Aerones Haniel investiert in Climatetech-Start-up: Alles für die Enkel

Ziel vom Tech-Start-Up Aerones ist es, Roboter für schnellere, sicherere und effizientere Wartungsarbeiten an Windturbinen zu entwickeln. Quelle: PR, Aerones

Der Duisburger Mischkonzern Haniel steigt zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres bei einem jungen Climatetech-Unternehmen ein. Das Investment zeigt, wie schwer sich große Konzerne mit ihrer Start-up-Strategie tun.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Frischer Wind für die Windkraftwartung: Der Duisburger Mischkonzern Haniel führt gemeinsam mit dem Risikokapitalgeber Lightrock eine neue 28-Millionen-Euro-Finanzierungsrunde für das Start-up Aerones an. Das lettische Team entwickelt eine Reihe von Robotern, die die Wartung und Reinigung von den hoch aufragenden Windenergieanlagen erleichtern soll – bislang ein riskantes und kostspieliges Unterfangen. Aerones wurde zuvor durch das renommierte US-Förderprogramm Y-Combinator unterstützt.

Das 2015 gegründete Start-up ist seit einigen Jahren bereits für Anlagenbauer und Betreiber wie GE, Vestas, Enel oder Siemens Gamesa tätig. Die Nachfrage hätte sich im vergangenen Jahr verdreifacht, meldet Aerones. Mit der Finanzierungsrunde will das Team aus Riga nun die Entwicklung beschleunigen, mehr Roboter auf den Markt bringen und in Afrika und Australien aktiv werden.

Neuer Fokus

Parallel positionieren sich die neuen Geldgeber mit der Beteiligung. Man wolle das Start-up „unterstützen, indem wir sowohl unsere Erfahrungen als auch unser Netzwerk einbringen“, sagt Philipp Göhre, der den Bereich Wachstumskapital bei Haniel verantwortet. Das Investment passe perfekt zum Climatetech-Fokus des Mischkonzerns, der zuletzt mit mehr als 20.000 Mitarbeitern etwa 3,6 Milliarden Euro umsetzte. Immer stärker rückt dabei das Schlagwort „enkelfähig“ in den Vordergrund. Die 1756 gestartete Unternehmensgruppe setzt öffentlichkeitswirksam auf nachhaltige Investments, schon auf der Homepage drehen sich Rotorblätter im Wind.

Die jetzt verkündete Beteiligung zahlt dabei auf die Strategie ein, die der Duisburger Konzern vor etwa einem Jahr noch einmal geschärft hatte: Vor knapp drei Jahren hatte Haniel bereits 500 Millionen Euro – zehn Prozent des gesamten Investitionsvolumens – reserviert, um sich an Risikokapitalfonds und einigen Start-ups zu beteiligen. Ende 2021 kamen noch einmal 100 Millionen für Direktinvestments dazu. Im Fokus stehen nun ausschließlich Techfirmen, die sich konkret mit dem Klimaschutz auseinandersetzen.

Hin und Her bei Haniels Start-up-Strategie

Die Entwicklung bei Haniel zeigt zwei Dinge: Zum einen tun sich sogar große Konzerne häufig schwer, eine Start-up-Strategie am Reißbrett zu konzipieren. Der Mischkonzern war im Vergleich zu anderen etablierten Unternehmen früh in dem Bereich aktiv – doch zielte zunächst auf ganz unterschiedliche Sparten. Bereits im Frühjahr 2020 übernahmen die Duisburger die Mehrheit am digitalen Matratzendirektvertrieb Emma, ein paar Monate später stiegen sie beim Vertical-Farming-Pionier Infarm ein, bald danach steckten sie Geld in die Schulorganisations-App Sdui.

Der neue Schwerpunkt auf den Klimastern soll nun dazu führen, dass sich das Investmentteam nicht mehr in zu viele verschiedene Geschäftsmodelle und Themen eindenken muss: „Wir sind nun fokussierter geworden bei der Auswahl – aber der Bereich Climatetech ist ja für sich noch breit genug“, sagt Göhre. Im April 2022 setzte das Haniel-Team die erste Marke: Seite an Seite mit internationalen Risikokapitalgebern beteiligte sich der Mischkonzern an 1komma5°. Das Start-up kauft Installationsbetriebe für erneuerbare Energien im Eiltempo zusammen.

Zum anderen muss Haniel selbst zur Marke werden, um als Investor ernstgenommen zu werden. Dafür setzt der Konzern, der sich in Familienhand befindet, vor allem auf einen langen Atem. Schritt für Schritt hat sich das Investmentteam vorgearbeitet. Zunächst wurde vor allem Geld in andere Fonds gesteckt. „Fondsinvestments bilden nach wie vor den Großteil des Investitionsvolumens ab“, sagt Göhre, „Dies hilft uns auch, besseren Zugang zu möglichen direkten Folgeinvestitionen zu bekommen.“ Ein typischer Weg für Konzerne: An breit aufgestellten Frühphaseninvestoren wie dem High-Tech-Gründerfonds haben sich mehr als 40 Unternehmen beteiligt. Sie setzen darauf, so ein Gefühl für Investitionen zu bekommen und ein besseres Netzwerk innerhalb der Start-up-Szene aufzubauen.

Geduld beim Umbau des Portfolios

Um sich dann bei umschwärmten Gründerteams durchzusetzen, werfen die Investmentmanager aus Duisburg die Besonderheiten von Haniel ins Rennen: Angestrebt werden zwar überdurchschnittliche Renditen, aber die müssten nicht zwangsläufig innerhalb weniger Jahre erwirtschaftet werden. „Unsere Struktur erlaubt es uns, einen längeren Atem zu haben“, sagt Göhre. Daneben sieht der Investmentmanager, der sich seit mehr als einem Jahrzehnt um verschiedene Beteiligungen von Haniel kümmert, die unterschiedlichen Tochterfirmen als Vorteil: „Wir können jungen Unternehmen ein großes Netzwerk mit möglichen Kundenkontakten bieten, das ist bei dem einen oder anderen Gespräch sehr hilfreich.“ Gleichzeitig will Haniel auch künftig vor allem als Co-Investor fungieren. Bei der Beteiligung an Aerones ist mit Lightrock auch ein Finanzinvestor dabei, der zur liechtensteinischen Bank LGT gehört.

WiWo Coach Gesetzliche Rente oder Versorgungswerk – was ist besser?

Als Anwalt kann unser Leser bei der gesetzlichen Rentenversicherung oder einem Versorgungswerk einzahlen. Was lohnt eher? Rentenberater Markus Vogts antwortet.

Abwanderungswelle bei Sixt „Es beiden recht zu machen, ist eine unlösbare Aufgabe“

Der robuste Führungsstil von Sixt-Gründer Erich Sixt war legendär. Seine Söhne übertreffen ihn wohl noch. Die Abgänge häufen sich. Der Digitalvorstand ist schon weg, ein Finanzchef wird mal wieder gesucht.

Biontech „Das würde ein neues Zeitalter in der Krebstherapie einleiten“

Biontech arbeitet an über zwanzig Medikamenten gegen Krebs. Der Mediziner und Fondsmanager Markus Manns erklärt, wo es Hoffnung gibt, welche Präparate die besten Chancen haben – und wo es noch hakt.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Im Idealfall ergänzen, erweitern oder ersetzen Start-up-Beteiligungen nach einiger Zeit das Geschäft von Konzernen. Bei Haniel stammen die Erlöse heute aktuell etwa von dem Reinigungsspezialisten CWS, dem Büroausstatter Takkt oder der Beteiligung an Ceconomy. Climatetech aber solle mittelfristig in Haniels Kernportfolio eine größere Rolle spielen, betont Göhre. Das Wachstumskapitalteam bereitet den Weg: „Die Branche ist jedoch insgesamt noch jung“, sagt Göhre. „Wer als Investor dort teilnehmen möchte, sollte bereits jetzt einen Fuß in die Tür bekommen. Investitionsentscheidungen treffen wir deshalb auch unabhängig von Perspektiven im Kernportfolio.“

Lesen Sie auch: Wer ein Unternehmen gründen will, braucht tiefe Taschen

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%