Die Redakteure von Bloomberg nennen das Produkt ein Symbol für all das, was bei Start-ups im Silicon Valley schief läuft. Und das ist laut einer Analyse der Datenexperten von CB Insights vor allem, dass die Unternehmen Produkte oder Dienstleistungen entwickeln, die kein Mensch braucht. Zumindest seien daran 42 Prozent der untersuchten Pleite-Start-ups gescheitert.
Eine ganz ähnliche Beobachtung machte auch Mathieu Carenzo, Business Angel und Dozent an der IESE Business School. „Den Verbraucher glücklich zu machen, sollte immer an erster Stelle stehen. Schließlich steht und fällt das Start-up mit ihm“, sagt er. Um den glücklich zu machen, müssen Gründer seine Wünsche und Probleme kennen und sie erfüllen beziehungsweise lösen. „Irgendwo wird sich irgendwer schon für Ihr Produkt interessieren. Sie wissen nur noch nicht, wer das sein soll? Klingt, als würde es diese Leute nicht geben“, so Carenzo.
Außerdem treffe er häufig auf Gründer, die das Marktpotenzial überschätzen. Nur weil rund um Barcelona 500.000 Frauen leben, von denen 60 Prozent mindestens einmal im Jahr Schuhe kaufen, könne man nicht davon ausgehen, deshalb in einem Damenschuhgeschäft in Barcelona pro Jahr 300.000 Kundinnen zu bedienen.
So sieht der deutsche Start-up-Markt aus
Startups sind per Definition des Deutschen Start-up-Monitors (DSM) jünger als zehn Jahre und zeichnen sich durch "ein signifikantes Mitarbeiter- und/oder Umsatzwachstum" aus. Wer einen Kiosk eröffnet, hat demnach kein Start-up gegründet, sondern eine sogenannte Existenzgründung. Und wer ein Schuhgeschäft mit drei Angestellten aufmacht, betreibt ein kleines, mittelständisches Unternehmen (KMU) und kein Start-up.
Quelle: Deutscher Start-up-Monitor vom Bundesverband Deutsche Startups e.V. (BVDS) und KPMG in Deutschland
Das dritte Kriterium, woran man ein Start-up erkennt: die Gründer sind mit ihrer Technologie und/oder ihrem Geschäftsmodell (hoch) innovativ. "Gründerinnen und Gründer sind voller Ideen und voller Begeisterung. Sie entwickeln aus Problemlösungen Geschäftsmodelle. Gründungen sind Lebenselixier für unsere Wirtschaft und Motor des strukturellen Wandels. Denn kreative Ideen und innovative Geschäftsmodelle modernisieren unsere Wirtschaftsstruktur, erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit und schaffen neue Arbeitsplätze", sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in seinem Grußwort zum aktuellen DSM.
Die meisten Start-ups finden sich in der Rhein-Ruhr-Region, in und um München, in der Region Karlsruhe/Stauttgart, im Raum Hamburg, in und um Frankfurt am Main - und natürlich in Berlin: Auf 1.000 erwerbsfähige Berliner kommen 26 Gründer - so viele wie nirgendwo sonst in Deutschland.
Laut dem European Startup Monitor arbeiten inklusive der Gründer 12,9 Menschen in einem durchschnittlichen europäischen Startup. In Deutschland ist die Zahl der Mitarbeiter überdurchschnittlich hoch: Hier sollen Startups im Schnitt über 15 Mitarbeiter verfügen – ohne die Gründer mitzurechnen.
Knapp zehn Prozent der Gründerinnen und Gründer von Startups und 22 Prozent der Beschäftigten in Startups kommen aus dem Ausland. Rund 13 Prozent der Gründer in Deutschland sind Frauen.
Was nicht heißen soll, dass jedes Start-up aus dem Valley Murks produziert oder es keine Gründer gibt, die nachhaltige Geschäftsmodelle und vernünftige Preiskalkulationen haben. Neben all den Plattformen, über die sich Möbel, Kleidung und Fahrräder konfigurieren lassen, Essen bestellt oder schlicht eingekauft wird, gibt es sowohl in den USA als auch in Deutschland eine ganze Menge junge Unternehmen, die innovativ sind, neue Märkte eröffnen oder beispielsweise die Medizintechnik von morgen entwickeln.
Das erkennen auch immer mehr Investoren und lenken ihre Geldströme entsprechend um. So ist die Zahl der Finanzierungsrunden bei amerikanischen Internetunternehmen binnen eines Quartals um 44 Prozent zurückgegangen, während Investitionen in junge Healthcare-Unternehmen um 17 Prozent gestiegen sind, wie der Money Tree Report zeigt. Doch auch hier gibt es schwarze Schafe, die das Geld nicht verdienen, wie der Fall Theranos zeigt: Das Unternehmen von Elisabeth Holmes wollte den Bluttest revolutionieren und träumte vom Test für zu Hause.
Mehr als die – zugegeben gute - Idee gab es jedoch nicht. Holmes soll Kunden und Investoren im großen Stil betrogen haben, in dem sie Bluttests von Konkurrenten verwendeten. Es lohnt sich also in allen Branchen, ganz genau hinzusehen, wer eine gute Idee hat, wer wirklich das Zeug zum Weltveränderer hat und welche Unternehmen sich in Kürze selbst zerlegen werden. Denn, da ist IMD-Professor Michael Wade ganz sicher, „diese Unternehmen werden scheitern.“