Es war ein mächtiger Aufschlag in einer noch jungen Branche, mit dem der US-Konzern BetterUp jüngst seine Ankunft in Europa ankündigte: Der Weltmarktführer für digitales Coaching eröffnet in München und London zwei Büros, 150 Mitarbeiter will die Firma dort beschäftigen. „Die Nachfrage von europäischen Unternehmen nimmt derzeit stark zu, auch aus Deutschland“, sagte Konzernchef Alexi Robichaux. „darauf reagieren wir jetzt, indem wir in diesen Märkten mehr Präsenz zeigen.“
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Gerade für die deutschen Portale, allen voran Sharpist und Coachhub, waren das schlechte Nachrichten. Doch sie geben sich keineswegs kampflos geschlagen, wie Coachhub-Gründer Matti Niebelschütz nun im Gespräch mit der WirtschaftsWoche erläuterte. „In allen Märkten, in die wir in den vergangenen Monaten neu eingetreten sind, haben wir gleich extremes Wachstum erfahren - deshalb beschleunigen wir nun das Tempo nochmal“, so Niebelschütz, der dafür viel Kapital in die Hand nehmen kann: Gerade hat das Unternehmen eine weitere Finanzierungsrunde abgeschlossen, 80 Millionen Dollar konnten das Berliner Start-up dabei einsammeln. Insgesamt summiert sich die Finanzierung in der zweiten großen Runde damit auf 110 Millionen Dollar.
Tatsächlich spricht nun einiges dafür, dass sich hier ein globaler Zweikampf entwickelt, auf dem zur Abwechslung auch eine deutsche Plattform mal gute Chancen haben könnte mitzuhalten. In seiner vierten Finanzierungsrunde hatte BetterUp zuletzt gut 125 Millionen Dollar bei Investoren eingesammelt, nur unwesentlich mehr als nun Coachhub.
Nur ein Platz an der Sonne?
Dass am Ende alle beide bestehen, scheint eher unwahrscheinlich, zu sehr ähneln sich die Geschäftsmodelle. Beide bieten sich als Plattform an, um Coaches an Konzerne zu vermitteln. Den Unternehmen versprechen sie, durch ihre Arbeit die Recherche nach guten Coaches überflüssig zu machen, zudem garantieren sie ihnen Festpreise für die einzelnen Sessions. Mit seinen vielen freischaffenden Einzelkämpfern auf der einen Seite und zahlungskräftigen Konzernen auf der anderen ist der Coaching-Markt prädestiniert für diese Entwicklung.
Für BetterUp-Chef Robichaux ist klar, wer davon profitieren wird: „Ich denke schon, dass sich mittelfristig nur eine einzige Plattform als Marktführer etablieren kann“, sagt Robichaux. „Und ich bin überzeugt davon, dass wir das sein werden.“ Schließlich sei BetterUp nicht nur der älteste Anbieter auf dem Feld, sondern auch der mit den meisten Kunden. Auch Coachhub-Chef Niebelschütz sieht sich in einer guten Position – und glaubt nicht an ein solch gnadenloses Rennen wie sein Konkurrent: „Ich gehe eher davon aus, dass einer oder wenige Anbieter den Großteil des Marktes bedienen werden. Darüber hinaus wird sich im restlichen Segment der Markt aufsplitten und verbleibende Portale sich stark auf Nischen fokussieren müssen.““ Der Markt sei einfach so groß, dass jeder seinen Platz finden werde, zumindest vorerst.
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