Gründertagebuch Stück vom Kuchen

Im ersten Teil berichtet Secomba-Gründerin Andrea Pfundmeier von verführerischen Angeboten und der Suche nach Investoren.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Schlüssel zum Erfolg: Andrea Pfundmeier im Gespräch mit einem Programmierer, der an der neuesten Version der Kodierungssoftware Boxcryptor arbeitet. Inzwischen zählt das Team von Secomba 14 Mitarbeiter, die meisten sind Entwickler. Quelle: Martin Hangen für WirtschaftsWoche

Für viele Gründer ist der Verkauf des eigenen Startups an einen solventen Konzern das Ziel ihrer Träume. Nicht so für Andrea Pfundmeier und Robert Freudenreich: Kaum hatten die beiden gegründet, lehnten sie eine Offerte für ihr Augsburger Unternehmen Secomba ab. Das Startup programmiert Software, mit der sich Daten verschlüsseln lassen, die übers Internet auf Festplatten von Anbietern wie Dropbox gespeichert werden.

Mit der Geschäftsidee hat das Duo den WirtschaftsWoche-Gründerwettbewerb 2013 gewonnen. Von nun an berichtet Gründerin Andrea Pfundmeier ein Jahr lang, wie sich Secomba entwickelt. In der ersten Folge verrät sie, warum die Software anfangs nur ein Nebenprodukt war und wie das Startup Wagniskapitalgeber fand, die beim Wachstum helfen.

Die Nacht der jungen Unternehmer
Das Theater Kerhwieder im Hamburger Hafen. Hier feierten Veranstalter und Gründer gemeinsam die Preisträger. Quelle: Christian Martin für WirtschaftsWoche
v.l.n.r.: Ole Tillmann, Roland Tichy (WirtschaftsWoche) Quelle: Christian Martin für WirtschaftsWoche
Dr. Carsten Brosda (Leiter Amt Medien, Senatskanzlei Hamburg) Quelle: Christian Martin für WirtschaftsWoche
Matthias Hohensee (Korrespondent Wiwo) Quelle: Christian Martin für WirtschaftsWoche
Felix Swoboda (Mobile Event Guide) Quelle: Christian Martin für WirtschaftsWoche
Ulrich Dietz (GFT Technologies) Quelle: Christian Martin für WirtschaftsWoche
v.l.n.r.: Jens Tönnesmann (WirtschaftsWoche), Günter Faltin (Founder Teekampagne; Founder Stiftung Entrepreneurship) Quelle: Christian Martin für WirtschaftsWoche

12. September 2010

Robert hat sein Studium beendet, ich stehe kurz vor dem Abschluss, und uns ist klar: Wir wollen ein eigenes Unternehmen gründen. Unsere Geschäftsidee: die automatisierte Überprüfung von Studentenausweisen für Online-Anbieter mit Studentenrabatten.

15. März 2011

Ein erster Erfolg: Wir überzeugen das Bundeswirtschaftsministerium und sichern uns ein Exist-Gründerstipendium in Höhe von knapp 100 000 Euro.

5. Juni 2011

Wir haben unser erstes Testprojekt erfolgreich abgewickelt und mehrere Tausend Studentenausweise an einem Wochenende überprüft. Nur bezahlen möchte dafür noch niemand.

10. Juli 2011

Bei unserer Suche nach Investoren erwähnen wir, dass wir unsere Daten verschlüsselt in der Dropbox speichern, eine Art digitale Festplatte, auf die sich von überall im Netz zugreifen lässt. Dabei hilft uns Boxcryptor, ein Programm, das wir aus Mangel an guter Verschlüsselungssoftware nebenbei entwickelt haben. Ob wir nicht dafür einen Investor suchen, fragen uns die Geldgeber. Warum eigentlich nicht?

5. August 2011

Testweise veröffentlichen wir Boxcryptor im Dropbox-Forum. Innerhalb von einer Woche wird das Programm über 1000 Mal heruntergeladen. Wir müssen uns entscheiden: Von 9 bis 18 Uhr an den Studentenausweisen arbeiten und von 18 Uhr bis Mitternacht an Boxcryptor – das kann auf Dauer nicht gut gehen.

12. September 2011

Wir arbeiten jetzt rund um die Uhr an Boxcryptor, die Software wird täglich von Nutzern aus aller Welt geladen. Und wir stellen den ersten Mitarbeiter ein! Ein Werkstudent, Informatiker von der Uni Augsburg. Die Chefrolle ist ungewohnt, aber es tut gut, zu wissen, dass es vorangeht.

5. November 2011

Das Exist-Stipendium läuft nur noch bis Ende März 2012. Wir erzielen zwar bereits geringe Umsätze und könnten uns über Wasser halten. Aber wir brauchen Kapital, um wachsen zu können – auch wenn das bedeutet, dass wir Unternehmensanteile abgeben müssen. Aber lieber ein kleineres Stück von einem großen Kuchen als einen kleinen Kuchen ganz.

8. Dezember 2011

Überraschender Anruf: Zunächst möchte der Mann in der Leitung nur Beratung zu Boxcryptor – und will plötzlich investieren. Wir fahren hin, hören uns das Angebot an.

Das ging schnell

Gründerpreis 2013: Die Finalisten
Brooklyn-SoapDas Hamburger Startup will mit Naturkosmetika wie Duschgel und Shampoo Konsumenten erreichen, die nach Meinung der Gründer von etablierten Herstellern eher ignoriert werden: den „modernen urbanen Mann“, wie Felix Ermer es formuliert. Ermer gründete das Unternehmen 2012 mit Jonas Hillebrecht und Viktor Dik. Das Trio will seine Produkte vorerst im Online-Handel, künftig auch über ausgewählte Läden vertreiben. bklynsoap.com Quelle: Presse
ChangersMarkus Schulz und Daniela Schiffer wollen die Welt verändern, den Klimawandel aufhalten und die Energiewende beschleunigen – mit Maroshi, einem Solarpanel zum Stromerzeugen, und Kalhuohfummi, einem Akku zum Stromspeichern. Wer damit sein Smartphone oder Tablet auflädt, sammelt Bonuspunkte, die sich in Ökoprodukte eintauschen lassen. Mit den bisher verkauften Geräten haben die Kunden des Startups bereits eine halbe Million Wattstunden Strom erzeugt.changers.com Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Pflegeschule.deDeutschland im Jahr 2030: Rund 3,4 Millionen Pflegefälle leben hier – rund eine Million mehr als heute. Doch viele Betroffene und Angehörige wissen nicht, welche Leistungen ihnen zustehen. Clemens Meyer-Holz, Timo Heinemann, Oliver Diestel, Alexander Hohl und Philipp Zell haben das Online-Portal Pflegeschule ins Leben gerufen, das Hilfe bietet. Das Startup aus Oldenburg arbeitet mit gewerblichen Partnern zusammen und erhält Provisionen. pflegeschule.de Quelle: Presse
IognosRekord: 2013 werden in Deutschland rund 26 Millionen Smartphones verkauft. Das Münchner Startup Iognos will über die Mobiltelefone Daten erheben und Vorhersagen treffen – im Auftrag von Unternehmen, Behörden, Parteien. Wer an Umfragen teilnimmt und seinen Datenstrom anonymisiert zur Verfügung stellt, wird belohnt. Das Gründerteam ergänzt sich gut: Jörg Blumtritt ist Marktforscher, Kira Nezu und Michael Reuter führen eine App-Agentur und Yukitaka Nezu ist erfahrener Investmentmanager. iognos.com Quelle: Presse
KontextRRund 6,4 Milliarden Euro haben Unternehmen 2012 in Online-Werbung investiert. Weil sich klassische Werbeformate wie Banner auf Smartphones aber nicht gut anzeigen lassen, hat das Münchner Startup KontextR um Gründer Chris Eberl eine neue Werbeform entwickelt. Dabei werden an Schlüsselwörtern Symbole eingeblendet, die Nutzer auf Angebote von Unternehmen leiten sollen. Die ersten Kampagnen auf großen Web-Seiten sind bereits umgesetzt. Quelle: Rudolf Wichert für WirtschaftsWoche

12. Januar 2012

Das erste Termsheet liegt auf dem Tisch. Damit bekundet ein Investor die Absicht, zu bestimmten Konditionen zu investieren. Wir haben keine Ahnung, was das Angebot taugt – wir brauchen Zeit, um unseren Marktwert besser einschätzen zu können. Ich starte eine Reise durch Deutschland und pitche vor Business Angels und Investoren

5. Februar 2012

Als das Telefon klingelt, können wir es nicht glauben: Vorstandschef und Finanzvorstand eines US-Unternehmens möchten uns besuchen, um Kooperationsmöglichkeiten zu evaluieren. Eine Woche später stehen sie vor der Tür unseres Uni-Büros. Den ganzen Tag lang diskutieren wir über Produkt, Markt und Zukunftsaussichten. Am Ende machen die beiden uns ein Kaufangebot und laden uns in die USA ein. Wir schwanken zwischen Freude und Ungläubigkeit und nehmen die Einladung an.

17. Februar 2012

Auf geht es in die USA: Drei Tage lang werden wir in die schönsten Hotels und Restaurants eingeladen, sitzen in Meetings mit Mitarbeitern des Unternehmens und diskutieren weiter. Am Ende der drei Tage müssen wir uns entscheiden. Das ist nicht einfach. Aber wir haben nicht gegründet, um unser Unternehmen nach einem Jahr wieder zu verkaufen, sondern um es selbst aufzubauen. Also lehnen wir das Kaufangebot ab!

15. März 2012

Erstes Fazit nach Monaten mit vielen Pitches, Gesprächen und Terminen: Wir haben sieben Investitionsangebote! Wir wollen allerdings am liebsten Business Angels aus unserer Branche. Deswegen entscheiden wir uns für Jan Hichert, Markus Hennig und Gert Hansen. Sie haben selbst ein Security-Softwareunternehmen gegründet und passen perfekt zu uns. Und darauf kommt es an.

Kryptische Zeichen Programmierer von Secomba am Unternehmenssitz in Augsburg. Quelle: Martin Hangen für WirtschaftsWoche

10. Mai 2012

Juhu, das Geld ist auf dem Konto – ein mittlerer sechsstelliger Betrag. Wir freuen uns wie Kinder und können die Augen gar nicht vom Kontoauszug wegbewegen.

1. September 2012

Das ging schnell: Wir haben jetzt sieben Festangestellte und drei Praktikanten an Bord. Und müssen uns in unsere neuen Rollen als Manager einfinden.

8. Dezember 2012

Die Softwareentwicklung läuft sehr gut, aber die Kosten steigen: neue Mitarbeiter, neue Computer, neues Büro. Zwar haben wir noch ein sehr großes finanzielles Polster, aber unsere Investoren drängen auf ein „Krisentreffen“. Unser größter Kostenpunkt ist Personal, und hier möchten wir nicht abbauen. Im Gegenteil: Am liebsten würden wir sofort noch weitere Entwickler einstellen. Uns bleibt nur eine Alternative: Wir müssen die Umsätze ankurbeln.

7. März 2013

Die Umsätze haben sich hervorragend entwickelt – dank guter Pressearbeit. Über Artikel in Fachmagazinen und Beiträge im Netz bekommen wir die meisten neuen Nutzer.

8. Mai 2013

Wir arbeiten an unserer neuen Boxcryptor-Version. Eigentlich wollten wir sie schon im ersten Quartal veröffentlichen und zeitgleich dazu das Preismodell umstellen: weg von der einmaligen Lizenzgebühr hin zu einem Abo-Modell mit Jahresgebühr – und regelmäßigen Updates für alle gängigen Betriebssysteme. All das kostet Zeit, wir werden langsam nervös.

Gute Nachrichten

Die besten Standorte für Startups
Platz 17: Berlin Quelle: dpa
Platz 10: Moskau Quelle: dpa
Platz 9: Bangalore Quelle: Reuters
Platz 8: Sao Paulo Quelle: Reuters
Platz 7: Singapur
Platz 6: Los Angeles Quelle: AP
Platz 5: Tel Aviv Quelle: Reuters

19. Mai 2013

Ich sitze im Regierungsflieger: Mit Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler und rund 50 Gründern reise ich ins Silicon Valley. Eine erstklassige Gelegenheit, mir bei Facebook, Google und Co. ein Bild davon zu machen, wie die Konzerne mit dem Thema Sicherheit umgehen.

5. Juni 2013

Endlich! Wir veröffentlichen nicht nur eine komplett neue Version unserer Software, sondern auch unsere neue Web-Seite!

6. Juni 2013

Was für ein Timing: Der US-Amerikaner Edward Snowden veröffentlicht Dokumente, die Aufschluss über die Spionagepraktiken von US-amerikanischen Geheimdiensten geben. Für uns eine riesige Marketingaktion – daraus müssen wir das Beste machen. Tatsächlich berichten auf einmal zahlreiche Online-Portale über uns – wir verzeichnen Tausende Downloads.

2. Juli 2013

Das Feedback unserer Kunden ist überwiegend positiv. Aber einige kritisieren unser Abo-Modell – also bieten wir die Option, nur einmal zu bezahlen, wieder an. Wir wollen ja nicht schon zu Beginn betriebsblind werden.

30. September 2013

Gute Nachrichten: Der September ist der erste Monat, in dem wir unterm Strich einen positiven Cash-Flow verzeichnen. Wir sind auf dem richtigen Weg!

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%