Minderjährige Gründer Über den aufwendigen Weg vom Minderjährigen zum Unternehmer

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„Für mich war sehr früh klar, dass ich keinem normalen Angestelltenjob nachgehe“

Wäre nicht ein Nebenjob der einfachere Weg ins Arbeitsleben gewesen?
Für mich war sehr früh klar, dass ich keinem normalen Angestelltenjob nachgehen, sondern etwas Kreativeres, vielleicht auch etwas Schwierigeres machen möchte. Viele kleine bis mittelständische Unternehmen investieren weder Zeit noch Geld in einen professionellen Social-Media-Auftritt. Die sind dort gar nicht präsent oder sie stellen fünf, sechs Bilder online und das war es dann für die nächsten Jahre. Darunter leidet aber deren professionelle Wahrnehmung. Außerdem suchen viele Unternehmen händeringend Mitarbeiter wie beispielsweise Azubis. Und wo suchen sie die? Offline. Aber es bringt nichts, in Zeitungs- oder Plakatwerbung zu investieren, wenn alle auf ihre Smartphones schauen. Da kann ich sowohl bei der Kunden- als auch bei der Mitarbeiter- und Azubigewinnung helfen.

Wie haben Sie denn selbst gelernt, was Sie jetzt anderen anbieten wollen?
Ich war schon als Kind sehr technikaffin. In der Grundschule habe ich Powerpoint-Präsentationen erstellt oder am Handy gespielt. Damals haben mich die Elektrogroßhandel bei uns in der Nähe unglaublich fasziniert: die knalligen Farben, die große Technik-Auswahl. Mit sieben Jahren wollte ich ein Geschäft wie Saturn gründen. Ab dem Zeitpunkt habe ich Fernsehwerbung anders wahrgenommen und versucht, das Kreative im Marketing zu verstehen. Aber es war nicht so, dass ich als Siebenjähriger diese Werbung gesehen und schon überlegt hätte, welche psychologische Tricks ich entdecke. Mit zehn Jahren habe ich begonnen, mir ab und zu auf Youtube fünf- bis sechsminütige Videos zum Thema Verkaufspsychologie anzuschauen. Richtig gestartet bin ich aber erst Anfang 2020. Damals habe ich begonnen, Bücher zu lesen, regelmäßig Youtube-Videos zu schauen, Online-Kurse zu machen und Podcasts zu hören. Durch den Lockdown hatte ich dann auch mehr Zeit dafür.

Und aus diesen Büchern kommt Ihr Wissen zum Beispiel darüber, wie man einen Businessplan aufstellt?
Ja, wir haben zwar Wirtschaft auch als Unterrichtsfach an der Schule, aber es geht eher um Grundlagen- und Theoriewissen. Ich erinnere mich noch, dass wir beispielsweise das Modell des Homo oeconomicus besprochen haben. Marketing musste ich mir nach der Schule selbst beibringen.

Noch nicht volljährig, aber schon kräftig steuerpflichtig: Unter-18-Jährige zahlen in Deutschland schon ordentlich Steuern – und längst nicht alle sind Kinder reicher Eltern.
von Christian Ramthun

Immer wieder wird gefordert, dass solche Themen auch in den Lehrplan aufgenommen werden. Was sagen Sie dazu?
Nein, dafür sind Themen wie Gründen und Social-Media-Marketing zu speziell und betreffen zu wenige. Aber ich würde mir wünschen, dass neben der Möglichkeit nach der Schule eine Berufsausbildung zu machen oder zu studieren auch einmal die Selbstständigkeit angesprochen würde. Das sollte dann aber nicht von einem Lehrer, sondern von einem Unternehmer, der schon einen Betrieb aufgebaut hat, erklärt werden. Vielleicht auch von einem jungen Gründer.

Wie wollen Sie Schulpflicht und Unternehmertum eigentlich ganz praktisch kombinieren? Während der Unterrichtszeit sind Sie ja wahrscheinlich nicht erreichbar.
Es stimmt, ich kann in der Schule keine Kunden betreuen. Aber danach bin ich eigentlich die ganze Zeit erreichbar. Das ist ja etwas, das mir auch Spaß macht. Selbst wenn ich mit meinen Freunden an einem Samstag um 16 Uhr mal draußen bin, kann mich ein Kunde anrufen. Dann redet man halt kurz. Das wäre kein Problem.

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Wie soll es denn für Sie in den kommenden Jahren weitergehen?
An meinem 18. Geburtstag möchte ich mein Unternehmen in eine GmbH umwandeln. Bis dahin will ich ein gewisses Niveau an Einnahmen und einen guten Kundenstamm haben. Vielleicht stelle ich auch Mitarbeiter ein, wenn ich sie brauche und mir leisten kann. Ich kann mir auch vorstellen, deutschlandweit für Kunden zu arbeiten und die Inhalte, also die Fotos und Videos, von anderen erstellen zu lassen. Aber für den Anfang liegt die Priorität lokal, damit ich die Kunden auch persönlich betreuen kann.

Mehr zum Thema: „Warum soll ein 30-jähriger Gründer mehr drauf haben als wir?“: Die beiden Hamburger Gründer Davis Zöllner und Berkay Cankiran (18 und 19) überraschten nicht nur mit ihrem Alter. Auch ihre Geschäftsidee kam bei der Höhle der Löwen an.

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