsching, Piraten

Die Kampagne: "Ach, die PIRATEN gibt es noch?", möchte man ausrufen. Es kostet wirklich Mühe, die Plakate der PIRATEN in Nordrhein-Westfalens Städten zu entdecken. Vielleicht ein Grund, warum die Plakate im "Smartgerecht"-Shop ab drei Euro pro Stück für jedermann zu kaufen sind. "Leben ohne Angst: Grundeinkommen!" steht darauf. Oder "Demokratie braucht geile Politik!" Das klingt erstaunlich analog und wenig digital und nach politischem Realismus. Modern, doch am ursprünglichen Markenkern vorbei. Wirkt wie ein Plan.

Die Macher der Ideenkonferenz Ted propagieren einen besonderen Vortragsstil. Ted-Chef Anderson beispielsweise verwandelt noch so dröge Themen in packende Vorträge. Was sich jeder Redner davon abschauen kann.
von Kristin Rau

Die Kommunikation: "Michele Marsching ist der authentischste aller Spitzenkandidaten", analysiert Rhetorik- und Kommunikations-Trainer Michael Ehlers. Er zeigt Nähe zu den Bürgern und Sinn für Humor. Und passend zur Plakatkampagne machen die PIRATEN mit humanitären Themen fast schon der Linkspartei Konkurrenz. Ehlers' Urteil: "Anders als man es früher von den PIRATEN gewohnt war: ein absolut ernstzunehmender Spitzenkandidat."

 

Marcus Pretzell, AfD

Die Kampagne: Der Auftritt der AfD besteht aus Personen- und Themen-Plakaten. Freundlich lächelnd verspricht Pretzell "die Antwort auf KRAFT-lose Politik" zu sein. Der Slogan: "Unser Programm heißt Realität." Bei den Themen-Plakaten wird es dann provokativ. Die AfD textet zum Foto eines lachenden blonden Mädchens: "Mit 18 freut sich Lili noch mehr, dass ihre Eltern AfD gewählt haben." Auf einem anderen Plakat sieht man eine alte Frau im Bundeswehr-Parka, die in einer Mülltonne kramt. Dazu die beißend-zynischen Worte: "Die Früchte eines arbeitsreichen Lebens." Die AfD lebt vom Protest. Je nach Blickwinkel mögen die Plakate fast schon wie Realsatire wirken (Bundeswehr-Parka, blondes Mädchen), den Markenkern "Dagegen!" bespielen sie polternd und optimal.

Tipps für den gelungenen Smalltalk

Die Kommunikation: In TV-Auftritten versucht AfD-Spitzenkandidat Marcus Pretzell den sympathischen Politiker von nebenan zu geben, doch beim WDR-Kandidatencheck verhielt er sich - vermutlich wegen eines Lügenpresse-Reflexes - wenig klug. Pretzell verweigerte sich dem Projekt. Das Urteil von Kommunikationsexperte Michael Ehlers: "Strategisch ein Eigentor. Denn keine Kommunikation ist auch Kommunikation."

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