Die Höhle der Löwen So ging es mit dem Start-up MyGutachter weiter

Die Idee des Start-ups war es Blechschäden per App zu melden. Quelle: RTL / Bernd-Michael Maurer

Eigentlich wollten die Gründer von MyGutachter Unfallgutachten digitalisieren. Das kam in der „Höhle der Löwen“ bei Investor Carsten Maschmeyer gut an. Aber weder beim Deal noch bei der Geschäftsidee ist es geblieben.

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Es kann dauern, bis das Gutachten nach einem Autounfall erstellt ist. Burhan Epaydin und Leonard Scheidt wollten diesen Prozess vereinfachen: Statt lange nach einem Kfz-Sachverständigen suchen zu müssen, sollten Geschädigte die Informationen zum Unfallhergang, Tachostand, Fahrzeugschein, Polizeibericht sowie Fotos vom Blechschaden einfach  auf der Webseite des Start-ups hochladen können. Um alles weitere wollten sich Epaydin und Scheidt kümmern. Aber nach der Sendung platzte der Deal - und es folgte ein Strategiewechsel. 

WirtschaftsWoche: In der Sendung sah es ganz gut aus. Carsten Maschmeyer forderte zwar mehr Unternehmensanteile, als Sie ursprünglich abtreten wollten. Sie wirkten aber zufrieden mit dem Ergebnis.
Burhan Epaydin: Ja, Carsten Maschmeyer wollte 25,1 Prozent für 150.000 Euro. Eigentlich hatten wir 20 Prozent angepeilt. Trotzdem ist es für uns in der Sendung viel besser gelaufen, als wir uns erhofft hatten. Das war unser allererster Pitch und unser Wunschlöwe hat direkt angebissen.

Ist es bei dem Deal geblieben?
Epaydin: Nein, nach der Sendung ist der Deal nicht zur Stande gekommen.

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Auf Ihrer Webseite schreiben Sie, dass Sie inzwischen die komplette Schadensabwicklung für Geschäftskunden übernehmen, samt Gutachter vor Ort. Das klang in der Sendung noch anders.
Leonard Scheidt: Unsere ursprüngliche Idee war es, die Schadensregulierung zu digitalisieren und einfacher zu gestalten, quasi wie bei einer Online-Steuererklärung. Inzwischen richten wir uns weniger an Privatkunden. Unser Fokus liegt jetzt auf Unternehmenskunden. Dazu zählen beispielsweise Versicherungen, Leasinggesellschaften und Fuhrparks, letztlich alle Unternehmen, bei denen viele Schäden auftreten. In deren Auftrag führen wir entweder eine digitale Schadensbesichtigung durch oder schicken unsere Sachverständigen zur Vor-Ort-Begutachtung.

Es gibt bereits einige Unternehmen, die Privatkunden eine digitale Schadensabwicklung anbieten, darunter ist auch der TÜV oder die Dekra. Hat das eine Rolle gespielt?
Scheidt: Ja, die Konkurrenz im Privatkundenbereich ist stark. Außerdem hätte es mit unserer reinen Online-Präsenz sehr lange gedauert, bis wir genügend Neukunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz gefunden hätten.

Aber haben große Fuhrparks oder Leasinggesellschaften nicht ein eigenes Netzwerk aus Sachverständigen, auf das sie zurückgreifen?
Scheidt: Das ist letztlich eine Kostenfrage. Viele der genannten Firmen haben keine internen Sachverständigen, sondern greifen dafür auf externe Sachverständigenorganisationen zurück. Und wir helfen nicht nur dabei, ein Gutachten zu erstellen. Wir unterstützen inzwischen bei allen Sachverständigen- und kaufmännischen Leistungen rund um Schäden an Fahrzeugen.

Wege aus der Tiefstapelei

Das heißt, es geht nicht mehr nur um Unfälle?
Scheidt: Ja, bei einem Carsharing-Dienst gab es beispielsweise einen Vandalismusschaden. Vom Schadensbild sah es so aus, als ob jemand mutwillig ins Navigationssystem geschlagen hätte. In so einem Fall ermitteln wir für den Kunden dann die Austauschkosten. Oder wenn ein Kunde, im Parkhaus einen Schaden verursacht. Dann prüfen wir, ist die Tür nur verkratzt oder auch verbeult - also: Müssen wir die komplett austauschen oder können wir die vorhandene noch instand setzen?

Warum haben Sie sich entschieden, auch einen Vor-Ort-Service anzubieten? Lassen sich doch nicht alle Schäden digital dokumentieren?
Scheidt: Wir haben immer sehr transparent kommuniziert, dass nicht alle Schäden digital abbildbar sind. Das betrifft etwa 30 Prozent der Schäden an einem Auto nach einem Unfall, im Prinzip geht es um alles, was über die reine Karosserie hinausgeht. Einen Streifschaden kann ich beispielsweise sehr gut digital erfassen. Einen Frontalschaden kann man kaum remote beurteilen, gerade wenn noch einzelne Teile des Motors beschädigt sind. Außerdem ist es einigen unserer Kunden, wie den Versicherern, wichtig, dass wir vor Ort sind.

Aber wie können Sie die Schadensermittlung günstiger als die Konkurrenz anbieten, wenn Sie letztlich doch einen Sachverständigen hinschicken müssen?
Scheidt: Grundsätzlich ist unser Ansatz die Schadensregulierung kostengünstiger für Versicherungsunternehmen darzustellen. Hierzu haben wir eine eigene Preis-Leistungstabelle für Geschäftskunden. Es geht aber nicht nur um den Preis. Wir können aufgrund unseres qualifizierten Netzwerks auch Expertise für Lkw, Caravans und Zweiräder liefern und das innerhalb von 24 Stunden, digital geht es in 15 Minuten.

Wie schnell lassen sich die Sachverständigen für Ihr Netzwerk finden?
Scheidt: Es gibt Gutachter wie Sand am Meer, aber längst nicht alle sind seriös und qualifiziert. Wir arbeiten grundsätzlich nur mit Sachverständigen zusammen, die gewisse Qualifikationen mitbringen, also einen Meister oder ein Studium in die entsprechende Richtung abgeschlossen haben. Unsere Partner verfügen außerdem über eine gewisse Infrastruktur und Größe an ihren Standorten. Alle Sachverständigen bilden sich regelmäßig weiter.
Epaydin: Inzwischen melden sich Sachverständige von sich aus, die mit uns zusammenarbeiten wollen.

Haben Sie eigentlich einen anderen Investor gefunden?
Scheidt: Ja, eine private Investmentgesellschaft, Baumedia, hat bei uns investiert. Aber Burhan und ich halten auch weiterhin über 90 Prozent der Firmenanteile. Gerade suchen wir weniger einen reinen Finanzinvestor, sondern strategische Investoren. Einen Partner, mit dem wir weiter wachsen können. Bis zum Jahresende wollen wir mit bis zu 600 Sachverständigen zusammenarbeiten und weitere Kunden für unsere Dienstleistungen gewinnen. Derzeit sind wir mit einer Sachverständigengesellschaft und einem Versicherer bezüglich eines Investments in Gesprächen.

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Sie sind letztlich von der Strategie abgerückt, die Schadensregulierung rein digital abzuwickeln. Verlassen Sie da möglicherweise nicht etwas vorschnell einen Zukunftsmarkt?
Scheidt: Wir glauben weiterhin an die Idee, dass sich die Schadenaufnahme irgendwann auch komplett digital und live erfassen lässt. Da gibt es im Moment in Deutschland vielleicht noch gewisse Ängste, aber das wird irgendwann sicherlich kommen. In anderen Ländern ist es bereits normal, den Schadenprozess digital abzuwickeln.

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