
Strengen Sie sich richtig an? Herausforderungen anzunehmen ist wichtig für unsere persönliche Weiterentwicklung und für unseren Lebenserfolg. Wir fühlen uns wohl, wenn wir auf die richtige Art und Weise gefordert sind. Und wenn wir uns wohl fühlen, leisten wir, was wir wollen und sollen – ganz ohne gestresst zu sein. In der besten Absicht, das Maximum aus unserem Leben herauszuholen, landen wir jedoch oft in der Anstrengungsfalle. Und wer ständig nur „höher-schneller-weiter“ will, ist schnell verbraucht und einsam.
Fakt ist im Augenblick noch, dass wir uns bei der Arbeit zu viel und auf die falsche Weise anstrengen, nämlich gegen uns statt für uns - und im Privatleben zu wenig auf die richtige. Da wir uns den ganzen Tag überfordern haben wir abends keine Kraft mehr für gesundes Kochen, Ausgleichssport oder das Treffen mit Freunden, was Stress abbauen würde.
So unterschiedlich reagieren wir auf Stress
Stressforscher schätzen, dass Stressanfälligkeit zu 30 Prozent genetisch bedingt ist.
(Quelle: Lothar Seiwert, Zeit ist Leben, Leben ist Zeit)
Frauen, die während der Schwangerschaft hohe Cortisolwerte aufweisen, bekommen stressanfälligere Babys.
Traumatische Erlebnisse in den ersten sieben Lebensjahren, der Zeit der Entwicklung der Identität, können lebenslänglich stressanfälliger machen.
Erfolgsorientierte, ehrgeizige, sehr engagierte, ungeduldige und unruhige Menschen sind besonders stressanfällig.
Feindseligkeit, Zynismus, Wut, Reizbarkeit und Misstrauen erhöhen das Infarktrisiko um 250 Prozent. Humor hingegen zieht dem Stress den Stachel. Eine Studie an 300 Harvard-Absolventen zeigte: Menschen mit ausgeprägtem Sinn für Humor bewältigen Stress besser.
Der wichtigste Faktor, der über Stressanfälligkeit bestimmt, ist die Kontrolle über das eigene Tun. Je mehr man den Entscheidungen anderer ausgeliefert ist, desto höher das Infarktrisiko.
Wer für seine Arbeit Anerkennung in Form von Lob oder einem angemessenen Gehalt bekommt, verfügt über eine bessere Stressresistenz.
Wer eine gute Stellung in der Gesellschaft hat, verfügt auch über einen Panzer gegen Stress. Das ist auch bei Pavianen zu beobachten: Gerät das Leittier durch einen Konkurrenten in eine Stresssituation, schnellt der Cortisolspiegel hoch, normalisiert sich aber rasch wieder. Bei den Rangniedrigeren ist der Cortisolspiegel ständig erhöht.
Einer der stärksten Stresskiller ist das Gebet. Studien belegen: Der Glaube an eine höhere Macht, die das Schicksal zum Guten wenden wird, beugt vielen Krankheiten vor.
Anstrengung ist nicht per se schlecht: Unser Gehirn ist gemacht für Lernen, Spielen, Herausforderungen, Lösungen. Deshalb erleben wir manchmal bei anspruchsvollen Aufgabe einen als Flow bezeichneten Zustand. Den erreicht man jedoch nur durch Anstrengung. In diesem Zusammenhang eine positive Anstrengung. Wir fühlen uns gut, wenn wir abends nach Hause kommen.
Auch Anstrengungen, die zu einem Ergebnis führen, fühlen sich gut an. Andersrum merkt sich unser Gehirn Dinge besonders gut, die unerledigt sind. Das ist der sogenannte Zeigarnik-Effekt. Nach übervollen Tagen, an denen wir von einer Aufgabe zur nächsten springen und nichts erledigt bekommen, spüren wir die Anstrengung deutlich - und sind unzufrieden.
Wer nicht aufpasst, läuft allerdings Gefahr, sich zu überfordern. Die sichersten Wege in die Überanstrengung sind diese:
- Sie setzen Leistung vor Wohlbefinden
- Sie vergessen, sich einen Ausgleich zu schaffen
- Ihr Wohlbefinden ist von äußeren Einflüssen abhängig
- Sie haben das Gefühl, sich Wohlbefinden erst verdienen zu müssen
Mit folgenden Maßstäben bewerten Sie Anstrengung als nützlich oder schädlich:
Bringt sie Freude, Wachstum und einen Lerneffekt? Oder strengen Sie sich - beruflich und privat - so an, dass sie immer schlapper und unzufriedener werden?