




Was ist Arbeit, was ist Freizeit? Oft wissen wir das selbst nicht mehr. Beides verschmilzt: Das ist das Phänomen des Work-Life Blending. Die Megatrends Digitalisierung und Globalisierung führen zu einer zunehmenden Entgrenzung von Arbeitszeit und dem Ort. Im Zeitalter der Wissensarbeit findet Arbeit oft online statt. Wir alle sind in einem digital geprägten Lebensstil vermehrt mit der Erwartung konfrontiert, permanent online, permanent vernetzt und permanent bei der Arbeit sein zu müssen.
So hat eine Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im letzten Jahr ergeben, dass in Deutschland über 1,8 Millionen Überstunden geleistet werden. Außerdem wird die Arbeitswelt unsicherer für junge Menschen: Sie bekommen nur noch befristete Arbeitsverträge und haben das Gefühl, schneller laufen zu müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Leistungsdruck ist hoch – und fängt schon in der frühen Kindheit an.
Der deutsche Soziologe Hartmut Rosa warnt deshalb auch vor einem kollektiven Burn-Out der modernen Gesellschaft. Während wir und die Gesellschaft immer schneller werden, verlieren wir die emotionale Bindung und wirkliche Beziehung zu Erfahrungen und Erlebnissen.
Zur Person
Steffi Burkhart ist Jahrgang 1985 und gehört zur Generation Y. Sie ist professionelle Speakerin, Beraterin und Autorin zum Thema Generation Y.
Diese Beschleunigung auf allen Ebenen führt dazu, dass uns auch in der Freizeit die Zeit knapp wird. Wie wir damit umgehen, ist aber vollkommen unterschiedlich. Die Bandbreite zwischen dem Wunsch nach einer strikten Trennung von Arbeitszeit und Freizeit oder deren absoluten Verschmelzung, ist vielfältig.
Individualisierung führt zu vollkommen unterschiedlichen Wünschen, Bedürfnissen und Lebensläufen. Das heißt: Am Ende des Tages ist für junge Menschen ausschlaggebend, dass sie Arbeitszeit und Freizeit so autonom wie möglich planen können. Die Frage wird nur sein: Können Sie es auch? Eher nicht.
Drei Ebenen der Beschleunigung
Beschleunigter Transport von A nach B. Auch die Kommunikation ist beschleunigt, durch das Internet. Und digital sind Produkte häufig schneller verfügbar als analog. So können wir uns heute über Online-Buttons innerhalb von einer Minute Tickets kaufen, Bücher aufs Tablet laden oder Filme downloaden. Gleichzeitig chatten wir mit Freunden über WhatsApp – E-Mails sind schon zu langsam ... Diese zunehmende Geschwindigkeit erwarten wir überall.
Junge Menschen sind zunehmend bereit (oder müssen es schlichtweg), ihren Job, Wohnort und Freundeskreis zu wechseln – und das mit einer Frequenz, wie sie früher undenkbar war.
Wir versuchen, mehr Dinge in kürzerer Zeit zu tun – Schlaf in Form von Power Naps, Fast Food und Multitasking sind nur einige Beispiele. Und wir beobachten auch immer mehr, dass die Interaktionsfrequenz massiv ansteigt.
Viele Unternehmen versuchen, junge Menschen in ein Work-Life Blending Modell zu locken: Frisöre, Ärzte und Fitnessstudios die Büroarchitektur und Dienstleistungen passen sich immer mehr einer Work-Life Blending Atmosphäre an. Und mit Flexibilisierungsmodelle hinsichtlich Arbeitszeit und Ort wird jungen Menschen ein hoher Freiheitsgrad an Selbstbestimmung „vorgegaukelt“.
Am Ende siegt die Fremdausbeutung über die Selbstbestimmung. Naja, nicht immer. Es gibt auch Unternehmen, die jungen Menschen mit attraktiven Modellen zur besseren Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit entgegenkommen.