Die Höhle der Löwen „Die Leute mit Weber-Grill und großem Garten sind nicht unsere Zielgruppe“

Quelle: RTL / Bernd-Michael Maurer

Grillaxed liefert Komplettpakete für das Grillen im Park. In der Sendung gab es viel Lob für das Leipziger Start-up – angebissen hat aber keiner der Löwen. Halten die Gründer dennoch an ihrem Geschäftsmodell fest?

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Der Markt für Essenslieferungen wirkt zunehmend gesättigt – doch noch immer entstehen neue Dienste, die auf spitz zugeschnittene Sortimente setzen. Auch Jonas Bräuer, Erik Lachmann und Jonas Möslein sind davon überzeugt, eine noch unbesetzte Nische entdeckt zu haben: Die Leipziger Gründer liefern per Lastenrad Grillboxen direkt in Park. Neben dem Grillgut finden die Kunden darin alles, was für die Brutzelei nötig ist – darunter einen raucharmen Tischgrill, Holzkohle, Anzünder und Geschirr. Nach dem Essen wird die Box zugeklappt und das Start-up holt alles wieder ab. Knapp zwei Jahre nach dem Start hat sich Grillaxed nun in die Vox-Gründershow „Die Höhle der Löwen“ gewagt. Gegen ein Investment von 75.000 Euro hätte das Trio 20 Prozent der Firmenanteile abgegeben. Von Nico Rosberg, Judith Williams und den anderen Jurymitgliedern gab es viel Lob, für einen Deal reichte der Hunger der Geldgeber aber nicht. Wie es für Grillaxed seit der Sendungsaufzeichnung weiterging, verrät Mitgründer Jonas Möslein im Interview.

Herr Möslein, in den vergangenen Wochen gab es schon viele sonnige warme Tage – da brummt das Geschäft, oder?
Das stimmt, die Bedingungen sind aktuell schon ziemlich gut. Aber tatsächlich starten wir erst im Juni in die Saison. Wir haben beschlossen, die Ausstrahlung von „Die Höhle der Löwen“ abzuwarten. Die Sendung hat natürlich einen enormen Marketingeffekt und wir wollen sehen, wie die Resonanz ist.

Das klingt fast so, als wären Sie selbst nicht mehr ganz von der Idee überzeugt.
Doch, nach den Erfahrungen aus den vergangenen zwei Jahren bin ich sicher, dass unser Konzept funktioniert. Aber wir haben als kleines Start-up begrenzte Ressourcen und waren in den vergangenen Wochen stark mit der Vorbereitung beschäftigt.

Was hat sich denn seit der Aufzeichnung der Sendung vor einem Jahr verändert?
Wir haben uns zum Beispiel von der Idee verabschiedet, den Spontanlieferdienst an jedem Tag anzubieten. Die privaten Bestellungen kommen fast nur am Wochenende herein, deswegen konzentrieren wir uns darauf. Außerdem haben wir darauf reagiert, dass wir zunehmend Anfragen von Unternehmen bekommen haben. Das ist eine Zielgruppe, an die wir beim Start gar nicht gedacht hatten. Jetzt bieten wir gezielt Grillaxed für größere Gruppen wie zum Beispiel Firmenevents oder Teamabende an. Das wurde im vergangenen Jahr schon sehr gut angenommen, gerade in der Zeit, als es noch Coronakontaktbeschränkungen gab.

Bei „Die Höhle der Löwen“ gab es viel Sympathie für Sie und Ihre Mitgründer – aber kein Investment. Wie enttäuscht waren Sie?
Offen gesagt hatten wir gar nicht so große Hoffnungen, dass einer der Löwen aufspringen würde. Wir waren ja auch noch in einer sehr frühen Phase. Die Einladung zur Sendung haben wir trotzdem als große Chance gesehen: Wann hat man schon mal die Gelegenheit, auf einen Schlag mehrere Millionen Menschen zu erreichen und Feedback von professionellen Investoren zu bekommen? Vielleicht wird durch die Sendung nun auch ein strategischer Investor auf uns aufmerksam, der zu uns passt.

Lässt sich ein so spezieller Service überhaupt kostendeckend betreiben? Selbst die großen Lieferdienste machen doch Verluste?
In der ersten Saison haben wir tatsächlich draufgezahlt – da haben wir erstmal 30 der Grillboxen gebaut, ein Lastenfahrrad angeschafft und natürlich die ganze IT aufgebaut. Diese Kosten fielen im vergangenen Jahr nicht mehr an und wir konnten einen kleinen Gewinn machen. Gegenüber anderen Lieferdiensten haben wir ein paar Vorteile: Wir brauchen keine riesigen Geschäftsgebiete, sondern können uns auf die beliebten Parks in der Stadt konzentrieren. Und die Umsätze mit einzelnen Bestellungen sind im Vergleich höher.

Dafür ist Ihr Geschäft auch sehr saisonal. Wie soll das Unternehmen jemals ganzjährig Geld verdienen?
Die Saison ist länger, als man vielleicht denkt: Im vergangenen Jahr haben wir bis in den späten Oktober hinein geliefert. Und selbst im Winter grillen mittlerweile viele Leute gerne. Aber ja: Es wird immer Monate geben, in denen man den Betrieb besser pausiert. Wir arbeiten daran, uns neue Standbeine aufzubauen: Wir wollen zum Beispiel die Grillboxen bald auch zum Verkauf anbieten. Und wir denken darüber nach, auch ein Restaurant zu eröffnen, in dem man am Tisch grillen kann – unsere rauchfreien Holzkohlegrills sind dafür gut geeignet.

Ihre Boxen, in denen auch der Grill Platz findet, wirken tatsächlich gut durchdacht. Was waren die Herausforderungen bei der Entwicklung?
Viel getüftelt haben wir an der Belüftung und daran, dass die Boxen nicht zu heiß werden. Die Idee ist ja, dass die Kunden die Kiste nach dem Grillen einfach zuklappen und stehen lassen können. Extrem wichtig war uns deswegen auch, ein GPS-Modul für die Ortung unterzubringen. Das ist in einer Stahlkiste natürlich nicht so einfach und hat uns länger aufgehalten. Glücklicherweise ist mein Mitgründer Ingenieur und löst technische Probleme sehr gerne.

Wie sind Sie überhaupt auf die Idee zu Grillaxed gekommen?
Wir drei haben uns an der Wirtschaftshochschule HHL kennengelernt. Der Masterstudiengang richtet sich an Menschen mit Berufserfahrung. Wir waren alle in einer Phase der beruflichen Neuorientierung. Irgendwann saßen wir zusammen und haben gedacht, dass es prima wäre, spontan grillen zu können – ohne den ganzen Aufwand drum herum. Es gibt doch für alles mittlerweile Services: Man streamt Musik, bestellt sein Essen per App oder leiht sich online Fahrräder und Autos. Warum sollte das nicht aufs Grillen übertragbar sein? Außerdem wollten wir etwas gegen die Vermüllung unserer Parks und Grünflächen unternehmen.

Aber viele Menschen zelebrieren es doch förmlich, Freunden den eigenen Gasgrill vorzuführen und alles vorzubereiten.
Die Leute mit Weber-Grill und großem Garten sind nicht unsere Zielgruppe. Aber gerade in der Stadt gibt es viele, die nicht mal einen Balkon haben. Wir sprechen vor allem junge Menschen an, die sich spontan im Park treffen. Alle On-Demand-Dienste mussten sich erstmal die Nachfrage schaffen – haben sich dann aber durchgesetzt, weil sie komfortabel sind. Es hätte auch niemand geglaubt, dass CD-Sammlungen mal durch Streaming-Abos ersetzt werden.

Bisher gibt es Grillaxed nur in Leipzig. Wie wollen Sie die Expansion in weitere Städte finanzieren?
Wir setzen auf ein Franchise-Modell. Als Partner kommen zum Beispiel Restaurants in Frage: Die haben eh die Infrastruktur wie Kühlräume und Küchen. Und sie haben das Personal. Für die könnte das ein attraktiver Nebenverdienst sein. Wir wollen uns aber auch stärker im Eventbereich positionieren und zum Beispiel auf Festivals gehen. Dort ist das Grillen mit freistehenden Grills wegen der Brandgefahr und dem Vermüllungsproblem meist verboten.

Sie selbst sind auch Mitgründer des Onlinemarktplatzes Dankeee. Was steckt dahinter?
Dankeee ist etwa zur selben Zeit wie Grillaxed entstanden. Ein Freund von mir hatte die Idee, einen virtuellen Marktplatz zu schaffen, bei dem mit einem Teil der Verkaufserlöse eine selbstgewählte gemeinnützige Einrichtung, Organisation oder ein Verein unterstützt wird. Das Ganze funktioniert ähnlich wie zum Beispiel eBay oder Vinted, nur eben mit sozialer Verantwortung und einem zusätzlichen sozialen Mehrwert. Das hat mich überzeugt. Also habe ich die Plattform mit aufgebaut.

Auch Ihre Mitgründer haben noch Nebenjobs. Nehmen Sie Grillaxed ernst genug?
Ich sehe es als Vorteil, dass wir alle noch in anderen Bereichen aktiv sind. Wir haben nicht den Druck, Grillaxed auf Teufel komm raus zum Erfolg zu machen. Wenn das Konzept nicht richtig zündet, geht die Welt nicht unter. Gelernt haben wir auf jeden Fall schon eine Menge.

Sie haben auch viel Zeit investiert – schließlich haben Sie vom Einkauf über die Auslieferung bis zum Reinigen der gebrauchten Boxen das meiste selbst erledigt. Haben Sie überhaupt noch Lust, privat einen Grill anzuschmeißen?
Zugegeben: Zwischenzeitlich konnte ich kein Grillfleisch mehr sehen. Das lag vor allem daran, dass wir anfangs noch kein Gefühl für das Bestellvolumen hatten und oft Waren übrig hatten. Die haben wir dann unter uns Gründern verteilt statt sie wegzuschmeißen. Jetzt nach der Pause genieße ich Grillabende aber wieder. Zur Sendungsausstrahlung haben wir uns natürlich auch Freunde zum Grillen eingeladen und es uns vor einer Leinwand gemütlich gemacht. 

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