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Gefährliche Instinkte "Fehler einzuräumen, gleicht einem Todesurteil für die Karriere"

Wir alle machen Fehler – sogar öfter, als wir glauben, sagt der US-Autor Joseph T. Hallinan. Im Interview erklärt er, warum das so ist und wie wir mit simplen Mitteln, schwer wiegende Fehler vermeiden können.

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US-Autor Joseph T. Hallinan beschreibt in seinem neuen Buch, wie wir besser mit eigenen Fehlern umgehen lernen Quelle: Andrew Collings

WirtschaftsWoche: Herr Hallinan, wir sind die bestinformierte Generation seit Menschengedenken. Warum läuft trotzdem so viel falsch?

Josepf T. Hallinan: Mehr Informationen führen nicht zwangsläufig zu besseren Entscheidungen. Der amerikanische Forscher Paul Slovic hat das schon vor Jahren anhand von Pferdewetten bewiesen. Je mehr Informationen die Buchmacher über Pferde und Jockeys im Vorfeld eines Rennens bekamen, desto größer wurde ihre Zuversicht, den richtigen Tipp abzugeben. Am Ende waren ihre Wetten aber genauso falsch wie die ihrer schlechter informierten Kollegen. Wenn wir uns mit Informationen überladen, machen wir das im Wesentlichen nur, um uns besser zu fühlen.

Halten Sie jetzt dasselbe Plädoyer für Intuition wie schon Autoren vor ihnen?

Gewiss nicht. Was als Intuition beschrieben wird, ist in Wirklichkeit häufig Erfahrung. Als etwa Chesley Sullenberger neulich seinen Airbus auf dem New Yorker Hudson River notlandete, musste er viele Entscheidungen in kurzer Zeit treffen – und machte es perfekt. Viele Leute sagten nachher, das sei Intuition gewesen. Ich würde eher sagen, es war angewandte Expertise. Studien zeigen, dass Experten über eine große Datenbank im Gehirn verfügen und dieses Wissen schnell abrufen können.

Aber das berühmte Bauchgefühl...

...ist häufig irreführend. Viele Studenten bleiben in Tests bei ihrer ersten Antwort, weil man ihnen immer wieder rät, ihrem Instinkt zu folgen. Acht Jahre Forschung haben aber das Gegenteil bewiesen: Mit seiner zweiten Vermutung liegt man häufiger richtig. Doch die menschliche Psyche zieht es vor, Fehler zu machen, indem man nichts tut, als dadurch, dass man etwas tut. Darum bleiben wir häufig bei unserer ersten Wahl. Wir fühlen uns dadurch weniger verantwortlich.

Warum fällt es so schwer, einen Fehler zuzugeben?

Eine Wissenschaftlerin an der Stanford Universität hat das kürzlich untersucht. Sie fand heraus, dass die Unfähigkeit, Fehler zu tolerieren, eng verbunden ist mit der Vorstellung von fixer Intelligenz – also der Idee, dass man von Natur aus entweder ein schlauer Mensch ist oder ein dummer.

Wer einen Fehler zugibt, entlarvt sich also als Niete?

So könnte man es auch sagen. Einen Fehler einzuräumen, gleicht in vielen Firmen einem Todesurteil für die Karriere. Nehmen Sie dagegen Warren Buffett: Viele sagen, er sei der klügste Investor aller Zeiten. Dabei geht er völlig unverblümt mit seinen Fehlern um. In seinen jährlichen Briefen an die Teilhaber sagt er offen, wenn er einen Fehler gemacht hat, was für ein Fehler es war und warum er ihn gemacht hat. Das finde ich brillant. Viele Firmenchefs gehen nicht so freimütig mit ihren Fehlentscheidungen um. Darum lernen sie oft auch nichts aus ihren Fehlern.

Wie gut stehen denn die Chancen, dass wir künftig Fehler besser vermeiden?

Wenn wir Arbeitsabläufe regelmäßig überprüfen, zum Beispiel durch Checklisten, können wir viele kleine Fehler verhindern. Ich persönlich nutze diese Listen jetzt viel öfter.

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