Gründer So kommen Start-Ups an Geld

Fehlendes Geld für Start und Ausbau ihres Unternehmens ist für Gründer in Deutschland eine große Hürde. Viele Investoren sind zögerlich. Wie Start-Ups die passende finanzielle Förderung finden.

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Franziska v. Hardenberg Unternehmen: Bloomy Days, Berlin Mitarbeiter: 19 Vollzeit und 60 Teilzeit Branche: Online-Handel Finanzquellen: Familie, Privatinvestoren, institutionelle Risikokapitalgeber Quelle: PR

Blumen liebt sie, seit sie denken kann. Und ihre Geschäftsidee kommt an: Schnittblumen per Mausklick bietet Franziska von Hardenberg auf ihrer Internet-Plattform Bloomy Days an. Tausende Kunden haben bereits ein Abo abgeschlossen, jeder zehnte Kunde gar zwei – genug Arbeit und Umsatz für mittlerweile 19 Voll- und 60 Teilzeitkräfte, die in einer Lagerhalle in Berlin die Blumen arrangieren und versenden. Im kommenden Jahr will die Jungunternehmerin mit ihrem Start-up erstmals Gewinne erzielen.

Alles bestens und nach Plan, könnte man meinen. Eigentlich.

Doch die Suche nach Kapitalgebern war mühsam für von Hardenberg. Seit Januar etwa wirbt die 30-Jährige bei Risikokapitalgebern um einen Millionenbetrag, um ihr weiteres Wachstum zu finanzieren. Etwa 250 Mal hat sie in den vergangenen Monaten ihre Geschichte erzählt, etwa 30 Mal ihre Geschäftsidee ausführlich präsentiert. „Kapital einzusammeln, um das Wachstum einer erfolgreichen Geschäftsidee zu finanzieren, ist in Deutschland schwierig“, sagt von Hardenberg, „weil die Investoren zu zögerlich sind und es zu wenige gibt, die in neue Geschäftsmodelle investieren.“

Woher Startups ihr Kapital erhalten

Wie groß diese Lücke in Deutschland ist, belegt der neue Deutsche Startup Monitor (DSM) des Bundesverbands Deutsche Startups und der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht: Mindestens 650 Millionen Euro benötigen Deutschlands Jungunternehmer in den kommenden zwölf Monaten allein, um in Wachstum zu investieren.

Wer wachsen will, muss investieren

Zum Vergleich: Laut dem Beratungsunternehmen FHP Private Equity Consultants investierten Risikokapitalgeber im vergangenen Jahr 411 Millionen Euro. Zu wenig – und deutlich weniger als etwa in den USA.

Viele Gründer stellt das vor Probleme. Denn wer wachsen will, muss investieren – in Mitarbeiter, Maschinen, Marketing. Laut DSM fühlen sich 38 Prozent in ihren Expansionsplänen aber ausgebremst – Wachstumskapital scheint unerreichbar.

Bei den meisten Jungunternehmern fehlt es schon zum Start an Unterstützern: Acht von zehn Gründern sind aufs eigene Ersparte angewiesen. Jeder dritte Gründer besorgt sich das Geld zunächst bei den sogenannten „3F“: Family, Friends and Fools – bei Familie, Freunden und Verrückten.

Auch von Hardenberg blitzte in Finanzierungsgesprächen anfangs immer wieder ab: „Ich brauchte nur Blumen, Internet und Abo sagen, da sind bei den Banken die Alarmglocken angegangen“, erzählt die 30-Jährige. Ein Bankangestellter habe ihr sogar empfohlen, doch einfach eine Currywurstbude zu eröffnen – dafür hätte er einen Kredit gewährt. Der Start als Unternehmerin gelang letztlich nur, weil ihr Vater ihr 25.000 Euro lieh.

Der Staat gründet mit

Dabei gibt es – ob in Gründungs- oder Wachstumsphase – durchaus Alternativen zum Griff in die Familienkasse: Vater Staat. Die Palette der Förderangebote aus dem Steuersäckel reicht von Zuschüssen über Kredite bis hin zu Beteiligungen, wie sie etwa der halbstaatliche High-Tech Gründerfonds eingeht. Weit über 100 Millionen Euro standen laut Subventionsbericht der Bundesregierung im Jahr 2013 für die Förderung von jungen, innovativen Unternehmen zur Verfügung.

Doch zwei von drei Start-Ups lassen die Möglichkeit, sich vom Steuerzahler beim Aufbau ihres Unternehmens finanziell unter die Arme greifen zu lassen, ungenutzt – das belegen sowohl der DSM als auch der KfW Gründungsmonitor.

Das dürfte auch daran liegen, dass Gründer den staatlichen Förderdschungel nur schwer durchdringen. Das jedenfalls kann Kumardev Chatterjee bestätigen. Der Präsident des European Young Innovators Forum will das ändern. Er reist derzeit durch die Republik, um Gründern zu helfen, das Förderprogramm Horizont 2020 anzuzapfen, mit dem die Europäische Union Forschung und Innovation in den Internet- und Kommunikationstechnologien fördert.

Geringe Resonanz

Knapp 2,8 Milliarden Euro stehen für kleine und mittelgroße Unternehmen zur Verfügung – weder sind Zinsen fällig, noch müssen Unternehmer Firmenanteile abgeben. Dennoch: „Bisher war die Resonanz auf das Programm eher gering“, sagt Chatterjee, „dabei kann es die Start-up-Szene enorm weiterbringen.“

Neun Schritte zum perfekten Businessplan
Wie an kaum einer anderen Hochschule werden Studenten in Stanford angehalten, Startups zu gründen. Quelle: Fotolia
Erledigte Aufgaben abhakenDieser Trick stammt aus dem Bereich des Zeitmanagements und der Selbstorganisation. Selbst kleine und scheinbar ganz banale Aufgaben können Spaß machen, wenn Sie diese auf einer To-Do-Liste aufschreiben und dann Stück für Stück abhaken. Das geht am besten ganz altmodisch mit Stift und Papier. Bereits der Vorgang des Aufschreibens und dann das Gefühl beim Durchstreichen oder abhaken einer Aufgabe kann Ihre Stimmung enorm steigern. Quelle: Fotolia
4. Beschreibung des Produkts / der DienstleistungWährend die ersten beiden Abschnitte knapp gehalten werden sollten, dürfen jetzt Details folgen. Wenn Sie ein Produkt vertreiben wollen, muss der Businessplan den aktuellen technischen Entwicklungsstand beinhalten sowie Informationen über bestehende Patente oder Lizenzen. Handelt es sich dagegen um eine Dienstleistung, sollten Sie vor allem Alleinstellungsmerkmale betonen. Was macht Ihr Angebot anders als das des Wettbewerbers? Quelle: dpa
5. MarktanalyseKeine Firmengründung ohne Kenntnisse des Markts und der Branche! Dazu lohnt eine genaue Zielgruppendefinition inklusive Einkommen und Zahlungsmoral der möglichen Kunden. Dabei sollten Sie im Blick behalten, ob Sie das Produkt nur regional oder auch bundesweit oder sogar international anbieten wollen. Auch ein Blick auf den Wettbewerber ist wichtig: Wer kann Ihnen Konkurrenz machen und welche Strategien verfolgen andere Unternehmen? Das kann auch dabei helfen, Produkte mit Alleinstellungsmerkmal zu entwickeln. Quelle: dpa
Laut der Studie wollen 30,3 Prozent der Befragten ihren Job kündigen. 58,7 Prozent davon haben sogar ganz konkrete Pläne, ihren Arbeitgeber in naher Zukunft zu wechseln. Insgesamt hat ein Fünftel der Befragten in den ersten drei Monaten des Jahres das Unternehmen gewechselt, 10,3 Prozent haben aktuell ihren Arbeitsvertrag gekündigt.Die gute Nachricht ist: An den Kollegen, der Abteilung oder den Vorgesetzten liegt es nicht. Mit der menschlichen Komponente sind die deutschen Arbeitnehmer in der Regel sehr zufrieden. Auch fühlen sich drei von vier Befragten ihrem Arbeitgeber verbunden und zwei Drittel sind sogar bereit, sich mehr als nötig für ihr Unternehmen zu engagieren. Quelle: Fotolia
Das Centre of Human Resources Information Systems der Universitäten Bamberg und Frankfurt hat sich zum zehnten Mal mit der Sicht von Jobwechslern auf den aktuellen und den zukünftigen Arbeitgeber befasst. Für die Studie "Bewerbungspraxis 2013 " sind mehr als 6.000 Menschen befragt worden, was einen attraktiven Arbeitgeber ausmacht, womit sie in ihrem Job zufrieden oder unzufrieden sind und auf welchem Weg sie nach einem neuen Job suchen. Die Teilnehmer sind im Schnitt 38,7 Jahre alt und haben mehr als zehn Jahre Berufserfahrung. Quelle: Fotolia
Tipp 10: Prioritäten setzenWer sich zu viel vornimmt, ist leicht überfordert. Ein Fünf-Punkte-Plan kann dabei helfen, alles zu schaffen, was Sie im Laufe des Tages erledigen wollen. Die Idee: Schreiben Sie sich abends oder früh am Morgen fünf konkrete Punkte in den Kalender, die Sie erledigen wollen. Sobald Sie eine Aufgabe erledigt haben, können Sie einen Haken auf der To-Do Liste setzen. Das fühlt sich gut an und strukturiert außerdem Ihren Tag.    Quelle: dpa-tmn

Tim Pohlmann wurde auf der Suche nach Kapital nicht in Brüssel, sondern in Berlin fündig. Der promovierte Volkswirt hat lange an der TU Berlin erforscht, wie sich aus statistischen Daten Technologietrends und Marktentwicklungen ableiten lassen. Als er merkte, wie groß das Interesse bei Unternehmen daran ist, kündigte er 2013 seine Stelle als Wissenschaftler und gründete zusammen mit dem Informatiker Dmitri Gerats selbst eines. IPlytics war geboren.

Ihre Geschäftsidee: Eine Online-Plattform, auf der Unternehmen Millionen von Patentdaten, Forschungsergebnisse und Produktbeschreibungen durchsuchen und auswerten können, um Technologien der Zukunft zu identifizieren und ihre Konkurrenten im Blick zu behalten.

"Bürokratisch, aber unverzichtbar"

Den Start sicherte der Staat: Exist, ein Gründerstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums, finanzierte den Unternehmern zwölf Monate lang ihren Lebensunterhalt und unterstützte sie mit Coachings. Das Stipendium sei zwar „etwas bürokratisch“, sagt Pohlmann, „aber unverzichtbar“.

Die große Nachfrage von Konzernen wie Siemens, Deutsche Telekom und Bosch setzte die Gründer unter Wachstumsdruck: Um eine GmbH zu gründen, Entwickler einzustellen und die Plattform weiterzuentwickeln, mussten sie Geld in die Hand nehmen. „Uns war klar“, sagt Pohlmann, „wir brauchten Business Angels.“

Also Privatinvestoren, die nicht nur mit Kapital, sondern auch mit Know-how weiterhelfen. Und bei gewichtigen Entscheidungen gern ein Wörtchen mitreden. Ihr Engagement lassen sie sich mit Unternehmensanteilen bezahlen, um diese nach einigen Jahren mit Gewinn zu versilbern.

Geld vom Doktorvater

Den ersten dieser Geldgeber fanden die Gründer in Pohlmanns Doktorvater. „Anfangs war er skeptisch“, sagt Pohlmann. Dann erzählten andere Gründer ihm vom Wagniskapitalzuschuss namens Invest, mit dem der Staat seit 2013 Business Angels ködern will. Er erstattet ihnen 20 Prozent ihres Investments, wenn sie sich an einem jungen innovativen Unternehmen beteiligen. Seit Mai 2013 hat das Bundeswirtschaftsministerium nach eigenen Angaben rund 9,2 Millionen Euro für mehr als 620 Beteiligungen bewilligt und damit über 45 Millionen Euro für Start-ups mobilisiert.

Ein kleiner Teil davon floss auch an Pohlmanns Doktorvater, nachdem er sich mit einem niedrigen fünfstelligen Betrag an dem jungen Unternehmen beteiligt hatte. „Der Zuschuss war ein Trumpf in den Gesprächen“, sagt Pohlmann, „er hat uns geholfen, leichter Geld einzusammeln.“

Welt der Geldgeber ist undurchsichtig

Jetzt suchen er und Gerats nach weiteren Privatinvestoren: Auf der Internet-Seite des Business Angels Netzwerks Deutschland haben sie sich ins sogenannte Invest Verzeichnis eingetragen, in der förderfähige Start-ups gelistet sind. Prompt meldeten sich zwei interessierte Geldgeber – in Kürze steht das erste Gespräch an.

Warum Gründer im Nebenerwerb starten

Passende Business Angels zu finden fällt vielen Gründern allerdings schwer – besonders, wenn sie zum ersten Mal ein Start-Up aufbauen und keine Kontakte besitzen. „Die Welt der Geldgeber ist intransparent wie eine Blackbox“, sagt Philipp Moehring. „Gründer können kaum erkennen, wer zu ihrem Unternehmen passt.“

Um das zu ändern, wechselte der erfahrene Risikokapital-Manager zu Jahresbeginn ins europäische Büro von AngelList in Berlin. Das US-Unternehmen bietet Gründern die Möglichkeit, sich mit Geldgebern zu vernetzen und Investments publik zu machen. Weltweit haben sich auf AngelList rund 300.000 Unternehmen und mehr als 30.000 Investoren registriert – die meisten davon in den USA.

Jetzt will AngelList auch die hiesige Investorenszene transparenter machen – knapp 2000 Gründer und 600 Kapitalgeber aus Deutschland haben sich mittlerweile auf der digitalen Plattform angemeldet. Moehrings Tipp: „Du musst alle wissen lassen, dass du gerade Kapitalgeber suchst – das hilft.“

Gesamtes Erbe riskiert

Wanja Oberhof musste das erst lernen. Er gründete 2007 ein Unternehmen, das aus verschiedenen Nachrichtenquellen individuelle Zeitungen nach Leserwunsch generierte, druckte und auslieferte. Sein Mitgründer hatte sein Erbe, er selbst seine Ersparnisse investiert. 2011 beendeten sie das Projekt. „Uns wurde klar“, sagt Oberhof, „dass wir unsere individualisierte Zeitung als App für Tablet-PCs und Smartphones anbieten müssen statt auf Papier.“

Wanja Oberhof (2. von rechts) Unternehmen: Niiu, Berlin Mitarbeiter: 25 Branche: Medien Finanzquellen: Business Angels, staatliche Fördermittel Quelle: PR

Also gründete er ein zweites Mal und entwickelte mit dem Unternehmen Niiu eine App, mit der Nutzer Inhalte aus vielen verschiedenen Quellen lesen können – die Lokalzeitung genauso wie die „New York Times“. Wer für seine Wunschzeitung knapp 15 Euro pro Monat zahlt, kann sogar auf Angebote hinter den Bezahlschranken der Verlage zugreifen. Inzwischen haben mehr als 1000 Nutzer die Bezahlversion gebucht, das Start-Up beschäftigt 25 Mitarbeiter.

Hilfreiche Gründertagung

Geholfen hat Oberhof beim zweiten Anlauf vor allem, dass er frühzeitig Medienunternehmer als Investoren gewann. In diesem Sommer besorgte sich der Jungunternehmer schließlich rund 900.000 Euro Forschungszuschuss und -darlehen von der Investitionsbank Berlin. Auf das Förderprogramm hatte ihn der Generalbevollmächtigte der Bank am Rande einer Gründertagung hingewiesen. Um mit Niiu auch international wachsen zu können, will Oberhof bald die nächsten Millionen einsammeln – bei institutionellen Risikokapitalgebern.

So wie Gründerin von Hardenberg. Bald nach der Starthilfe durch ihren Vater stellte ihr ein Bekannter den Investor Christophe Maire vor, der sich an ihrem Unternehmen beteiligte. Kurz darauf sammelte sie über die Crowdinvest-Plattform Seedmatch rund 100.000 Euro von 167 Investoren ein.

Inzwischen ist auch die nächste Finanzierungsrunde gesichert: Im August beschlossen die Osnabrücker Intan Group und Hardenbergs Alt-Investoren, sich mit einem siebenstelligen Betrag an Bloomy Days zu beteiligen. Genug Geld, um etwa in TV-Werbung zu investieren. Und ein Grund zum Feiern: Nach dem Notartermin ließ von Hardenberg für die Mitarbeiter zwei Flaschen Champagner springen.

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