Die Zahlenfrau
Mädchen oder junge Frau vor Code an einem Computer Quelle: imago images

Gender Equality: 3 Ideen für ein besseres Bildungssystem

In der deutschen Gründerszene sind nur 15 Prozent der Gründer weiblich. Auch in Vorständen dominieren Männer mit stabilen 90 Prozent. Unser System hat einen Programmierfehler und ich frage mich, wer den Code geschrieben hat.

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In Deutschland haben wir das Problem der Gender Inequality erkannt. Wir versuchen mit reaktiven Maßnahmen, wie der Frauenquote, Auszeichnungen für „die beste GründerIn“ und Frauennetzwerken, in denen sich Frauen vernetzen und gegenseitig stärken, aktiv dagegen zusteuern.

Es sind viele großartige Entwicklungen, die dem Problem der Ungleichbehandlung Aufmerksamkeit schenken. Doch ich frage mich: Bekämpfen wir damit auch dessen Ursache?

Unser Ziel ist es doch, eine Welt ohne Quoten oder Sonderpreise zu schaffen. Eine Welt, in der es klar ist, dass sich hinter dem Titel „CEO“ eine Frau verbergen kann oder ein Mann in Elternzeit geht.

Dieses „neue Normal“ wollen wir erreichen, und dafür müssen wir dort ansetzen, wo alles beginnt, nämlich bei der Bildung unserer Kinder.

Unconscious Bias fängt im Kindesalter an – da müssen wir ansetzen

Mit STARTUP TEENS befassen wir uns viel mit dem Thema Gender Equality, weil uns natürlich daran gelegen ist, Jungen und Mädchen gleichermaßen auf eine digitale Zukunft vorzubereiten. Im Rahmen unserer Arbeit haben wir festgestellt, dass es keine wissenschaftliche Studie gibt, die belegt, dass Mädchen und Jungen im Alter von fünf Jahren unterschiedliche Begabungen haben.

Sobald Kinder allerdings eingeschult werden, heißt es plötzlich, dass Jungen begabter in Naturwissenschaften oder im Programmieren seien. Die Folge: Mädchen werden in diesen Bereichen weniger gefördert – weder von den Eltern noch in der Schule. Das hat Auswirkungen bis in die Führungsebenen unserer Konzerne.

Wir müssen daher ran an unser Schulsystem und es verändern. Mir fallen dazu drei Aspekte ein, wie wir mit unserem Bildungssystem proaktiv und nachhaltig Gender Equality fördern können.

1. Gender Equality als Schulfach

Im gemeinsamen Schulalltag bilden Mädchen und Jungen geschlechtstypische Rollen und Verhaltensweisen aus. Zwar kommen Rollenerwartungen teils aus dem Elternhaus, werden aber auch durch Schule, Bildung und Lehrer stark geprägt. Gender Equality – oder auch Diversity – sollte daher als Schulfach in den Unterricht integriert werden – so wie Geschichte oder Politik.

Die Auseinandersetzung mit den Geschlechterrollen im Unterricht kann dazu beitragen, Wahrnehmung und Sensibilität für das scheinbar Normale und Selbstverständliche herzustellen, Akzeptanz und Verständnis füreinander zu entwickeln sowie im Lernen voneinander Rollenvorstellungen zu erweitern.

2. Eine „Quote“ für Lehrer

Alle Kinder lernen Lesen und Schreiben. Dabei ist es egal, ob die Lehrkraft ein Mann oder eine Frau ist. Wir sollten allerdings bedenken, dass das Weltbild unserer Kinder schon im Kindergarten und in der Grundschule beeinflusst wird. Wenn dort keine Männer arbeiten, führt das dazu, dass Jungen sich weniger für den Beruf des Grundschullehrers interessieren. Sind es dann im Gymnasium primär Männer, die Mathematik und naturwissenschaftliche Fächer unterrichten, führt das wiederum dazu, dass Mädchen sich weniger dafür interessieren, in diese Bereiche zu gehen.
Grundsätzlich brauchen wir aber auch mehr Lehrkräfte aus einem anderen kulturellen Umfeld, der LGBT-Community sowie welche mit und ohne Behinderung. Wünschenswert wäre es, im Lehrerzimmer eine gesellschaftliche Vielfalt zu haben. Eine Quote könnte mehr Diversität schaffen und Kinder an das Normal, das sie im Diversitätsunterricht theoretisch lernen, in der Praxis gewöhnen.

3. Förderung der Role Models

Junge Menschen richten ihr Verhalten vor allem an ihren Vorbildern aus. Das bestätigt mir auch Hauke Schwiezer, Gründer und CEO von STARTUP TEENS, immer wieder in Gesprächen: „Wer uns prägt, entscheidet, welchen Werdegang wir einschlagen.“
Vorbilder spielen daher eine essenzielle Rolle, denn Ungleichheit fängt schon im Kindesalter an und prägt unsere Einstellungen und Verhaltensweisen im Erwachsenenalter. Wenn wir bestimmte Rollenmuster vorgelebt bekommen, nehmen wir diese als gegeben hin.

Ein bunter Mix an Lehrern kann hier einen Grundstein legen für eine Gesellschaft, die allen gleiche Chancen ermöglicht. Wenn wir unser Land wirtschaftlich fit für die Zukunft machen wollen, müssen wir uns heute bemühen, dass Mädchen und Jungen gleichwertig erzogen und ausgebildet werden.

Vielfalt fördert die Profitabilität

Zahlreiche Studien belegen, dass vielfältig besetzte Chefetagen einen positiven Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens haben. Für mich als Zahlenfrau ist es daher nicht nachvollziehbar, dass wir Profit verschenken, um traditionellen Rollenmustern treu zu bleiben.

Mehr Diversität in Schulen führt zu gemischter Führung in der Wirtschaft. Das macht uns als Deutschland erfolgreicher. Hauke Schwiezer geht sogar noch weiter: „Wir brauchen ein radikales Umdenken in unserer Wirtschaft und Gesellschaft. Momentan gibt es in den DAX-Unternehmen nur ganz wenige Vorstände, die um die 30 sind, ganz zu schweigen von noch jüngeren Vorstandsmitgliedern oder eben Frauen. Deutschlands Unternehmenskultur muss sich jetzt radikal ändern, wenn wir in zehn Jahren noch innovativ und damit wettbewerbsfähig sein möchten.“

Lasst uns also unser Bildungssystem umdenken – für eine erfolgreiche Zukunft unseres Landes.

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