Gründer Mein Freund, der Promi

Gemeinsam mit dem schwedischen Start-up Memmo produziert der ehemalige Handballer Stefan Kretzschmar kurze Grußvideos für seine Fans. Quelle: dpa

Das schwedische Start-up Memmo will mit Videobotschaften von Stars den deutschen Markt erobern. Und setzt auf einen zynisch anmutenden Wachstumstreiber: Die Existenznöte vieler Schauspieler und Musiker in Corona-Zeiten.

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Was haben der ehemalige Handballer Stefan Kretzschmar, Ex-No-Angels Sängerin Nadja Benaissa, der Schauspieler Jan Hartmann und die Fußballerin Alex Popp gemeinsam? 
Man kann sie mieten,  wenn auch nur für ein paar Sekunden. Gemeinsam mit dem schwedischen Start-up Memmo produzieren sie kurze Grußvideos für ihre Fans – zum Geburtstag, zur Hochzeit, zum Firmenjubiläum. Bei Kretzschmar kostet das 50 Euro, bei Benaissa 30, bei Hartmann 19 und bei Popp 10 Euro. Die Preise bestimmen die Stars selbst – und können sie je nach Nachfrage anheben oder herabsetzen. 75 Prozent der Einnahmen behalten sie selbst, der Rest geht an Memmo, das ungewöhnliche Start-up des schwedischen Gründers Gustav Lundberg Toresson. 

Die Idee zur Gründung seines Unternehmens kam ihm während eines Abendessens in den USA, als er durch Zufall Elon Musk als Sitznachbar hatte. „Das Gespräch hat mich so inspiriert, dass ich mir nach meiner Rückkehr dachte, dass auch andere die Chance bekommen sollten mit ihrem Idol in Kontakt zu treten“, sagt Lundberg. Gemeinsam mit Tobias Bengtsdahl gründete er rund zwei Jahre später im Spätsommer 2019 Memmo. Nach dem erfolgreichen Launch in ihrer Heimat wollen sie nun neben Finnland, Norwegen und Italien auch Deutschland erobern. Bei der Expansion hilft eine im Dezember eingesammelte Finanzierung in Höhe von zwei Millionen Dollar. Geld, das unter anderem von der globalen Investmentfirma Luxor Capital, von 31 Atlantic Capital, Altitude Capital AS und den Gründern des E-Scooter-Verleihers Voi stammt.

800 Promis sind schon zu haben

„Der deutsche Markt ist für uns besonders spannend, weil die Menschen gerne Neues ausprobieren und dem Digitalen gegenüber aufgeschlossen sind“, sagt Gustav Lundberg Toresson.
Seit der Expansion kümmert sich ein deutsches Team von Berlin aus darum neue Stars auf die Plattform zu locken. Aktuell sind rund 800 auf der Homepage von Memmo vertreten. Beim amerikanischen Konkurrenten Cameo sind es alleine in der Kategorie Schauspieler mehr als 7500, bei den Musikern rund 4800, darunter bekannte Namen wie Snoop Dogg. 

Davon ist Memmo noch weit entfernt, doch mit der Entwicklung sei man sehr zufrieden, sagt Toresson. Gerade in Zeiten des Corona-Lockdowns seien sowohl die Nutzerzahlen als auch die Anfragen der Promis, die Teil der Memmo-Familie werden möchten, stark gestiegen. „Viele Schauspieler, Entertainer und Sportler befinden sich aktuell in einer schwierigen Situation, weil ihre Engagements und Termine abgesagt wurden“, erklärt Lundberg Toresson sich die gesteigerte Nachfrage. 

Dennoch könnte seine Geschäftsidee es hierzulande schwerer haben als es derzeit aussehen mag, glaubt zumindest Daniel Dreier.

Der Berliner hat gemeinsam mit Jens Scheidemann Fandreams gegründet, das deutsche Pendant zu Memmo. Das Start-up ging fast zeitgleich mit den Schweden an den Markt und sah sich direkt in den ersten Wochen heftiger Kritik ausgesetzt. In einer Boulevardzeitung hatte ein Künstlermanager das Vorgehen des Start-ups als „kriminell“ und „Abzocke“ bezeichnet, woraufhin sich einige der bereits auf der Seite gelisteten Stars wieder zurückzogen.

„In Deutschland herrscht leider eine gewisse Umsonst-Mentalität“, sagt Dreier. Die meisten Videos seien Geschenke, bestellt von Verwandten und Freunden für Fans – und für Geschenke bezahle man in der Regel, so der 32-Jährige. 

Hinzu komme, dass jedes der Videos ein Unikat sei, dessen Herstellung viel Zeit in Anspruch nehme. 

Fernziel USA

Gustav Lundberg Toresson und sein Mitgründer wollen sich von den schlechten Erfahrungen Dreiers nicht bremsen lassen, sie haben stattdessen schon die nächsten Expansionsziele auf die Liste genommen. Nach weiteren europäischen Ländern könne man sich langfristig auch den Sprung über den Atlantik vorstellen, sagt Toresson selbstbewusst.  Die Konkurrenz von Cameo fürchtet er nicht. 

Daniel Dreier und Jens Scheidemann dagegen wären schon froh, wenn es hierzulande doch noch klappt. „Das Thema Videobotschaften steckt anders als in den USA noch in den Kinderschuhen und wir sehen ausreichend Potential.“  Die Berliner wollen die Entwicklung des Marktes genau verfolgen und versuchen  mit der Zeit eine passende Nische zu besetzen. Derzeit findet man auf der Seite vor allem Schlagerstars und Mallorca-Berühmtheiten.

Lundberg Toresson dagegen setzt auf ein breites Portfolio. „Wir wollen ein Netzwerk für alle aufbauen und uns nicht nur auf eine bestimmte Sparte von Prominenten konzentrieren.“ Und es soll nicht bei Videobotschaften bleiben. Geht es nach Lundberg Toresson können Fans in Zukunft auch Live-Chats, virtuelle Coaching-Sessions oder sogar Kochkurse mit Prominenten buchen. Am liebsten hätte der Schwede, der ein begeisterter Fußballfan ist, dabei einige Sportler an Bord. „Mein Ziel ist es Leute wie Miroslav Klose, Stefan Ballack oder Oliver Khan für Memmo zu begeistern.“ Übergroße Bescheidenheit zumindest hat ihn seine Begegnung mit Elon Musk anscheinend nicht gelehrt.


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