WirtschaftsWoche: Herr Frey, warum lockt ein Erfolgskongress mit namhaften Promis so viele Menschen an?
Dieter Frey: Man kann für den Rest seines Lebens damit angeben, dass man neulich mehr oder weniger persönlich Herrn Clinton und Herrn Maske getroffen hat, und davon erzählen, was die so gesagt haben.
Und was bringt mir das?
Wenn ich damit prahle, wird ein Teil des Prestiges, des Status und des Erfolges dieser Menschen auf mich übertragen. Da der Zuhörer den Kontext nicht kennt, soll oder kann er automatisch schlussfolgern: Mein Gott, ist mein Gegenüber wichtig!
Der hohe Eintrittspreis ist zweitrangig?
Ja. Die Nähe zu den Erfolgreichen gibt uns persönlich das gute Gefühl, auch selbst etwas erreicht zu haben, sonst hätten wir ja diese Nähe nicht geschafft. Dass man dafür Geld bezahlt hat, vergisst und verschweigt man später gerne.
Psychologen kennen das sogenannte „Lernen am Modell“. Wie funktioniert das?
Beim Modelllernen beobachtet man schlicht, was andere machen, und ergänzt damit sein eigenes Verhaltensrepertoire. Wenn die Vorbilder betonen, man sei erfolgreicher, wenn man lauter schreit, dranbleibt, ein Netzwerk aufbaut, dann kann man dies durchaus übertragen. Aber dafür müssen die Kniffe sehr konkret sein.
Warum bekommen dann auch banale Äußerungen auf solchen Veranstaltungen Beifall?
Weil sich dort nur die Anhänger treffen, ist die Schwelle für Beifall niedrig. Fangen einige dann an, applaudiert die Herde mit.
Während sie die Promis bejubeln, beneiden viele Menschen die Erfolge eines Kollegen oder Freundes. Ist das nicht ein Widerspruch?
Neid funktioniert nach dem Prinzip der Nähe: Man ist neidisch auf den Kollegen oder Freund, der ein besseres Auto hat oder vom Chef geschätzt wird. Das hätte man auch gerne. Und man sieht es tagtäglich. Clinton und Maske sind demgegenüber viel zu weit weg.
