Recup-Mitgründer Florian Pachaly „Wir haben viele Investoren von vorneherein ausgeschlossen“

Wiederverwendbarer Kaffeebecher von Recup. Quelle: Presse

Ab 2023 gilt für Gastronomen die Mehrwegangebotspflicht: Damit soll Verpackungsmüll vermieden werden. Florian Pachaly zählt mit Recup zu den Pionieren der Mehrwegbranche – und hat nun neue Investoren überzeugen können.

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Ende 2016 gründeten die beiden Studenten Florian Pachaly und Fabian Eckert in München das Unternehmen Recup. Ihre Idee: Um die Tonnen an Plastikmüll zu reduzieren, die jedes Jahr durch Coffee-to-go-Becher verursacht werden, wollen sie ein Pfand-System mit wiederverwendbaren, spülmaschinenfesten Bechern etablieren, die man an möglichst vielen Cafés und Restaurants wieder zurückgeben kann. Mit der Zeit erweiterten die Gründer ihr Portfolio um wiederverwendbare Essensboxen. Heute beschäftigt Recup rund 90 Frauen und Männer und zählt knapp 12.000 Ausgabestellen. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Jungunternehmen rund acht Millionen Euro Umsatz. Seit vergangenem Sommer ist mit dem langjährigen Betterplace-Chef Christian Kraus ein dritter, erfahrener Geschäftsführer an Bord.

Herr Pachaly, Sie haben in Ihrer Finanzierungsrunde 12 Millionen Euro eingesammelt. Für den selbsternannten deutschen Marktführer von Mehrwegbechern und -Essensboxen ist das in diesen Zeiten keine Riesensumme. Hatten Sie mehr erhofft?
Selbsternannter Marktführer klingt etwas lustig – wir sind einfach aktuell der größte Mehrweganbieter in Deutschland. Aber zur Summe: Eigentlich hatten wir nur mit zehn Millionen Euro gerechnet. Klar, 12 Millionen ist keine Riesensumme, aber für unsere Zwecke ist das mehr als ausreichend. Wir haben bewiesen, dass wir profitabel arbeiten können und haben deutlich weniger Finanzbedarf als andere Start-ups anderer Branchen.

Wofür werden Sie das Geld einsetzen?
Für Personal, hauptsächlich in Vertrieb und Marketing und die weitere Sicherstellung der Produktions- und Lieferkapazitäten. Da kommt eine große Welle auf uns zu hinsichtlich der Mehrwegangebotspflicht 2023…

…die Cafés, Restaurants und Gastronomie mit mindestens 80 Quadratmeter Ladenfläche und mehr als fünf Mitarbeitern ab Januar 2023 dazu verpflichtet, ihrer Kundschaft eine Mehrwegalternative anzubieten zu Einwegverpackungen für Getränke und Essen zum Mitnehmen.
Dementsprechend ist Lieferfähigkeit für uns ganz entscheidend. Denn natürlich wollen wir unsere aktuell 12.000 Ausgabestellen noch weiter vervielfachen.

Essenslieferdienste boomen, verursachen aber jede Menge Verpackungsmüll. Die deutschen Start-ups Recup und Vytal wollen das Problem mit Mehrwegverpackungen lösen – und kämpfen dabei gegen die Bequemlichkeit der Nutzer.
von Stephan Knieps

Ihr neuer Wettbewerber Kooky aus Berlin setzt auf Prominenz: So investierten etwa der N26-Chef Valentin Stalf, Delivery-Hero-Finanzchef Emmanuel Thomassin und der ehemalige Gorillas-CCO Ronny Gottschlich.
Wenn ich mir unsere Markenbekanntheit anschaue, denke ich, brauchen wir keine prominenten Investoren. Mittlerweile kennt uns ein Viertel der Deutschen. Wir sind noch kein Haribo oder Adidas, aber haben mit fünf Jahren Erfahrung schon eine gewisse Sichtbarkeit am Markt. Ich weiß, Promi-Investoren kommen immer gut an in einer Pressemitteilung, aber die Investoren, die wir überzeugt haben, passen einfach sehr gut zu unseren Werten. Das ist auch das Zeichen, das wir an die Gastronomie senden wollen: dass es uns vor allem um Nachhaltigkeit und Langfristigkeit geht.

Sie haben sehr auf Nachhaltigkeit bedachte Investoren an Bord, etwa die Blueworld Group, den Followfood- und Enpal-Investor Summiteer sowie die GLS Bank. Ist es schwieriger, nur solche Nachhaltigkeitsinvestoren zu gewinnen?
Wir haben von vorneherein viele ausgeschlossen. Und ja, dadurch haben wir es uns selbst schwerer gemacht. Aber wir sind in einer Phase, in der das Thema gehypt und durch das Gesetz nochmal beschleunigt wird. Wir sind in einer privilegierten Situation, die Investoren aussuchen zu können, die zu uns passen. Geld ist vorhanden.

Das heißt, Sie haben auch Investoren abgelehnt, die in Recup investieren wollten?
Wir haben einen Großteil abgelehnt. All jene, die das Thema Nachhaltigkeit unserer Meinung nach nicht ernst oder nicht ernst genug nehmen und offenbar andere Ziele verfolgen als das Thema Müllvermeidung. Da gab es teilweise sehr unterschiedliche Statements schon beim Kennenlernen.

Zum Beispiel?
Wenn mir beim ersten Treffen vorgerechnet wird, welchen Return ich beim Verkauf meines Unternehmens erziele, dann weiß ich nicht, ob wir denselben Fokus haben. Uns geht es um das Thema Müllvermeidung und um Verlässlichkeit. Monetäre Ziele stehen nicht darüber, sondern sind für uns Mittel zu Zweck.

Sie haben einige große Partner in der Gastronomie für sich gewonnen, etwa Shell, Alnatura, Aral, Sodexo, Aramark. Ist es vorstellbar, dass eine Gastronomiekette mit zwei verschiedenen Mehrweg-Anbietern zusammenarbeitet?
Das ist nicht üblich, nein. Hier geht es immer um reibungslose Prozesse und auch der Platz für Geschirr ist begrenzt. Die vorhandenen Systeme sind aktuell sehr verschieden.

Mehrwegverpackung trifft Essen to-go: Das Münchner Start-up Recup, Hersteller von wiederverwendbaren Essensboxen und Bechern, kooperiert künftig mit Lieferando, dem deutschen Marktführer für Online-Essensbestelldienste.
von Stephan Knieps

Das bedeutet, Sie müssen sich mit Recup durchsetzen, um den Markt zu erobern beziehungsweise nicht zu verlieren. Wann überzeugen Sie denn etwa McDonald’s?
Wir sind ja bereits in einigen McDonald’s-Filialen, etwa in München. Aber es ist etwas kompliziert, wie viel Eigenverantwortung die jeweiligen McDonald’s-Franchisepartner in dieser Frage haben. Außerdem testet McDonald’s zurzeit ein eigenes Mehrweg-System.

Das dürfte Ihnen nicht gefallen.
Je mehr Einzelsysteme es gibt, umso verwirrender ist es für den Endkunden. Das dürfte auch nicht im Sinne der Mehrwegangebotspflicht sein. Natürlich wünschen wir uns, dass es ein größtmögliches einheitliches System gibt. Entsprechend versuchen wir zu überzeugen, dass es sinnvoll ist, unser System zu nehmen.

Inwiefern merken Sie in der Gastronomie die Dringlichkeit zu handeln, je näher der 1. Januar 2023 rückt? Probieren viele ein eigenes System aus oder kommen auf Sie zu?
Beides. Wir merken, dass es gerade die Großen auf dem Schirm haben. Daneben aber gibt es sehr viele Kleine, die sich noch nicht damit beschäftigen und uns zurückmelden: Bis Januar ist ja noch viel Zeit. Nun ja. Die Frage ist: Wann wachen die auf?

Im Sinne, dass die Zeit knapp wird?
Auch in dem Sinne, ob allen bewusst ist, dass der Gesetzgeber in der Sache auch noch einmal nachschärfen kann. Die Mehrwegpflicht ist ja eine EU-weite Pflicht und ist nur ein Teil eines EU-Gesetzes. Es kann zukünftig auch noch weitere Maßnahmen geben, um besser beurteilen zu können, ob die Mitgliedsstaaten tatsächlich weniger Einwegplastik produzieren und benutzen.

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Wie steht es um die Internationalisierung von Recup?
Wir waren bisher in drei Auslandsmärkten: Belgien, Großbritannien und Südafrika. Aber im Moment fokussieren wir uns nur auf Deutschland. Das Pfandsystem war gerade in Südafrika ein kommunikativ schwieriges Thema und das Bewusstsein war damals dort noch nicht so stark ausgeprägt. In den vergangenen Jahren hat sich das glücklicherweise weltweit enorm verändert.

Lesen Sie auch: Essenslieferdienste und Mehrwegverpackungen: Der mühsame Weg zur Teller-to-go-Gesellschaft

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