Boom dank Corona Der Angriff der Firmen-Facebooks

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Schneller Erfolg ist nicht garantiert

Das Kalkül der Anbieter: Wer in Homeoffice-Zeiten die zielgerichtete Kommunikation mit seinen Mitarbeitern zu schätzen lernt, kündigt die Software nicht, wenn alle wieder ins Büro zurückkehren dürfen. „Angestellte haben immer zu viele Informationen“, sagt LumApps-Gründer Mélois, „die Programme helfen dabei, dass sie nur die für sie relevanten Nachrichten erhalten.“ Dabei warnen sogar die Start-ups selbst davor, nach der Krise auf den automatischen Erfolg der sozialen Netzwerke zu bauen. „Die Plattform hinstellen, eine Rundmail schreiben und gut ist – diese Illusion kann ich jedem nehmen“, sagt Marquardt.

Außerhalb von Krisenzeiten hilft eine langfristige Strategie, um zuerst die Inhalte und dann die Mitarbeiter in die die neuen Dienste zu integrieren. Einige Unternehmen setzten auf analoge Werbung in der Belegschaft, berichtet Marquardt: Auf den Tabletts in der Kantine wurde mit Flyern für die Software geworben. „Eine kritische Masse von Mitarbeitern muss man erst einmal von den Anwendungen begeistern“, so Marquardt. Zentral ist zudem die Kultur im Unternehmen: Wer als Vorstand in seinen Rundmails von oben herab regiert, braucht in einer schicken App nicht auf Interaktion hoffen.

Keine Konkurrenz durch Teams, Slack & Co.?

Alle Anbieter versprechen dabei eine einfache Bedienung, eine schnelle Integration und – wichtig insbesondere für den deutschen Markt – eine datenschutzkonforme Speicherung der Mitarbeiterprofile. In der Google-Suchleiste zeigt sich die Intensität des Wettkampfs: Wer nach einzelnen Anbietern sucht, sieht eine ganze Reihe an Konkurrenten, die die teuer bezahlten Anzeigenplätze über dem Ergebnis buchen.

Auch die etablierten Softwarefirmen entdecken das Thema der Mitarbeiterkommunikation zunehmend für sich. Microsoft baut seinen Messenger-Dienst Teams immer weiter aus: Das hauseigene Videokonferenz-Tool Skype wird immer enger angebunden, das soziale Netzwerk Yammer wird derzeit in Teams integriert. Google bietet in seiner G-Suite zumindest die Grundfunktionen für den Dokumenten- und Nachrichtenaustausch unter Mitarbeitern. US-Anbieter Slack, eine Art Business-WhatsApp, gewann vor allem in der jüngeren Vergangenheit an Bedeutung.

von Varinia Bernau, Stefan Hajek, Michael Kroker, Nora Schareika

Die jungen Angreifer setzen ihren eigenen Fokus und vermeiden so den Wettbewerb mit den mächtigeren Software-Anbietern. „Der Markt sieht auf den ersten Blick überfüllt aus“, sagt Flip-Gründer Ilg, „aber das ist er gar nicht. Sie werden niemals mit Slack ihre gesamte Unternehmenskommunikation erledigen können.“ Coyo-Chef Marquardt sieht den Vorteil seiner Software darin, auch in der App die Unternehmensinhalte angemessen darzustellen – die Nachricht von der Vorstandsvorsitzenden soll nicht wie eine SMS auf dem Handy des Mitarbeiters ankommen: „Sobald bei Slack mehr als 100 Leute an einer Kommunikation beteiligt sind, wird es unübersichtlich.“ Und LumApps verweist stolz darauf, sogar als offizieller Partner von Microsoft geführt zu werden.  „Teams oder Slack stehen für eine direkte Kommunikation untereinander“, sagt Mélois. „Wir positionieren uns auf der Konzernebene.“

Zum Teil hängen sich die Start-ups sogar an die Tools der großen Anbieter an. Und integrieren wichtige Nachrichten aus dem Social Intranet über Slack und Co. direkt in die projektbezogene Kommunikation der Mitarbeiter. In diesen Tagen muss das nicht immer eine offizielle Verlautbarung der Konzernspitze sein – es könnte die Einladung zur gemeinsamen Pause in einem virtuellen Raum kommen. „Wir wollen auch die reale Kaffeeküche ersetzen“, sagt Marquardt.

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