Auto1-Mitgründer Christian Bertermann Auto kaufen? „Wir machen das online – und zwar besser als alle anderen“

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„Im Jahr 2000 hat man ja auch überlegt, ob jemand ein Buch online kaufen würde.“

Trotzdem dürfte es für viele Kunden zunächst wie ein neuer, deutlich kleinerer und darum weniger interessanter Wettbewerber von Mobile.de und Autoscout24 aussehen.
Wir stehen im Wettbewerb mit anderen, die ihre Angebote über diese Portale vermarkten. Und natürlich können wir ein Auto nur dann verkaufen, wenn es die richtige Qualität und genau die Wunschausstattung zum richtigen Preis bietet. Wir arbeiten jeden Tag daran, das zu optimieren: Welche Autos werden nachgefragt? Wo muss das Fahrzeug stehen, in welchem Zielmarkt brauche ich welche Autos? Können wir den Bestand in Regionen optimieren, wo mehr Bedarf herrscht, so dass die Lieferzeit verkürzt wird?

Und? Können Sie?
Wir haben die beste Ausgangsposition, um dieses Geschäft enorm auszubauen. 2019 haben wir 615.000 Fahrzeuge in 30 Märkten in ganz Europa verkauft. Im Hintergrund arbeiten wir europaweit mit über 150 Logistikzentren mit riesigen Lagerflächen zusammen. Dort werden wir auch unsere Autohero-Fahrzeuge lagern können. Damit sind wir schon relativ nah an den Kunden dran. Von dort werden wir die letzte Meile selbst machen – mit unseren eigenen Trucks und unseren eigenen Fahrern. Dafür haben wir haben einen coolen Truck bauen lassen: Der hat auf der Ladefläche eine gläserne Box, in der transportieren wir das Auto – sauber und trocken, und es sieht spektakulär aus. Das ist wie das Matchbox-Auto in der Verpackung, das wir noch aus der Kindheit kennen.

Solche Lastwagen sind sicher nicht günstig. Das soll sich auszahlen?
Diese Trucks kosten 125.000 Euro, damit werden normalerweise Ferraris transportiert. Aber die Auslieferung ist ein ganz wichtiger Teil unseres Modells, denn sie ist der erste physische Berührungspunkt unserer Kunden mit Autohero. Je mehr von diesen Trucks wir in europäischen Städten rumfahren lassen, desto klarer wird, dass der Autokauf online bei Autohero eine echte Alternative ist. Und dann können wir das alte Auto des Käufers gleich wieder mitnehmen. Im Kaufprozess bauen wir gerade ein entsprechendes Angebot für Inzahlungnahme ein. Das zusammen schafft eine einzigartige Kundenerfahrung.

Ein Auto online zu kaufen, ohne es vorher angefasst oder Probegefahren zu haben, ist etwas anderes als, sagen wir, ein Buch online zu kaufen.
Wir verkaufen ja bereits seit vielen Jahren Autos online an Händler und auch Privatkunden. Auf Auto1.com sieht kein einziger Händler seinen Wagen, bevor er ihn kauft, oder fährt ihn Probe. Die Händler vertrauen uns, dass sie genau das bekommen, was sie online gesehen haben. Und genau das machen wir jetzt auch verstärkt mit Endkunden. Am Anfang haben wir uns natürlich gefragt, ob jemand einen Gebrauchtwagen online kauft? Die Frage ist längst beantwortet. Im Jahr 2000 hat man ja auch überlegt, ob jemand ein Buch oder einen Kühlschrank online kaufen würde. Nach Büchern kam Elektronik, dann Schuhe und Kleidung, in jüngerer Zeit Möbel – überall dort gibt es heute einen hohen Anteil an Online-Käufen. Wir schätzen, dass der Online-Anteil im europäischen Gebrauchtwagenmarkt dagegen immer noch bei unter 1 Prozent liegt, obwohl es sehr aufwendig ist, ein Auto offline zu kaufen. Genau da sehen wir großes Potential für Autohero.

Wie ersetzen Sie die Probefahrt?
Zunächst einmal steht Kunden ein 14 Tage Rückgaberecht zu. Aber auch schon vor dem Kauf ist das richtige Kundenerlebnis entscheidend: Auf Anzeigenportalen finde ich meist nur schöne Bilder von diesen Autos. Ich kann aber nicht alles sehen: Ist etwa die Mittelkonsole verkratzt? Aber natürlich wollen viele Kunden genau diese Details vorher sehen, und das ist ja auch total verständlich. Wenn ich mir den Wagen im Autohaus anschaue, kann ich den Kratzer ja auch sehen. Wir zeigen all diese kleinen Makel, die der Wagen vielleicht hat, online. Das heißt, dass wir bei Autohero das Auto ganz anders aufnehmen und fotografieren müssen, als der traditionelle Händler es machen würde. Gleichzeitig bieten wir eine 360-Grad-Perspektive im Innenraum, so dass man sich auch virtuell hineinsetzen kann.

Das klingt nach sehr viel Aufwand. Zahlt das der Kunde drauf?
Wir können es uns ja gar nicht erlauben, teurer zu sein als andere. Das Schöne für den Kunden ist doch die absolute Preistransparenz in diesem Markt. Unsere Autos müssen kompetitiv sein, sonst wird sie der Kunde nicht kaufen.

Aber wie rechnet sich das dann für Sie?
Es rechnet sich langfristig. Die Idee, dass man da direkt mit Gewinn startet, ist falsch. Wir werden signifikant in die Marke investieren, auch in die Infrastruktur und den Lieferprozess. Das sind große Beträge. Wir sind sehr dankbar, dass unsere Investoren bereit sind, diese Vision zu unterstützen. Und man sieht in den USA bei vergleichbaren Playern wie Carvana oder Carmax, dass in diesem Geschäft langfristig durchaus interessante Margen drin sind.

Was heißt langfristig?
Das werden schon ein paar Jahre sein.

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