
Zwischen Lastwagen und Bussen starren Informatikstudenten auf ihre Laptops. In einer Halle der Hannover-Messe schreiben sie Codes, entwerfen Konzepte, werkeln an Präsentationen. Eine Uhr zählt unerbittlich die Stunden herunter. Insgesamt neun Programmiererteams lieferten sich vor einigen Wochen auf der IAA-Nutzfahrzeugmesse einen Wettkampf um die besten digitalen Ideen zum Thema Transport und Logistik – auf Einladung von Daimler. Bei solchen Hackathons, ein Mischwort aus Hacking und Marathon, entwickeln sie neue Software.
Daimler setzt seit Jahren auf diese Wettbewerbe, um digitale Talente anzuwerben, sagt Wilko Andreas Stark, der bei Daimler für die Strategie der Automobilsparte zuständig ist: „Bei Bewerbern achten wir immer stärker darauf, dass sie auch programmieren können.“
Eine Fähigkeit, die unter deutschen Absolventen offenbar selten ist: In einer aktuellen Umfrage der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group beklagen 56 Prozent der Teilnehmer einen Mangel an IT-Fachkräften. Befragt wurden die Mitglieder der Vordenker-Community, einer Gruppe von etwa 300 Nachwuchsführungskräften aus deutschen Unternehmen. Auch Daimler-Manager Stark gehört dazu. Generell haben die Vordenker eher geringes Vertrauen in die digitale Kompetenz des eigenen Unternehmens. Auf einer Skala von eins (sehr schlecht) bis fünf (sehr gut) bewerteten sie die digitalen Fähigkeiten ihres Arbeitgebers im Schnitt mit 3,3. Für die Zukunft sind Nachwuchskräfte sogar noch skeptischer: Die Fähigkeit, auch im Jahr 2020 noch erfolgreich zu sein, bewerteten sie mit einer 3,0. Auch weil sie an der firmeneigenen IT-Infrastruktur zweifeln, sagt BCG-Partner Rainer Strack: „Viele deutsche Unternehmen lassen sich nur schwer ins digitale Zeitalter führen.“
Umfrage: Welche Hindernisse sehen Sie beim digitalen Wandel?
Ein relativ geringer Anteil, aber immerhin sieben Prozent der Umfrageteilnehmer, nannten fehlende finanzielle Anreize als Hindernis für die Digitalisierung.
32 Prozent fürchten Risiken durch Cybercrime.
Etwas weniger, nämlich 59 Prozent der Befragten, sehen Problematiken in einer mangelnden Infrastruktur und IT-Ausstattung begründet.
77 Prozent der Befragten sehen die mangelnde Qualifikation der Mitarbeiter und / oder Führungskräfte als Hindernis im digitalen Wandel an.
Genau so viele Umfrageteilnehmer nannten mangelndes Verständnis für die Digitalisierung als Hemmnis.
Mangelnde Qualifikation von Mitarbeitern und Führungskräften einerseits, geringe Offenheit für neue Technologien andererseits – das sind aus Sicht der Umfrageteilnehmer die größten Hürden für den digitalen Wandel in Unternehmen. Und weil sie hierzulande nur schwer fündig werden, rekrutieren deutsche Konzerne verstärkt im Ausland. So hat beispielsweise Daimler Digitalzentren im Silicon Valley, in China oder in Israel aufgebaut. „Als globaler Konzern sind wir natürlich nicht nur auf den Standort Deutschland angewiesen“, sagt Stark. Doch bei allem Wettbewerb um junge Talente dürfe man die Stammbelegschaft nicht vernachlässigen: „Wir müssen unsere Mitarbeiter in das neue Zeitalter mitnehmen und für die Digitalisierung begeistern.“