Gehaltstest Verdienen Sie, was Sie verdienen?

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Was noch schwerer wiegt: Durch die hohe Inflationsrate bleibt am Schluss selbst von geringen Erhöhungen nichts mehr übrig. Viele werden gegen Ende des Jahres unter dem Strich weniger Geld zur Verfügung haben.

Experten gehen deswegen auch nicht davon aus, dass sich das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen bald ändert. Am schlimmsten sind die Unterschiede laut Statistischem Bundesamt bei freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen – hier kommen Frauen auf 34 Prozent weniger Bruttolohn.

Beim Anblick solcher Zahlen wird Marie Eve Schröder immer wieder bewusst, wie gut sie es hat. Die gebürtige Französin lernte ihren deutschen Ehemann einst während des Wirtschaftsstudiums in Lyon kennen und ging mit ihm nach Deutschland. Seit 2007 arbeitet die 39-Jährige beim Düsseldorfer Konsumgüterkonzern Henkel, zuvor war sie im Marketing des Haarpflegeunternehmens Wella in Darmstadt.

Der Jobwechsel hat sich gelohnt. Sie hat es inzwischen zur Marketingdirektorin gebracht und leitet ein Team von zwölf Mitarbeitern. Nur der französische Akzent ist ihr geblieben, sie nennt ihren Arbeitgeber immer „Enkel“. 

Lohnender Wechsel

Ihr Gehalt kann sich sehen lassen: Etwa 150 000 Euro verdient sie pro Jahr, dazu bis zu 40 Prozent variabel. Im Optimalfall sind für Mitarbeiter in ihrer Position bei Henkel über 200 000 Euro drin – und zwar unabhängig vom Geschlecht.

„Natürlich weiß ich, dass viele Frauen in der gleichen Position weniger verdienen als Männer – aber in unserer Branche ist das nicht der Fall“, sagt Schröder.

Sie wirkt nicht so, als wollte sie ihr Einkommen in nächster Zeit noch einmal nach oben verhandeln. Vielleicht auch deshalb, weil sie sich noch genau an ihren ersten Gehaltsscheck erinnert: Als Angestellte eines mittelständischen Unternehmens verdiente sie 1993 gerade mal 28 000 Euro.

Die Ingenieurin Anna Kliewer hört sich da schon wesentlich entschlossener an. „Wenn alles gut läuft, steht bald noch einmal eine Gehaltserhöhung an“, sagt die 27-Jährige.

Mit diesem Selbstbewusstsein ist sie in diesen Zeiten in der Minderheit. Zu Unrecht, findet der Gehaltscoach Martin Wehrle. Niemand bekomme heute noch mehr Geld, nur weil er eine bestimmte Zahl von Dienstjahren abgesessen hat.

„Das Gießkannenprinzip hat ausgedient“, sagt Wehrle. Leistungsträger hingegen hätten gute Aussichten, gerade in der Krise seien die Unternehmen mehr denn je auf ihre Spitzenkräfte angewiesen. Und deshalb sinken auch die Durchschnittsgehälter – während die der Manager weiter steigen: „Spezialisten werden momentan bevorzugt behandelt“, bestätigt auch Marco Reiners von Hewitt Associates. Sie können je nach Branche mit bis zu fünf Prozent mehr Gehalt rechnen. Dies betrifft neben Unternehmensberatungen und Banken vor allem die Finanzbranche und Softwarekonzerne.

Zwar raten Experten davon ab, unbedingt auf mehr Gehalt zu pochen. Ebenso falsch sei es jedoch, stillzuhalten. Wer Sparrunden einfach nur stumm hinnimmt, gilt irgendwann „als Leistungsschwächling“, warnt Wehrle.

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