Wenn das Glück Ihrer Meinung nach so viele Facetten hat – ist es überhaupt definierbar?
Ich bin überhaupt kein Fan von Definitionen, sondern der Meinung, dass Glück nicht pauschal beschreibbar ist. Jeder hat sein eigenes Glücksrezept. Ein Pauschal-Rezept gebe ich nicht raus.
Gibt es nicht dennoch Zutaten, die in jedes Rezept gehören?
Gewisse Grundbausteine müssen natürlich gegeben sein, um glücklich zu werden: ein gewisses Maß an Sicherheit, eine finanzielle Absicherung sowie ein intaktes soziales Umfeld. Die Zutaten, die darüber hinausgehen, sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Sie hängen nämlich von den individuellen Bedürfnissen und Erfahrungen des Einzelnen ab.
Woher weiß der Einzelne, wie sein individuelles Glücksrezept aussieht?
Um das herauszufinden, ist Voraussetzung, dass der Einzelne Lust dazu hat, sich selbst besser kennenzulernen. Das fängt im Kleinen an: Man achtet mehr auf Kleinigkeiten im Alltag, macht sie anders, probiert mal etwas aus – im zwischenmenschlichen Bereich, aber auch sich selbst gegenüber. Das ist bildlich gesprochen ein fortlaufender Weg, den man geht, auf dem man ab und zu mal nach links und rechts schaut, eine andere Richtung einschlägt – auch wenn sich diese im Nachhinein als falsche herausstellt. So kann sich jeder herantasten an das, was ihn glücklich macht – und was vielleicht weniger.
Wie merkt man, dass man auf dem richtigen Weg ist?
Viele kleine Momente lassen Menschen spüren, dass sie glücklich sind. Sie denken danach "Das hat mir gut getan" oder "Das möchte ich unbedingt mal wiederholen". Dabei geht es nicht darum, das große, erleuchtende Glück zu finden – wie es bei der Selbstoptimierung der Fall ist. Wer Selbstreflexion walten lässt, merkt, dass er meist gar nicht so viel braucht, um glücklich zu sein.
In Zeiten der Flüchtlingskrise und des Terrors bekommt man schnell den Eindruck, dass immer mehr Menschen unzufrieden sind. Was ist dran an diesem Eindruck?
Natürlich nehmen die meisten Menschen momentan eher das Negative wahr. Wegen moderner Medien ist es heute möglich, schneller an Informationen zu gelangen und sich auszutauschen, sodass sich die Gemüter heute schneller erhitzen. Früher schaute man einmal pro Tag in die Zeitung.
Auf der anderen Seite beobachte ich aber auch, dass die Menschen heutzutage unfassbar dankbar für positive Nachrichten sind und sich freuen, wenn sie etwas Gutes tun können. Deshalb ist es wichtiger denn je, in dieser schwierigen Zeit öffentlich auch über das Glück zu sprechen.