Ein Ring für alle Fälle: Mit den Pagos, schlichten Keramikringen, soll man problemlos bezahlen können. Im Schmuckstück ist ein Chip verbaut, auf dem das virtuelle Abbild einer Kreditkarte hinterlegt ist. Mit ihrer Idee stießen die Gründer Steffen Kirilmaz, Bernhard F. Wernberger und Lukas Schmitz zunächst auf offene Ohren bei den Investoren in der „Höhle der Löwen“. Doch nach und nach stiegen die meisten prominenten Geldgeberinnen und Geldgeber aus. Nur Carsten Maschmeyer verhandelte mit dem Gründerteam aus Köln. Aus ursprünglich zehn Prozent der Anteile für 200.000 Euro wurden schlussendlich 15 Prozent, plus fünf Prozent, wenn die Internationalisierung gemeinsam gelingt. Mitgründer Wernberger berichtet, was nach dem Drehschluss im Januar passierte.
WirtschaftsWoche: In der Aufzeichnung schlagen Sie mit Carsten Maschmeyer nach einigem Hin und Her ein. Steht der Deal?
Bernhard F. Wernberger: Wir haben die Zusage für den Deal auf der Bühne bekommen, mehr können wir Stand heute nicht sagen.
Mit dem Smartphone lässt sich bereits bezahlen, mit der Smartwatch ebenfalls. Warum ist denn jetzt noch ein Ring nötig?
Der wichtigste Grund: Die bisherigen Technologien, etwa Smartphone oder Uhr, sind aktive Systeme. Die benötigen Batterien und müssen geladen werden. Wenn der Akku leer ist, stehen Sie an der Kasse und sind gewissermaßen pleite. Unser Ring ist ein passives System – die nötige elektrische Energie erhält er durch das Lesegerät. Und man trägt ihn unkompliziert am Finger, ohne extra an ein weiteres Accessoire denken zu müssen.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Ich bin seit vielen Jahren in der Halbleiterindustrie tätig und arbeite mit Kreditkartenherstellern zusammen. Als ich mit Lukas und Steffen ins Gespräch gekommen bin, sind wir schnell auf das Thema der Wearables gestoßen. Eigentlich ist unser Ring in erster Linie eine Kreditkarte in einer neuen Form.
Im TV-Pitch haben Sie die Vorteile des Rings anhand eines Strandbesuches illustriert – kein alltägliches Szenario. Wo hilft er noch?
Im Winter könnten Sie ihn beispielsweise beim Skifahren nutzen – oder um auf dem Weihnachtsmarkt den Glühwein zu bezahlen. Er funktioniert nämlich durch Handschuhe hindurch. Auch beim Sport kann der Ring helfen, wenn man nicht unbedingt ein Portemonnaie einstecken will. Der Hauptgrund also: Bequemlichkeit.
Bei der Aufzeichnung im Januar sprachen Sie von 3000 verkauften Stück. Wie sieht es heute aus, gut acht Monate später?
Wir sind im schönen fünfstelligen Bereich. Wenn man rekapituliert, was wir so als Ziele bei der Aufzeichnung formuliert haben, dann liegen wir ganz gut im Plan. Damals hatten wir mit Vimpay einen Kartenanbieter dabei. Heute gehört beispielsweise die Neobank Curve dazu. Aber zu den Partnern zählen auch die Comdirect, die Consorsbank oder die DZ-Bank, die mit vier Volks- und Raiffeisenbanken startet.
Warum machen die traditionellen Bankhäuser Werbung für Ihren Bezahlring?
Zum einen, weil sie sehen, dass die innovativen Neobanken ihnen manchmal den Rang ablaufen. Und zum anderen ist es für die Banken ein sehr interessantes Produkt, weil damit wirklich gezahlt wird. Die Umsätze und Transaktionszahlen mit dem Ring sind signifikant. Das ist für die Banken überraschend, aber durchaus inspirierend.
Und Sie selbst verdienen nur über den Verkauf des Ringes mit?
Derzeit ist das unsere einzige Erlösquelle. Langfristig wollen wir aber eine App entwickeln, über die wir weitere Dienstleistungen anbieten können. Denn auf unseren Ring kann man nicht nur Kreditkartendaten laden, es ist kein reiner Banking-Chip. Denkbar wären digitale Visitenkarten, aber auch der digitale Personalausweis.
Der bislang noch kaum genutzt wird.
Uns ist es bereits gelungen, die Digital-Car-Access-App von Tesla auf den Ring zu bringen. Zudem sind wir in Gesprächen mit Türschlossherstellern. Und wir arbeiten in einem neuen Projekt mit dem Unternehmen Bäder Suite zusammen, das Zugangssysteme für Hallen- und Freibäder entwickelt. Sobald man den Impfausweis auch über NFC auslesen kann, passt der ebenfalls auf unser Produkt. So kann dann jeder sein eigenes Benutzerprofil über die App anlegen.
Die TV-Löwen kritisierten, dass es zu viel Konkurrenz in der Produktkategorie geben würde. Wie wollen Sie sich absetzen?
Einige der Konkurrenten werden sogar von uns beliefert. Aber wir sind unseres Wissens nach der einzige Anbieter, der alle Kredit- oder Debitmöglichkeiten anbietet und offen ist für jede Zahlungsanwendung. Auch EC-Karte oder Girocard würde gehen. Aber das ist ein rein deutsches Produkt, da wollen wir erst einmal sehen, ob die Nachfrage da ist.
Der Blick geht also schon ins Ausland?
Unbedingt. Mit der Neobank Curve wollen wir bald gemeinsam in weitere Länder expandieren. Wir spüren ein globales Interesse: Anfragen kommen aus den arabischen Emiraten, aus Indien, aus den USA oder zuletzt aus Brasilien.
Wie wichtig ist dabei das Design des Rings?
Sehr wichtig. Unser Motto ist „Fashion meets Function“. Der Stil steht im Vordergrund, um die Funktionen im Hintergrund kümmern wir uns. Aktuell gibt es fünf Farbvarianten des Keramikrings, eine eher femininere Variante soll bald noch dazukommen. Und wir arbeiten an einem Ring aus Holz – da war die Herausforderung, ihn wasserdicht hinzukriegen. Aber da sind wir auf den letzten Metern. Sicher werden irgendwann auch ein Armband oder ein Schlüsselanhänger dazukommen. Aber es muss zum Stil von Pagopace passen.
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