Die Höhle der Löwen HealthMe-Gründerin: „Mir ging es bei DHDL nicht nur um Kapital“

Victoria Noack hat eine App entwickelt, die bei der gesunden Ernährung helfen soll. Quelle: RTL

Victoria Noack hat mit ihrem digitalen Einkaufshelfer für Allergiker und Gesundheitsbewusste gleich zwei Löwen von sich überzeugt: Nils Glagau und Carsten Maschmeyer investierten zusammen 250.000 Euro. Doch lässt sich mit der App HealthMe auch Geld verdienen?

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Den Anstoß zur Gründung gab eine Freundin, die sich vegan ernährt und gleich mehrere Allergien hat: Victoria Noack will Menschen das Leben erleichtern, die beim Lebensmitteleinkauf genau auf die Zutatenliste achten müssen. Noch als Studentin hat sie das Start-up Declareme gegründet, um HealthMe zu entwickeln. Mit der App kann man im Supermarkt den Strichcode auf Verpackungen scannen. Das Smartphone zeigt dann an, ob das Produkt für die eigene Ernährung geeignet ist – und schlägt sonst geeignete Alternativen vor. In der Vox-Gründershow „Die Höhle der Löwen“ hat die 25-Jährige die Investoren Nils Glagau und Carsten Maschmeyer überzeugt. Für die Kapitalspritze von 250.000 Euro haben sie am Ende 26 Prozent der Firmenanteile erhalten. Abgeben wollte die Gründerin ursprünglich nur 17,5 Prozent. Im Interview erklärt Victoria Noack, wie die prominenten Gesellschafter ihr Start-up weiterbringen können – und welche Pläne sie mit der App hat.


WirtschaftsWoche: Frau Noack, Sie konnten mit Nils Glagau und Carsten Maschmeyer zwei der „Löwen“ für sich gewinnen, mussten dafür aber mehr Anteile abtreten, als gehofft. War es das wert?
Victoria Noack: Mir ging es bei dem Pitch nicht nur darum, Wagniskapitalgeber zu finden, sondern vor allem auch Know-how ins Unternehmen zu bekommen. Die Kombination der beiden Löwen ist perfekt. Nils Glagau, der mit seiner eigenen Firma ja auf Nahrungsergänzungsmittel spezialisiert ist, hat ein sehr wertvolles Netzwerk in der Branche. Und Carsten Maschmeyer ist ein wahnsinnig guter Stratege. Das passt auf jeden Fall sehr gut. Ich habe durch die beiden schon sehr viele neue Kontakte bekommen. 

Die Sendung ist schon im Februar aufgezeichnet worden. Was hat sich mit den neuen Investoren im Rücken verändert?
Wir konnten die App deutlich weiterentwickeln und haben kürzlich ein großes Update veröffentlicht. Viele Nutzer haben uns zudem gefragt, ob wir eine Diagnostik einbauen können, um Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten zu erkennen. Dazu kooperieren wir jetzt mit Lykon, einem Anbieter von Bluttests. Nutzer können den Test bequem zu Hause machen und die Ergebnisse fließen direkt in das HealthMe-Profil ein. 

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Wie groß schätzen Sie die Zielgruppe für Ihre App?
Es gibt alleine in Deutschland 24 Millionen Menschen, die durch Allergien, Unverträglichkeiten oder ihre Diät in der Auswahl ihrer Lebensmittel beschränkt sind. Sportler sind natürlich ebenfalls eine interessante Zielgruppe. HealthMe hilft aber auch allen, die sehr bewusst einkaufen und darauf achten, welche Nährstoffe in den Produkten enthalten sind. Wir bringen mehr Transparenz in die Ernährungsbranche.

Viele Lebensmittelhersteller geben inzwischen mit dem sogenannten Nutri-Score selbst an, wie gesund ihre Produkte sind. Sollte die Kennzeichnung verpflichtend sein?
Das will ich nicht bewerten. Fakt ist, dass es aktuell den Herstellern selbst überlassen ist, ob sie den Nutri-Score anwenden. Mit unserer App können Nutzer auch nicht gekennzeichnete Produkte unter die Lupe nehmen. Wir haben einen HealthMe-Score entwickelt, der sich am Nutri-Score orientiert – aber auch Zusatzstoffe in die Bewertung einschließt.

Vorrangig soll ihre App aber Menschen mit Allergien oder Lebensmittelunverträglichkeiten helfen. Die Zielgruppe haben auch andere für sich entdeckt. Wie wollen Sie sich von der Konkurrenz abheben?
Es stimmt, dass sich in den letzten Jahren sehr viel getan hat. Als ich 2018 losgelegt habe, gab es erst einen Bruchteil der heute verfügbaren Apps. Was HealthMe bis heute einzigartig macht, sind die flexiblen Nutzerprofile. Man kann nicht nur einzelne Allergien angeben, sondern rund 100 Nahrungsmittel hinzufügen, die Unverträglichkeiten auslösen können – und dazu noch Ernährungsvorlieben. Zum Beispiel, dass man sich vegan ernährt. Ein weiterer Unterschied ist: Bei uns beruhen alle Angaben auf denen der Hersteller. In vielen anderen Apps muss man sich darauf verlassen, was andere Nutzer eingetragen haben. Das ist leider oft fehlerbehaftet.

Woher bekommen Sie die Daten?
Es gibt Datenbanken, in den Markenhersteller sämtliche Angaben hinterlegen – von den enthaltenen Zusatzstoffen bis zu Handhabungs-Vorgaben für den Handel. Wir arbeiten eng mit Bayal Consulting aus Köln und der Firma Better Life aus Karlsruhe zusammen. Die sind spezialisiert darauf, diese Daten aufzubereiten und über Schnittstellen zugänglich zu machen. Lücken gibt es im Moment noch bei Eigenmarken von Handelsketten und Discountern. Hier hoffen wir, dass wir direkte Kooperationen mit den Herstellern eingehen können.

Better-Life-Gründer Christian Riesenberger, der lange Teil der Geschäftsführung beim Hotelbuchungsportal HRS war, ist auch Mitgesellschafter Ihres Start-ups. Wie wichtig ist der Kontakt?
Christian Riesenberger ist ein Mentor für mich und hat mir extrem geholfen. Einerseits natürlich mit dem Zugang zu Datenbanken. Andererseits aber auch dabei, Spezialisten für das Gründungsteam zu finden. Am Anfang war es erst einmal eine riesige Herausforderung, Mitstreiter zu finden. Ich habe das Unternehmen ja neben dem Studium gegründet und konnte erst einmal nicht viel mehr als das Konzept vorweisen.

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Gab es weitere Hürden auf dem Weg zum eigenen Unternehmen?
Die Bürokratie hat mich am Anfang erschlagen. Ich habe die Firma im August 2019 angemeldet. Sofort nach der Gründung wollte das Finanzamt schon eine Umsatzprognose für die kommenden zwei Jahre. Auch die Aufforderung, für meinen Schreibtisch im Gründerzentrum den Rundfunkbeitrag zu entrichten, kam blitzschnell. Und bei der IHK wurde ich natürlich Pflichtmitglied und musste Beiträge zahlen.

Sie verdienen Geld mit einer Premium-Version der App. Sind Nutzer tatsächlich bereit, zwei Euro im Monat dafür auszugeben?
Ich denke, der Preis für die App ist sehr fair. Sie macht vielen Menschen das Leben einfacher. Niemand muss mehr die kleingedruckte Zutatenliste durchlesen. Man braucht nur den Barcode zu scannen. HealthMe zeigt außerdem Zusatzstoffe und Spurenelemente an, die auf der Packung zum Teil gar nicht deklariert werden müssen. Betriebswirtschaftlich entscheidend ist es natürlich, eine ausreichend große Nutzerbasis aufzubauen. 

Sie wollen zusätzlich Unternehmenskunden gewinnen. Woran denken Sie da?
Wir können unsere Technologie als White-Label-Produkt anbieten. Das bedeutet, dass beispielsweise Supermarktketten die Funktionen in ihre eigene App integrieren könnten. Denkbar sind auch Kooperationen mit Krankenkassen. Diese könnten ihren Versicherten so eine Möglichkeit an die Hand geben, durch ihre Ernährung die eigene Gesundheit zu beeinflussen. Gerade bei Indikationen wie Diabetes wäre das extrem sinnvoll. 

Was steht für Sie in den kommenden Monaten auf der Agenda?
Erst einmal wollen wir in der App nach und nach Filtermöglichkeiten für weitere Unverträglichkeiten oder Zusatzstoffe einbauen. Und wir wollen gerne Community-Funktionen einbauen. Die Nutzer sollen sich beispielsweise gegenseitig Produktempfehlungen geben können. Auf der Agenda steht zudem eine Internationalisierung – was gar nicht so banal ist, weil die Produktdatenbanken in jedem Land unterschiedlich sind. Auch die Produkte selbst unterscheiden sich in der Zusammensetzung. 

Und wollen Sie das alles aus Heidelberg heraus machen – oder steht ein Umzug in eine Gründermetropole wie Berlin an?
Ich bin sehr zufrieden mit dem Standort. Gerade im Gesundheitsbereich gibt es hier viel Know-how bei Kliniken und viel Forschung. Und auch hier gibt es tolle Inkubator-Programme, Business Angels und Wagniskapitalgeber. Es gibt aktuell keinen Grund für mich, nach Berlin zu gehen.

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