
WirtschaftsWoche: Herr Maschmeyer, das ist aber kein Gründer-Outfit …
Carsten Maschmeyer: Immerhin lasse ich inzwischen die Krawatte weg. Und meine dunkelste Hemdfarbe war früher Weiß, jetzt wage ich auch mal Hellblau. Zumindest eine kleine Anpassung hat also stattgefunden.
Sie sind einer der bekanntesten und gleichzeitig umstrittensten deutschen Unternehmer. Warum machen Sie bei der „Höhle der Löwen“ mit – Imagepflege?
Maschmeyer: Nein. Politik und Wirtschaft reden ständig, dass man die Gründerszene unterstützen muss. Ich wollte aber etwas tun und möchte durch mein Mitwirken einen aktiven Beitrag für die Stärkung der Gründerkultur leisten. Gleichzeitig habe ich große Freude daran, mein Wissen und meine Erfahrung an junge Talente weiterzugeben und sie finanziell zu unterstützen, wenn mich ihre Idee überzeugt. Darum reizt es mich sehr, als „Löwe“ dabei zu sein und das zu tun, was ich täglich mache: Gründer und Geschäftsmodelle zu beurteilen.
Zur Person
Carsten Maschmeyer, 57, Studienabbrecher und Milliardär. Sein Vermögen verdiente er mit dem Finanzdienstleister AWD, den er ein paar Jahre nach seinem abgebrochenen Medizinstudium aufbaute. 2009 schied er aus dem Vorstand aus.
Frank Thelen, 40, Risikokapitalgeber und Exskater. Sein erstes Start-up gründete er mit 18, für das zweite erhielt er über eine Million D-Mark an Wagniskapital. Mit der Dotcom-Krise ging das Start-up pleite, er gründete aber weiter.
Kannten Sie die Show vorher?
Maschmeyer: Ich bin von der „Höhle der Löwen“ seit der ersten Staffel begeistert – weil es eine unterhaltsame Fortbildung für fast jeden ist. Wer gründen und sich selbstständig machen will, bekommt eine gute Anleitung. Alle anderen können zusätzlich etwas für Präsentationen, Bewerbungsgespräche oder Verhandlungen lernen. Und nicht zuletzt ist die Sendung für mich eine gute Dealflow-Source.
Bitte was?
Maschmeyer: Ich investiere seit einigen Jahren in Start-ups, vor allem aus den Bereichen Internet, Technologie und Gesundheit. Durch die Sendung bekomme ich früher als andere Investoren Kontakt zu Gründern und auch zu solchen, die ich sonst vielleicht nie kennengelernt hätte, weil sie in ganz anderen Branchen unterwegs sind.
Herr Thelen, kommen die wirklich interessanten Start-ups denn überhaupt in die Sendung?
Frank Thelen: Ja, definitiv. Ich stimme Carsten zu, auch ich habe viele Gründer und Geschäftsmodelle gesehen, die ich sonst nie kennengelernt hätte. Ich glaube nicht, dass ich sonst in eine Biosuppe investiert hätte, so wie im Falle von Littlelunch in der vorigen Staffel. Außerdem bewerben sich zunehmend etablierte Gründer aus der Szene – weil sie wissen, wie stark die Show geworden ist.
Herr Maschmeyer, wie haben Sie die Start-ups denn erlebt?
Maschmeyer: Meine ohnehin schon hohen Erwartungen wurden übertroffen. Es waren ein paar tolle Innovationen dabei, die das tägliche Leben vereinfachen. Aber natürlich gab es auch Momente, in denen ich mich gewundert habe.
Zum Beispiel?
Maschmeyer: Wenn jemand 5.000 Euro Umsatz macht und eine Bewertung von acht Millionen Euro aufruft. Da war ich teilweise schon überrascht.
So ist es weltweit um den Gründergeist bestellt
Für den Amway Entrepreneurial Spirit Index (AESI) 2015 haben das Konsumgüterunternehmen Amway und die Technische Universität München 49.775 Menschen aus 44 Ländern dazu befragt, wie erwünscht es in ihrem Heimatland ist, Unternehmen zu gründen, wie leicht es ist, sich selbstständig zu machen und wie es um die Stabilität gegen sozialen Druck bestellt ist. 100 Punkte sind zu erreichen.
Im weltweiten Durchschnitt wird ein Wert von 51 erreicht, in Schulnoten entspräche das einer vier, was die Gründerfreundlichkeit auf unserem Planeten angeht.
Nur in wenigen Ländern ist der Gründergeist noch schwächer ausgeprägt als in Deutschland. Mit einem Indexwert von 31 (von 100 möglichen Punkten) liegt Deutschland nur noch vor Polen, Kroatien und Japan.
In Deutschland ist eine Unternehmensgründung für nur 26 Prozent der Befragten eine erwünschte Karriereoption. Lediglich 29 Prozent halten eine Gründung mit ihren eigenen Fähigkeiten für durchführbar. Immerhin 38 Prozent würden sich von ihrem sozialen Umfeld nicht von der Idee eines eigenen Unternehmens abbringen lassen. Auch die Generation Y in Deutschland steht kaum besser da. Zwar halten 37 Prozent der 14- bis 34-Jährigen eine Gründung für erstrebenswert, allerdings vertraut nur ein Viertel auf seine eigenen Fähigkeiten (26 Prozent).
Türkei
Die Türkei rutscht mit 62 Punkten noch in die Top 10 der AESI 2015 und ist damit eines der freundlichsten Länder für Gründer weltweit.
Brasilien
Knapp hinter der Türkei befindet sich Brasilien mit 69 Punkten. Die persönlichen und sozialen Faktoren, welche die Absichten einer Person beeinflussen, ein Unternehmen zu gründen scheinen hier deutlich über dem weltweiten Durchschnitt zu liegen.
Slowenien
Slowenien ist mit 70 Punkten auf Platz 8 der 44 befragten Länder - ein befriedigendes Ergebnis.
Malaysia
Der Staat in Südostasien belegt mit 73 Punkten Platz 7 des weltweiten Gründergeist-Rankings.
Mexiko
Der Gründergeist Mexikos hat sich mit 74 erreichten Punkten bis auf Platz 6 gekämpft.
Südafrika
74 Punkte erhielt Südafrika als Indexwert, der aus dem Durchschnitt der drei gleich gewichteten Dimensionen "Erwünschtheit", "Durchführbarkeit" und "Stabilität gegen sozialen Druck" gebildet wird.
Vietnam
Mit mehr als drei Viertel (77 Punkte) der erreichbaren Punkte landet Vietnam auf Rang 4 von 44.
Thailand
Ein nahezu ähnlicher Gründergeist besteht in Thailand. Der Staat in Südostasien bekam bei der Umfrage durchschnittlich 79 Punkte.
China
Kurz hinter Indien auf Platz 2 befindet sich China mit ebenfalls 79 Punkten.
Bei Gleichheit des Wertes entscheidet die ungerundete Zahl über den Rang.
Indien
Mit 79 Punkten ist Indien der Spitzenreiter des AESI 2015 und hat somit den weltweit besten Gründergeist.
Thelen: So etwas kommt immer wieder vor, längst nicht nur in der „Höhle der Löwen“. Es gibt nun mal Gründer, die sich völlig über- oder ihren Markt komplett falsch einschätzen. Die verbringen zu viel Zeit auf dem US-Gründerportal Techcrunch und denken nun, dass ihre Idee direkt eine Milliarde wert sein soll, wie die berühmten Einhörner im Silicon Valley. Das ärgert mich natürlich genauso.