In Deutschland gründen immer weniger Menschen Unternehmen. "Nach der Fachkräftelücke kommt nun die Unternehmerlücke", warnte deshalb DIHK-Präsident Eric Schweitzer. Die Industrie- und Handelskammern verzeichneten 2013 einen Rückgang der Existenzgründungen von sieben Prozent. Einer der Gründe dafür: Unter der früheren Arbeitsministerin Ursula von der Leyen wurde die Gründungsförderung in Deutschland systematisch abgebaut. An bundesweiten Zuschussprogrammen sind heute lediglich drei übrig geblieben:
- der Gründungszuschuss
- das Einstiegsgeld
- das Gründercoaching Deutschland der KfW-Bank, welches ein Beratungskostenzuschuss in Höhe von 50 Prozent (entspricht 3000 Euro) für die Beauftragung eines Unternehmensberaters darstellt.
Der Gründungszuschuss ist die Fördervariante für Bezieher von Arbeitslosengeld I. Die 2012 erfolgte Reform führte in der Folge zu einem Einbruch bei der Vergabe des Gründungszuschusses. Es dauerte fast ein Jahr, bis die Vergabepraxis durch zahlreiche Klagen wieder auf einem höheren Niveau stattfand. Das Niveau von 2012 liegt jedoch nach wie vor in weiter Ferne. Geblieben sind von ehemals maximal zwei Jahren Förderung (neun Monate Arbeitslosengeld I plus zwölf Monate Gründungzuschuss plus eventuell drei Monate Gründungszuschussverlängerung) gerade mal 15 Monate Förderung (sechs Monate Arbeitslosengeld I plus sechs Monate Gründungzuschuss plus drei Monate Gründungszuschussverlängerung).
Was sich am Zuschuss geändert hat
Menschen, die Arbeitslosengeld I beziehen, können den Gründungszuschuss beantragen, daran hat sich nichts geändert. Neu ist, dass sie jetzt keinen Anspruch mehr auf die Förderung haben. Ob sie Geld bekommen, entscheidet ihr Sachbearbeiter.
Ursprünglich musste der zukünftige Gründer noch 90 Tage lang Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben, wenn er sein neues Unternehmen aus der Taufe hebt. Dieser Gründungszeitpunkt wurde 2012 erhöht: Der vorhandene Restanspruch auf ALG I muss nun 150 Tage betragen.
Ursprünglich galt: Wer sich selbständig machte, bekam neun Monate lang das Arbeitslosengeld plus 300 Euro Sozialversicherungspauschale. Bei Bedarf wurden die 300 Euro nach Ablauf dieser Zeit noch sechs Monate weiter bezahlt. An den insgesamt 15 Monaten Förderung ändert sich erst einmal nichts, allerdings ändert sich die Dauer der einzelnen Förderphasen: Phase eins wird auf sechs Monate verkürzt, Phase zwei auf neun Monate verlängert.
Hinzu kommt, dass sich die meisten Gründer in Deutschland in einer unbewussten Inkompetenz befinden: Sie wissen nicht, dass sie vieles nicht wissen, was sie wissen müssten, um erfolgreich zu sein. Dies ist der Hauptgrund dafür, warum so viele Gründungen scheitern. Würde man gezielt ein Programm entwickeln, das die Kompetenz der Deutschen im Gründungsbereich fördert, so wäre dies ein guter erster Schritt in Richtung nachhaltigerer Gründungen. Derzeit wird häufig das gefördert, was für den Experten schon von Anfang an keine Chance hat.
Welche Förderungen es gibt und was sie bringen
Schaut man in die Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, so findet man dort zum Beispiel für Nordrhein-Westfalen 37 Förderprogramme, größtenteils gefördert vom Bund. Doch welches Programm kann von „normalen“ Gründern wirklich genutzt werden und wie hilft diesen dieses Programm dann weiter? Das Einstiegsgeld wäre hier zu nennen, wenn man eine sogenannte Notgründung aus dem Arbeitslosengeld II (Hartz IV) heraus starten möchte oder muss. Notgründung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass alle anderen Maßnahmen der Arbeitsvermittlung gescheitert sind. Hinter dem Einstiegsgeld verbirgt sich, dass Gründer weiter Arbeitslosengeld II erhalten, sie aber im Gegenzug ein Gewerbe anmelden und sich um Selbstständigkeit bemühen. Es besteht überdies die Möglichkeit (kein Rechtsanspruch), ein Darlehen über bis zu 5000 Euro für Investitionen zu erhalten. In der Praxis wird dieses Darlehen kaum gewährt, weil mit dem Geld häufig Missbrauch getrieben wird.
Die aktuelle Vergabepraxis und die Höhe der Förderung wirken sich auch auf andere Förderprogramme aus: Zum einen auf das Gründerkredit-Startgeld, für das Banken häufig den Gründungszuschuss als Eigenkapitalersatz akzeptierten. Zum anderen auf das Gründercoaching Deutschland, bei dem bis Ende letzten Jahres 90 Prozent der Kosten bei der Gründung mit dem Gründungszuschuss von der KfW-Bank übernommen wurden. Jetzt sind es nur noch 50 Prozent.
Wer die Förderung beantragt
Die ehemaligen Förderungen für die Ich-AG nahmen oftmals auch gering qualifizierte Gründer in Anspruch. Den Gründungszuschuss beantragen dagegen mehr Arbeitslose mit höheren Bildungsabschlüssen.
Gründer, die den Zuschuss beantragen, sind im Schnitt 40,5 Jahre alt. Die Förderung wird eher von den über 50jährigen als von den unter 25jährigen beantragt.
Deutschlandweit haben die Männer bei den Gründungen die Nase vorn. Nur 37 Prozent der Neugründer sind Frauen. (Quelle: KfW-Gründungsmonitor) Bei den vergebenen Zuschüssen ist der Anteil ganz ähnlich: 35 Prozent der Empfänger sind weiblich.
Im Osten Deutschlands ist die Zahl der Gründer etwas zurückgegangen. Den Gründerzuschuss beantragten rund 23 Prozent, bei den vorherigen Programmen Ich-AG und Überbrückungsgeld wagten noch 30 Prozent den Sprung in die Selbstständigkeit.
Das Gründerkredit-Startgeld, ein Kreditprogramm bis 100.000 Euro mit 80 Prozent Besicherung, kann im Prinzip jeder beantragen. Der Aufwand der Beantragung ist für die Hausbanken jedoch so groß, dass diese Kredite unter 30.000 Euro häufig ablehnen. Hinzu kommt, dass der Ertrag aus den Krediten für die Bank so klein ist, dass diese in nahezu jedem Fall Versicherungen dazu verkaufen müssen. Trotzdem ist das Gründerkredit-Startgeld eines der wenigen funktionierenden und sinnvollen Förderprogramme.
Das Mikrokreditfonds Deutschland Programm, bei dem Kredite bis zu einer Höhe von 20.000 Euro gewährt werden können, leidet unter dem Antragsverfahren, bei dem nicht selten mehr als 50 Seiten Papier vom Antragsteller ausgefüllt werden müssen. Zudem ist das Programm in der Durchführung bei der Privatwirtschaft angesiedelt und in vielen Fällen nicht gerade günstig.
Sinnvolle Förderung nur für Technologieunternehmen
Die anderen Programme in der Förderdatenbank sind für den normalen Gründer in der Frühphase uninteressant oder, weil an Technologiegründungen gewandt, unerreichbar. Es entsteht der Eindruck, dass in Deutschland überwiegend Technologiegründungen gefördert werden, der „normale“ Gründer bleibt häufig auf der Strecke.
Das Resultat: Gründer in Deutschland finanzieren Ihre Gründung immer häufiger aus eigenen, meist kleinen Mitteln. Nur wenige schaffen es, auf diese Weise langfristig Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen, oder überhaupt selbstständig zu bleiben.
Gastautor Wolfgang Kierdorf ist Buchautor, Dozent und Gutachter in verschiedenen Businessplanwettbewerben.