Stellen wir uns vor, wir wollen die Intelligenz von Ratten testen und setzen sie hungrig in ein Labyrinth an dessen Ende ein Käsestückchen als Belohnung wartet. Wie schnell lernen die Ratten wohl, den richtigen Weg durch das Labyrinth zu finden? Genau diese Frage stellte sich der US-amerikanische Psychologe Clark L. Hull in den 1930er Jahren und machte eine spannende Zufalls-Beobachtung: Im Laufe der Zeit rennen die Ratten insgesamt zwar schneller durch das Labyrinth - haben also den Weg gelernt, aber während des Laufens verändern sie ihr Tempo.
Sie laufen relativ ruhig los und werden immer schneller und schneller je näher sie dem Ziel kommen. In einem anderen Experiment wurde den Ratten ein Geschirr angelegt und die Zugkraft gemessen, indem man sie an verschiedenen Punkten der Strecke stoppte. Kurz vor dem Ziel ist die Kraft am Größten.
Huskys machen es ähnlich: Sie ziehen ihren Hundeschlitten immer schneller und kraftvoller, je näher sie ihrem Heimatdorf kommen. Und Menschen? Menschen verhalten sich bezüglich der anvisierten Belohnung genauso: Sie werden mit wachsender Zielnähe schneller, schaffen mehr und bleiben länger dran - sie steigern sich demnach bezüglich der Zeit, der Quantität und der Beharrlichkeit der Anstrengung. Anregende Erkenntnis!
Diese Dinge auf der Arbeit können krank machen
Die Folgen von permanenten Überstunden können Angst, Depressionen, Schlafstörungen, Feindseligkeit, Irritation als auch Herz-Kreislauf-Schwäche sein. Vor allem Schichtarbeit erhöht laut Report das Risiko für einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall.
Die Initiative Gesund und Arbeit hat in ihrem Report untersucht, welche Faktoren auf der Arbeit möglicherweise krank machen können.
Wer wenig Handlungsspielraum bei der Arbeit hat, erkrankt laut Untersuchung mit höherer Wahrscheinlichkeit an Bluthochdruck. "Je geringer der Handlungsspielraum, desto höher der systolische Blutdruck", heißt es. Deshalb bewertet die IGA das Fehlen eines Handlungsspielraumes als Gesundheitsrisiko.
Wenn die Arbeitsbelastung über einen längeren Zeitraum enorm stark ausfällt, besteht laut Studie die Gefahr, dass Arbeitnehmer an psychischen Störungen oder Depressionen erkranken. Für somatische Erkrankungen sei kein Risikofaktor nachweisbar gewesen.
Mobbing, aber auch sexuelle Belästigungen führen möglicherweise zu Depressionen und Angstzuständen.
Mit sinkender sozialer Unterstützung steigt laut Report das Risiko für Depressionen.
Wer seine Rolle bei der Arbeit nicht genau kennt – oder aufgrund seiner Arbeitsrolle Konflikte austragen muss, hat laut Studie ein erhöhtes Risiko für Depressionen, Angst und Anspannung.
Dieses Modell beruht auf der Annahme, dass beruflicher Stress insbesondere dann entsteht, wenn der Arbeitnehmer gleichzeitig hohen Anforderungen und geringem Kontroll- und Entscheidungsspielraum ausgesetzt ist.
Die Folgen können psychische Erkrankungen, Bluthochdruck, Herzinfarkt und Diabetes sein.
Geforderte Verausgabung ohne Belohnung kann laut Report zu psychischen Beeinträchtigungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.
Pendler neigen laut Studie eher dazu, gestresst zu sein.
Befristete Verträge sowie Leih- und Zeitarbeit können zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führen. Das liegt laut Report daran, dass diese Arbeitnehmer das Leben nicht vorausschauend planen können, sich dem Unternehmen nicht zugehörig fühlen und meistens geringer entlohnt werden als andere Mitarbeiter.
Arbeitsplatzunsicherheit kann laut Untersuchung zu einem signifikant erhöhten Risiko von psychischen Beeinträchtigungen wie Angst, Depressionen und Stresserleben führen sowie zu kardiovaskulären Erkrankungen.
Autopilot auf der Zielgerade
Sie werden jetzt vielleicht einwenden, das läge nur an dem gesteigerten Gefühl, wirksam zu sein, aber dem ist nicht so: Es gilt auch, so eine Amsterdamer Forschergruppe in aktuellen Befunden, wenn wir, wie beim Glücksspiel etwa, gar nichts zum Erfolg beitragen können: Wir spielen gegen Ende hartnäckiger. Wir scheinen so etwas wie einen inneren Autopiloten zu haben, der uns auf der Zielgrade beschleunigt, fokussiert und willensstark werden lässt - einen Ziel-Gradienten.
Erklärt wird dies zum einen neurobiologisch: Verspricht eine Aufgabe erfolgreich zu werden ("Ich kann das schaffen" oder "Ich kann das gewinnen!") und Belohnung zu bringen ("Wie geil wird das denn?"), beginnt das Gehirn, den erregenden Neurotransmitter Dopamin auszuschütten, der ein tiefes Verlangen nach der erfolgreichen Bewältigung weckt. Dopamin ist das Motivationshormon schlechthin.
So stellen Sie fest, ob die Arbeitsqualität stimmt
Können die Beschäftigten Einfluss auf die Arbeitsmenge nehmen?
Ist es ihnen möglich, die Gestaltung ihrer Arbeitszeit zu beeinflussen?
Können sie ihre Arbeit selbstständig planen?
Quelle: Gute-Arbeit-Index 2015
Bietet der Betrieb berufliche Weiterbildungsmöglichkeiten?
Können die Beschäftigten eigene Ideen in ihre Arbeit einbringen? Ihr Wissen und Können weiterentwickeln?
Haben Sie Aufstiegschancen?
Gibt es Wertschätzung durch Vorgesetzte? Hilfe von Kolleginnen?
Ein offenes Meinungsklima? Wird rechtzeitig informiert? Planen die Vorgesetzten gut?
Wird Kollegialität gefördert?
Haben die Beschäftigten den Eindruck, dass sie mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten? Einen wichtigen Beitrag für den Betrieb?
Identifizieren sie sich mit ihrer Arbeit?
Wird am Wochenende gearbeitet? In den Abendstunden? In der Nacht?
Wird von den Beschäftigten erwartet, ständig für die Arbeit erreichbar zu sein?
Leisten sie auch unbezahlte Arbeit für den Betrieb?
Sind die Beschäftigten respektloser Behandlung ausgesetzt?
Müssen sie ihre Gefühle bei der Arbeit verbergen?
Kommt es zu Konflikten oder Streitigkeiten mit Kund/innen, Patient/innen, Klient/innen?
Muss in ungünstigen Körperhaltungen gearbeitet werden? Bei Kälte, Nässe, Zugluft?
Müssen die Beschäftigten körperlich schwer arbeiten?
Sind sie bei der Arbeit Lärm ausgesetzt?
Widersprüchliche Anforderungen und Arbeitsintensität?
Gibt es Arbeitshetze? Unterbrechungen des Arbeitsflusses? Schwer zu vereinbarende Anforderungen?
Werden alle arbeitswichtigen Informationen geliefert?
Müssen Abstriche bei der Qualität der Arbeitsausführung gemacht werden?
Wird die Arbeit leistungsgerecht bezahlt?
Hat das Einkommen ein Niveau, dass sich davon leben lässt?
Wird die Rente, die sich aus der Erwerbstätigkeit ergibt, später zum Leben reichen?
Gibt es ausreichend Angebote zur Altersvorsorge im Betrieb?
Werden Maßnahmen zur Gesundheitsförderung offeriert?
Werden Sozialleistungen geboten, z.B. Kinderbetreuung, Fahrtkosten- oder Essenszuschüsse?
Beschäftigungssicherheit / Berufliche Zukunftssicherung?
Sind die Beschäftigten in Sorge, dass ihr Arbeitsplatz durch technische Veränderungen oder Umstrukturierungen überflüssig wird?
Machen sie sich Sorgen um ihre berufliche Zukunft? Um den Arbeitsplatz?
Eine andere Erklärung kommt verhaltensökonomisch daher: Wir haben ja im Laufe der Tätigkeit schon einiges an Zeit, Emotion und Kraft investiert und mit wachsender Investition steigt der Wille, dass Ziel tatsächlich zu erreichen. Die Vorleistung soll sich lohnen! - ansonsten hätten wir ja bisher nur Energie verschwendet.
Lover, Arbeitgeber und Low-Balls
Und so raten Flirtcoaches im Netz immer wieder schlicht dazu, Singles sollten evtl. interessante Partner/innen erst einmal etwas investieren lassen, bevor sie zum Zuge kommen, denn der Wille zum Beziehungserfolg wächst mit steigenden Investitionen an Zeit, Geld und Gefühl ("Lassen Sie den Anderen die Steaks zum ersten Date mitbringen oder lassen Sie ihn erstmal Ihre neue Lampe aufhängen - der Heißbegehrte soll in Ihre gemeinsame Zeit investieren!"
Ähnliches gilt bei Verhandlung. Es scheint gang und gäbe, den Verhandlungspartner in langen Gesprächen zur Zeit-Investition zu verführen und schließlich - wenn das Ziel in Sichtweite ist - auf der letztendlichen Zielgerade schnell noch eine letzte Forderung nachzuschieben, von der bisher nur am Rande die Rede war ("Wenn wir uns nun noch bei dem Gehalt auf xy einigen können, könnte ich zum 01.07. anfangen!").
Als "Low-Ball-Technik" bezeichnen Sozialpsychologen diese Strategie: Die Zielperson wird zu einem generellen "Ja" bzgl. eines Produkts oder Bewerbers gebracht, kommt auf der Zielgerade so richtig in Fahrt und im letzten Moment fällt noch ein klitzekleiner "Preisaufschlag" an, der im Eifer des in Sichtweite befindlichen finalen "JAs", wie ein tiefer Ball durch die Beine rollt und dann eben noch "mit durchgeht" - weil wir ja nun schon so weit fortgeschritten sind auf dem Weg zum Wollen. Der Rest geht dann eben auch noch.
Was wir tun können
Motivation wird frei, wenn wir uns ein Ziel setzen, denn Motivation ist im Grunde die Zielspannung selbst, und der Wille zur Zielerreichung nimmt im Laufe des Prozesses zu. Wir sollten also einfach anfangen und uns bestärken, indem wir uns, selbst wenn die Aufgabe noch so öde oder anstrengend ist, klarmachen: Am Ende wird es voraussichtlich leichter. Wer anfängt hat eine gute Chance, dass das Tempo, der Output und der Wille im Laufe des Arbeitsprozesses wachsen. Motivation kommt zu dem, der sie ruft. Motivation verstärkt sich, je näher wir dem Ziel kommen!
Während des Arbeitsprozesses scheint es demnach hilfreich, immer mal wieder kurz auf den geschafften Weg zu rekrutieren: "Jetzt bin ich schon so und so weit gekommen, es geht voran!" - und sich selbst die zentrale, energetisierende Frage zu stellen: "Wo habe ich seit vorhin (gestern, letzter Woche) einen Fortschritt gemacht?". Und für Gruppen entsprechend: "Wo haben wir ..."
Liegen wir also in den letzten Zügen einer Präsentationsvorbereitung, einer Projektplanung oder einer anderen zielführenden Tätigkeit, so ist absolute Störungsfreiheit das Mittel der Wahl: kein Handyanruf, keine Nebengespräche, keine aufpoppenden Mails. Falls Sie aber Musik bei der Arbeit mögen: Das gemäßigte, mittlere Tempo und die gedämpfte Lautstärke der Barockmusik (Bach: Cellosuiten!) hat sich in empirischen Studien als konzentrationsfördernd erwiesen. Bach, Händel und Vivaldi scheinen nicht zu stören, sondern zu helfen.
Überhaupt scheinen Musiker ihre ruhige Vertiefung hartnäckig zu verteidigen: Über Ludwig van Beethoven ist bekannt, dass er in wütende Raserei verfiel, wenn man ihn bei der Arbeit störte.
In diesem Sinne auch Freddie Mercury rund 200 Jahre später: Don't stop me now - cause I'm having a good time!
Having a good time! Don't stop me now!