Gründerinnen Wie Frauen erfolgreich gründen

Seite 2/5

Vorbilder gesucht

Warum die Deutschen keine Kinder wollen
KostenVon der Spielpuppe bis zum Studium - Kinder kosten viel Geld. Diese finanzielle Belastung schreckt viele Deutsche vom Kinderkriegen ab. Das hat eine Umfrage der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen ergeben. Demnach glauben 67 Prozent der Befragten, dass das Geld viele von der Familiengründung abhält. Der Wert habe sich besorgniserregend erhöht, 2011 seien es lediglich 58 Prozent gewesen, sagte der wissenschaftliche Leiter der Stiftung, Professor Ulrich Reinhardt. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes geben Familien rund 550 Euro im Monat für ein Kind aus. Quelle: AP
Freiheit und Unabhängigkeit Am Wochenende feiern gehen, Freunde treffen, reisen: Die Deutschen wollen nach Ansicht von 60 Prozent der Befragten ihre Freiheit und Unabhängigkeit nicht für ein Kind aufgeben. Da scheinen auch finanzielle Anreize durch den Staat kein Argument zu sein. Eine Frau in Deutschland bekommt im Schnitt 1,36 Kinder, im EU-Durchschnitt sind es 1,57. Für die Untersuchung wurden 2.000 Personen ab 14 Jahren gefragt, warum so viele Deutsche keine Familie gründen. 
KarriereEin Karriereknick ist für 57 Prozent das Totschlagargument gegen Kinder. Auch wenn die Politik um flexible Arbeitsmodelle, einen leichteren Wiedereinstieg in den Job und Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen kämpft, so wollen die Deutschen ihren Job nicht für Nachwuchs in der Familie gefährden.
Auch die Meinung, Karriere lasse sich nur schlecht mit Familie vereinbaren, wurde öfter angegeben als noch vor zwei Jahren (54 statt 48 Prozent). Gefordert sind, so heißt es im Fazit der Studie, sowohl die Politiker, die Rahmenbedingungen zu stellen, als auch die Unternehmen, endlich flächendeckend mit der Möglichkeit einer Karriere mit Kind ernst zu machen. „Die Unsicherheit, ja fast schon Angst vor der Familiengründung hält bei vielen Bundesbürgern an“, resümiert Stiftungsleiter Reinhardt. Quelle: dpa
Staatliche Unterstützung Auch wenn es ab dem 1. August einen Rechtsanspruch für unter Dreijährige auf einen Kita-Platz gibt - den Deutschen reicht dies längst nicht aus. 45 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass der Staat immer noch zu wenig tut, um die Geburtenrate in Deutschland zu steigern. Das Argument sei im Westen deutlich öfter zu hören gewesen als im Osten, teilte die Stiftung mit. Der Wert blieb in den vergangenen zwei Jahren unverändert.  Quelle: dpa
Unsichere ZukunftWirtschaftskrise, Klimawandel, Demografie: 39 Prozent der Befragten denken, dass eine unsichere Zukunft der Grund ist, warum sich viele Deutsche gegen ein Kind entscheiden. Der Stiftung zufolge hat das Argument jedoch deutlich an Bedeutung verloren (−7 Prozentpunkte).   Quelle: dpa
Der richtige PartnerManchmal ist es auch ganz simpel, warum kein Nachwuchs geplant ist - es fehlt einfach der richtige Partner. Für 39 Prozent der Befragten sei dies der Grund, warum die Deutschen so wenig Kinder kriegen. Seit zwanzig Jahren nimmt die Anzahl der Single-Haushalte in Deutschland zu, besonders Singles im Alter zwischen 30 und 59 Jahren leben immer öfter allein. Fast ein Drittel der deutschen Singles ist mit dem Alleinsein unzufrieden und wünscht sich einen Partner. Quelle: dpa

„Gender Gap“ nennt Christine Volkmann diese Kluft zwischen Frauen und Männern in der Gründerszene. An der Schumpeter School of Business and Economics der Universität Wuppertal leitet Volkmann den Lehrstuhl für Unternehmensgründung und Wirtschaftsentwicklung. Sie untersucht, warum in der Gründerszene Frauen gegenüber Männern in der Minderheit sind. Und verweist gerne auf die Theorien Joseph Schumpeters, wenn sie zeigen will, dass Unternehmertum traditionell als männliche Domäne verstanden wird. Der renommierte Ökonom prägte den Begriff des Unternehmers im 20. Jahrhundert wie kein anderer und hat ihm Eigenschaften zugeschrieben, die durchweg als männlich gelten – Kampfes- und Siegeswille zum Beispiel. „Frauen“, sagt Volkmann, „spielten bei ihm überhaupt keine Rolle.“

Auch heute noch führten Gründerinnen oft Schattenexistenzen, hat die Forscherin beobachtet. In einem Vortrag fragte sie kürzlich ihre Zuhörer, welche Unternehmerinnen sie denn kennen würden. „Da war erst mal Ruhe im Saal“, sagt Volkmann. Und wünscht sich „mehr Gründerinnen als Rollenvorbilder“.

Unternehmerinnen wie Anike von Gagern und Kathrin Weiß von Tausendkind zum Beispiel, die überzeugt sind, dass sich Unternehmertum gut mit Privatleben und Familie verbinden lässt. Das ist vielen Gründerinnen wichtig: Fast 90 Prozent sind nicht bereit, dem Geschäft gegenüber dem Privatleben Priorität einzuräumen, so die HVB-Studie. Weshalb, so die naheliegende Schlussfolgerung, viele Frauen vermeintlich zugunsten der Familie darauf verzichten, eine oft gute Idee in ein tragfähiges Geschäftsmodell umzumünzen.

Von Gagern und Weiß haben nicht nur vorgemacht, wie man erfolgreich ein Startup gründet, sondern auch, wie sich Familie und Unternehmertum in Einklang bringen lassen. Just als die beiden ihre Jobs als Unternehmensberaterinnen bei McKinsey kündigten, um zu gründen, wurde Weiß zum ersten Mal Mutter. Das zweite Mal schwanger war sie während einer Finanzierungsrunde. Zeitweilig stillte sie ihre Kinder im Büro, arbeitete oft abends und von zu Hause aus. Wichtig sei natürlich gewesen, dass auch ihr Mann mitgespielt habe, der selbst Unternehmer ist. „Aber als Unternehmerinnen können wir uns eben die Arbeitszeiten auch viel freier einteilen als in einer Festanstellung.“

Diese Flexibilität ist für viele Gründerinnen ein zentrales Motiv, um sich selbstständig zu machen – laut HVB-Studie entscheidender als eine gute Geschäftsidee.

Anders als Männer, die im Vorfeld einer Unternehmensgründung meist gezielt mehrere Märkte nach einer lukrativen Nische absuchen und sich dann für den heißesten Trend oder die gewinnbringendste Möglichkeit entscheiden, entwickeln Frauen ihre Geschäftsidee oft aus einem eigenen Bedürfnis heraus – etwa weil sie in ihrem Alltag ein Problem entdeckt haben, das sie lösen wollen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%