Ein Mobility-Start-up greift an Omio: Großes Ticket, große Gegner

Seite 2/2

Gefahr von Google 

So könnte die Corona-Pandemie langfristig das Geschäft vom Omio stützen – auch wenn vorerst spektakuläre Wachstumszahlen beim Umsatz ausbleiben dürften. Doch von anderer Stelle droht dem Start-up Gefahr: Sowohl von dem Suchmaschinenkonzern Google als auch von der Deutschen Bahn wird Omio gebremst.

Das Start-up hat sich deshalb dem flammenden Appell von einigen deutschen Reise-Start-ups gegen Tech-Giganten Google angeschlossen. Die digitale Allianz, angeführt von Veranstaltungsvermittler Getyourguide, beschwert sich jetzt sogar bei der EU-Kommission. Der Vorwurf: Google verlange viel Geld für prominente Werbeplatzierungen in der Suchmaschine - und arbeitet sich parallel selbst in die Geschäftsfelder vor. Ob die Beschwerde schon bei der EU-Kommission eingegangen ist, will eine Sprecherin nicht kommentieren. Nur so viel lässt sich die Behörde entlocken: Man beobachte die betroffenen Märkte.

Die große Gefahr, gerade für eine Meta-Suchmaschine wie Omio, die die Daten von zahlreichen Anbietern durchforstet und zusammenführt: Irgendwann kann Google selbst zum Ticketanbieter werden. Wer nach einer Verbindung wie „Köln – Marseille“ sucht, könnte dann direkt bei Google mit einem Klick die Fahrkarte buchen. Je standardisierter ein solcher Prozess funktioniert, je zentraler die Datenbanken sind, desto geringer sind die Hürden für die nächste Digitalfirma. Bei Flug- und Hotelbuchungen mischt Google schon mit.

Im zersplitterten Mobilitätsmarkt leistet Omio aktuell Vorarbeit. Hat aber bald jeder Bus- und Fährbetreiber eine saubere Schnittstelle, könnten andere Plattformen vergleichsweise einfach einsteigen. Um langfristig den Zugang zum Nutzer nicht zu verlieren, setzt Omio auf einen Mix an verschiedenen Werbekanälen. Und vor allem darauf, die Reisenden zum Einsatz der eigenen App zu motivieren – und so gar nicht mehr den Umweg über Google gehen.

Beschwerden gegen die Bahn

Noch kann die App jedoch nicht alle Informationen über eine Reise darstellen. Wenn sich ein Zug verspätet oder komplett ausgebucht ist, wird das Omio-Kunden nicht sofort angezeigt. Ein Grund dafür aus Sicht des Start-ups: die Weigerung einiger Verkehrsunternehmen, Daten über Schnittstellen bereitzustellen. „Das größte Problem sind die staatseigenen Anbieter“, wettert Radke. Insbesondere mit der Deutschen Bahn liegt das Start-up über Kreuz. 

Und auch hier sind mittlerweile die Wettbewerbshüter hellhörig geworden: Das Bundeskartellamt hat Ende November ein Verwaltungsverfahren gegen die Deutsche Bahn eingeleitet. „Innovative, moderne Mobilitätskonzepte und der Online-Fahrkartenvertrieb bauen natürlich auch auf die Bahn“, sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt Ende des Jahres. „Ein wichtiger Zukunftsmarkt sind daher digitale Plattformen, über die Reisende aus einer Hand sämtliche Verkehrsmittel buchen können, um ihr Ziel zu erreichen“. Eine Chance haben die Plattformen jedoch nur, wenn ihnen alle Daten zur Verfügung stehen. Man habe Informationen, dass die Bahn digitalen Mobilitätsplattformen wichtige Informationen vorenthalte, hieß es aus Bonn. Zudem soll die Deutsche Bahn umfangreiche Vorgaben gemacht haben, wie dritte Anbieter die Tickets bewerben dürfen – und explizit Rabatte untersagt haben. Ähnliche Vorwürfe gab es in der Vergangenheit schon von Wettbewerbern auf der Schiene.

Nun fühlen sich auch digitale Anbieter gebremst. Omio berichtet, dass der Staatskonzern Ende des vergangenen Jahres sämtliche Verträge mit allen Anbietern gekündigt und neu verhandelt habe. Zu welchem Schluss das Kartellamt bei seiner Untersuchung kommt, ist noch nicht klar: Weil das Verfahren laufe, könne man keine Auskünfte geben, heißt es auf Nachfrage der WirtschaftsWoche von der Behörde.

Während die Wettbewerbshüter die Verbindungen studieren, wirbt Omio bei seinen Nutzern um Vertrauen. „Lass uns wieder reisen“, empfängt die Homepage den Besucher. Und zeigt im eigens aufgestellten „Open Travel Index“ an, in welchen Ländern Reisende nach Einschätzung des Start-ups problemlos unterwegs sein können. Zumindest in Europa steht die Ampel aktuell meistens auf Grün.

Mehr zum Thema
„Google geht in unser Geschäft rein wie ein Krake“: Johannes Reck, CEO von GetYourGuide, über das Geschäft mit Google und warum Deutschland das Verhalten des Suchdienstes nicht tolerieren sollte.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%