
Als sie seine Stimme hörten, trauten sie ihren Ohren kaum. „Hi, hier ist Ashton Kutcher“, tönte es aus dem Telefon, „wie geht’s?“ Doch nach ein paar Sätzen Small Talk hatten Floris und Edial Dekker ihre Nervosität abgelegt. Die beiden Jungunternehmer aus Berlin erzählten dem US-Schauspieler, der durch den Einstieg in die Kult-TV-Serie „Two and a Half Men“ gerade zum bestbezahlten Sitcom-Darsteller Amerikas aufgestiegen war, von ihrer Geschäftsidee: Sie hatten Gidsy gegründet – einen Internet-Marktplatz, über den Menschen besondere Dienstleistungen verkaufen können. Hier können Weinkenner Weinproben anbieten, Billardexperten Anfängern den Umgang mit dem Queue beibringen, Hobbykünstler Plätze in Zeichenkursen verkaufen. Für ein paar Euro Gebühr, von denen Gidsy stets zehn Prozent Provision bekommt.
Ashton Kutcher investierte
Eine simple, aber bestechende Idee. Dass Kutcher sie sich anhörte, haben die Gründer den Beziehungen zu verdanken, die sie in Berlin geknüpft hatten. Den Kontakt gen Hollywood vermittelte ihnen ein befreundeter Jungunternehmer, mit dem sie regelmäßig beim Mittagessen über die boomende Startup-Szene in der Hauptstadt plaudern. Er reichte ihnen Kutchers E-Mail-Adresse weiter, sie schrieben dem Promi ein paar freundliche Zeilen, und die Dinge nahmen ihren Lauf.
Kutcher war angetan und ließ den warmen Worten am Telefon bald Taten folgen: Nur wenige Wochen später stattete er den Dekkers in ihrem Büro in Berlin-Kreuzberg einen Besuch ab – und Gidsy mit ordentlich Startkapital aus: Rund eine Million Euro legten der Schauspieler und andere Investoren zusammen.
Berliner-Cluster
Ein Gründermärchen in Zeiten, in denen Wagniskapital knapp ist – Berlins boomende Startup-Szene macht es möglich. Und die Hauptstadt zum attraktiven Nährboden für junge Unternehmer. Auch die Dekker-Brüder hätten ihre Internet-Plattform an jedem Ort der Welt gründen können, entschieden aber ganz bewusst, für diesen Schritt aus Amsterdam nach Berlin zu ziehen. „Hier“, sagt Edial Dekker, „geht es gerade zu wie in einem Goldrausch.“
Denn in der Hauptstadt entwickelt sich etwas, das Wissenschaftler „eine „geografische Agglomeration von Akteuren, die im selben Technologiefeld agieren“ nennen – auf Neudeutsch kurz: ein Cluster. Mehrere Hundert Gründer, Geldgeber und Zulieferer, die sich auf neue Geschäftsmodelle im Internet spezialisiert haben, suchen hier nach neuen Geschäftsideen. Treffen sich spontan oder auch mal zufällig in Cafés, bei Stammtischen oder auf Veranstaltungen. So entstehen Netzwerke, in denen sich Unternehmer Experten empfehlen, Geldgeber finden und Mitarbeiter rekrutieren. Gerade für Gründer, die schlechter verdrahtet sind als gestandene Unternehmer, ist das Gold wert.