Deutsche Gründer Die vielversprechendsten Startups

Wer als Unternehmer Erfolg haben will, sollte derzeit vor allem in den Bereichen Umwelttechnik, Medizin, mobile Dienste und Social Games starten. Hier haben Entrepreneure aktuell die größten Chancen, Kapital und Kunden zu finden. Welche vielversprechenden Startups bereits auf diese Trends gesetzt haben.

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Niclaus Mewes, Sven Külper Quelle: Arne Weychardt

Strom aus Flüssen zu gewinnen ist gewiss keine neue Idee. Doch Karl Reinhard Kolmsee verbindet sie mit einer neuen Vision: Mit seinen Mini-Wasserkraftwerken will der 45-Jährige nicht nur entlegene Siedlungen in Entwicklungsländern mit Strom versorgen „und ein paar Glühbirnen zum Leuchten bringen“, sagt Kolmsee. Der Gründer des Startups Smart Hydro Power hofft, mit seinen Mini-Kraftwerken gleich den Aufbau neuer Unternehmen zu fördern – Werkstätten, Internet-Cafés, Wäschereien.

Den Prototypen seines Flusskraftwerks will Kolmsee im April in der Isar testen, im Juni soll dann der erste Generator am Amazonas in Betrieb gehen.

Nicht erst seit der Atomkatastrophe in Japan suchen immer mehr Gründer nach Wegen, Energie aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen. Laut dem aktuellen ZEW-Gründungsreport stieg die Zahl der neu gegründeten Energieunternehmen im Jahr 2009 um 50 Prozent. Darunter vor allem solche, die Biogas-, Solar- oder Windkraftanlagen betreiben.

Und das ist auch gut so. Gründer aus diesen Bereichen können bei Investoren derzeit enorm punkten. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Fleischhauer, Hoyer & Partner will knapp jeder zweite Wagnisfinanzierer in diesem Jahr seine Investitionen in sogenannte Cleantech-Unternehmen ausbauen.

Doch das ist nicht der einzige Trend in der Startup-Szene. Medizintechnikunternehmen und IT-Firmen konnten der Studie zufolge zuletzt sogar noch mehr Kapital einsammeln als die Anbieter von Umwelttechnologien.

Großartige Chancen eröffnet vielen Gründern inzwischen auch wieder das Internet – stationär wie mobil: Zum einen entsteht derzeit um soziale Netzwerke wie Facebook eine boomende Spiele-Industrie, die teils vom Verkauf virtueller Güter lebt. Zum anderen profitieren immer mehr Anbieter von Programmen für Smartphones wie dem iPhone davon, dass sich die Zahl der Deutschen, die per Handy im Netz surfen, im Jahr 2010 gegenüber dem Vorjahr verdoppelt hat.

Welche jungen Unternehmen schon jetzt erfolgreich auf die aktuellen Trends setzen, zeigt die folgende Übersicht.

Trend 1 Umwelttechnik

Zunehmend mehr Menschen wollen umweltbewusster und nachhaltiger leben, wie etwa Studien des Umweltbundesamtes belegen. Entsprechend gute Aussichten haben Startups, die passende Angebote entwickeln. So wie...

Smart Hydro Power

In vielen Regionen der Erde ist die Versorgung mit Strom schlecht, obwohl nahe gelegene Flüsse Energie liefern könnten. Karl Reinhard Kolmsee will dieses Problem lösen: In Feldafing entwickelt er ein Mini-Wasserkraftwerk, das sich kinderleicht in Flüssen verankern lässt und kleinere Siedlungen mit Strom versorgen kann. Im Juni soll das erste Kraftwerk in Peru zum Einsatz kommen.

Next Kraftwerke Dank Solarzellen und Windrädern kann heute jeder Strom erzeugen und ins Netz einspeisen. Was aber, wenn eine Flaute die Windräder lahmlegt oder die Sonne nicht scheint? Um Stromschwankungen auszugleichen, bauen Jochen Schwill und Hendrik Sämisch virtuelle Kraftwerke auf: Sie wollen Notstromaggregate, Blockheizkraftwerke und Biogasanlagen zusammenschalten und deren Energie ins Stromnetz einspeisen, wenn Engpässe auftreten.

next-kraftwerke.de

Saperatec Sebastian Kernbaums Startup Saperatec hat eine Technologie entwickelt, mit der sich wertvolle Rohstoffe aus Fotovoltaikmodulen recyceln lassen. Bisher waren dazu hohe Temperaturen und aggressive Chemikalien nötig – sein Verfahren lässt sich schon bei Raumtemperatur anwenden. Kaum gegründet, erhielt das junge Unternehmen zu Jahresbeginn eine Kapitalspritze in Höhe von einer Million Euro. Jetzt bauen Kernbaum und sein Team die erste Pilotanlage.

Trend 2 Medizintechnik

Die Gesundheitswirtschaft gilt als Wachstumsmarkt. Besonders innovativ sind aktuell Hersteller von Medizintechnik: Ein Drittel ihrer Produkte sind nach Angaben des Branchenverbands BVMed jünger als drei Jahre. Viele davon stammen von ebenso jungen Unternehmen, die von Ärzten und Forschern gegründet werden. So wie...

Scopis

Was das Navi fürs Auto ist, könnte Matrix Polar für den Operationssaal werden: Mit der laserbasierten Technologie können Chirurgen Endoskope exakt navigieren und anatomische Strukturen im Körper präzise vermessen. So sollen die Eingriffe günstiger, effektiver und für den Patienten ungefährlicher werden. Entwickelt wird die Technologie von Bartosz Kosmecki und Andreas Reutter und ihrem Unternehmen Scopis. Mitte 2011 soll ihr Produkt auf den Markt kommen.

Transcatheter Technologies Jedes Jahr bekommen etwa 20 000 Deutsche eine künstliche Herzklappe. Der Herzchirurg Wolfgang Goetz und der Ingenieur Lim Hou Sen entwickeln im Regensburger BioPark eine neuartige Klappenprothese. Sie kann ohne aufwendige Operation mit einem Katheter in das schlagende Herz eingesetzt und mehrmals neu platziert werden. Das sei schonender und billiger als bisherige Verfahren, sagt Goetz, der bereits einen Prototypen vorweisen kann.

Curefab

Jedes Jahr erleiden mehrere Hunderttausend Menschen in Deutschland einen Schlaganfall, obwohl viele dieser Attacken durch eine rechtzeitige Therapie verhindert werden könnten. Oft sind dafür Untersuchungen notwendig, die viel kosten oder den Patienten einer hohen Strahlendosis aussetzen. Das Münchner Startup Curefab will Ultraschall-Geräte mit einem neuartigen 3-D-Sensor ausrüsten, mit dessen Hilfe sich zum Beispiel Verkalkungen in Blutgefäßen ebenso erkennen lassen. Einen Prototypen hat das 15-köpfige Team um die Gründer Robert Grüter, Michael Hohenester und Sebastian Wittmeier bereits entwickelt.

Trend 3 Mobiles Leben

Jeder fünfte deutsche Web-Nutzer surft bereits mit seinem Handy durchs Internet, so das Ergebnis einer Bitkom-Umfrage. Im Jahr 2010 wurden hierzulande zudem 900 Millionen mobile Anwendungen, kurz Apps, auf Mobiltelefone geladen – mehr als doppelt so viele wie im Jahr davor. Auf die neuen Möglichkeiten des Internets setzen auch zahlreiche Startups wie...

Mobile Melting

Wer eine Stadt entdecken will, braucht bald keinen Reiseführer mehr: Das Berliner Startup Mobile Melting hat eine Software entwickelt, mit der jeder Internet-Nutzer GPS-basierte Städte­touren, Schnitzeljagden und Spiele fürs Handy erstellen kann. Wer in München unterwegs ist, kann die Unterwelt als Praktikant von Kommissar Grass entdecken; wer durch Berlin spaziert, sich die Historie des Reichstags erzählen lassen. Die Gründer Lydia Horn, Karolina Schilling und Jörg Polakowski erheben dafür eine Gebühr, die sie mit den Autoren der Angebote teilen.

Intelligent Apps

Mit der kostenlosen App myTaxi des Hamburger Startups Intelligent Apps lassen sich Taxis bestellen – ohne Anruf bei einer Taxizentrale. Per GPS werden Besteller und freie Taxen geortet, auf dem Handy-Display lässt sich verfolgen, wie das Taxi heranfährt. Die Taxifahrer zahlen für jede vermittelte Fahrt 79 Cent an das Startup und sollen sich dafür irgendwann die Gebühren für die Taxizentralen sparen können. Vor einem Jahr kam die App auf den Markt. Seitdem wurde sie rund 100 000-mal heruntergeladen.

9flats

Wer zu Hause ein Bett frei hat oder mal ein paar Tage nicht da ist, kann seine Zimmer dank 9flats an Reisende vermieten oder sich auf der Plattform eine private Schlafmöglichkeit suchen. Das Unternehmen erhält pro Buchung eine Provision, dennoch sollen die Nutzer billiger wegkommen als bei einer Hotelübernachtung. Hinter 9flats steckt Seriengründer Stephan Uhrenbacher. In Berlin beschäftigt er knapp zwei Monate nach dem Start ein Team von 15 Mitarbeitern.

Tamyca

Rund 42 Millionen Autos gibt es in Deutschland – viele davon stehen die meiste Zeit irgendwo herum. Auf der Car­sharing-Plattform für Privatpersonen lässt sich das eigene Fahrzeug vermieten, wenn man es selbst nicht braucht. Das schont die Umwelt und bringt ein paar Euro. Wie hoch die Miete ist, bestimmen die Anbieter. Tamyca berechnet zusätzlich pro Tag und Fahrer 7,50 Euro Gebühr, die aucheine Versicherung beinhaltet.

Frents

Dank Facebook weiß man, was seine Freunde machen – dank Frents erfährt man, was sie besitzen und möglicherweise verleihen. Wie Tamyca und 9flats setzt Frents damit auf den Trend des „kollaborativen Konsumierens“, den das Internet möglich macht: Menschen vermieten ihren Besitz flexibel untereinander, anstatt ihn ungenutzt zu lassen. Bei Frents klappt das gut: Rund 1000 neue Artikel legen die Nutzer Tag für Tag in ihre virtuellen Regale. Philipp Sebastian Rogge hat das Berliner Unternehmen zusammen mit Ferdinand Mühlhäuser und Carlo Pohlhausen gegründet. Geld verdienen will das Trio, indem es seine Nutzer zum Einkaufen neuer Sachen verleitet.

Trend 4 Online-Spiele

Die Deutschen zocken für ihr Leben gern: Im Jahr 2010 setzten Hersteller von digitalen Spielen knapp 2,3 Milliarden Euro um. Immer gefragter sind dabei sogenannte Social Games, die man per Web-Browser mit seinen Freunden in Netzwerken wie Facebook spielen kann. Experten prophezeien hier einen neuen Milliarden-Markt. Darauf hoffen auch Startups wie...

Wooga

Das Berliner Startup Wooga ist nach eigenen Angaben nicht nur Europas größter Entwickler von kostenlosen Social Games für Facebook, sondern auch die weltgrößte Fabrik für virtuelle Zauber­stäbe: Mehr als sieben Millionen Stück hat es an Menschen verkauft, die „Monster World“ mit ihren Freunden spielen. Insgesamt fünf Spiele hat die Berliner Spieleschmiede von Jens Begemann und Philipp Moeser inzwischen veröffentlicht, mehr als 15 Millionen Nutzer zocken sie Monat für Monat auf Facebook.

Goodgame Studios

Seit Kai und Christian Wawrzinek im Sommer 2009 ihr erstes Online-Spiel veröffentlichten, haben die Gründer der Goodgame Studios über 100 Mitarbeiter eingestellt. Schon acht Social Games entwickelte das Hamburger Unternehmen. Gespielt werden sie nach eigenen Angaben von 25 Millionen Menschen. Geld verdient das Startup nicht mit Werbung, sondern über den Verkauf virtueller Güter an die Nutzer.

Fliplife

Ob als Arzt, Gangster oder Forscher: Im Social Game „Fliplife“ können Nutzer virtuell in ihrem Traumberuf Karriere machen – und in Zukunft auch echte Jobs angeln. In der Lebenssimulation tummeln sich nicht nur über 150 000 Spieler, sondern auch Unternehmen, die dort nach Nachwuchskräften Ausschau halten. Die Idee dazu stammt von Ibrahim Evsan, Thomas Bachem und Tobias Hartmann. Ihr Kölner Startup lebt vom Verkauf virtueller Gegenstände an die Fliplife-Spieler. Außerdem müssen Unternehmen zahlen, wenn sie sich in der Simulation als virtuelle Arbeitgeber präsentieren wollen.

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