
Es geht um nichts geringeres, als "The next big thing": Die nächste Erfindung, die nächste Idee, die alles auf den Kopf stellen wird, so wie es das iPhone von Apple mit der Kommunikation getan hat. Oder - noch etwas früher - das Rad. Und: Die großen Konzerne sind sich mittlerweile einig, dass nicht sie es sein werden, die dieses "große Ding" (er)finden werden.
Irgendein kleines Internet-Start-up, geführt von ein paar kalifornischen Hipstern, wird den großen Wurf machen. Oder eine kleine Klitsche aus einem Berliner Hinterhof. 2007 haben das bereits die Brüder Samwer erkannt und mit ihrer Holding Rocket Internet in verschiedene Start-ups investiert. Das berühmteste Projekt aus dem Hause Rocket ist Zalando.
Mit der üblichen Verzögerung hat der Gedanke, dass es sich lohnen könnte, in Ideen zu investieren, die dem eigenen Geschäftsmodell gefährlich oder nützlich werden könnte, auch bei den deutschen Großkonzernen breit gemacht. Seitdem ist Einhornjagd angesagt: Die Jagd auf das eine Start-up, das eine Milliarde Dollar Wert sein könnte. Die Jagd auf den Erfinder des "next big things".
Jeder, der etwas auf sich hält, hat ein eigenes Lab, castet Start-ups, richtet Accelerator-Programme ein. Natürlich auch das mit der typisch deutschen Gründlichkeit: Insgesamt haben deutsche Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren 1,3 Milliarden Dollar in Corporate-Venture-Capital investiert. Dies entspricht 24 Prozent der gesamten Venture-Capital-Investitionen deutscher Investoren.
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Woher Startups ihr Kapital erhalten
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Quelle: Deutscher Startup Monitor/Bundesverband Deutsche Startups, 2014
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Damit ist Deutschland Europameister - niemand steckt mehr Geld in die Start-up-Förderung als die Deutschen. Das geht aus einer Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) hervor, für die BCG die Venturing-Strategien, -Suchfelder und -Tools der jeweils 30 größten Unternehmen in den sieben innovationsgetriebenen Industrien analysierte. Allein 2015 investierten die deutschen Unternehmen mehr als 260 Millionen Dollar in junge Unternehmen.
Deutsche Inkubatoren für Startups
Im Inkubator CoLaborator können sich sechs Start-ups einmieten. Nur im Accelerator-Programm gibt Bayer Geld und erhält dafür ein Recht auf Anteile.
Geld für Startups: 50.000 Euro
Firmenanteile für Bayer: Verhandelbar
In das Accelerator-Programm werden drei Mal pro Jahr bis zu zehn Start-ups aufgenommen.
Geld für Startups: 25.000 Euro
Firmenanteile für Springer: 5 Prozent
geförderte Startups bisher: 26
Die Telekom fördert in ihrem Inkubator Hub:raum bis zu zehn Startups. Im Accelerator-Programm gibt es kein Geld und keine Anteile Geld für Start-ups bis 300.000 Euro.
Firmenanteile für Telekom: 10 bis 15 Prozent
geförderte Startups bisher: 42
International liegt Deutschland mit seinem Investment in Start-ups übrigens auf Rang vier. Nur die USA, China und Japan liegen vor den Deutschen. Wobei in China die Start-up-Förderung auch auf Befehl der Regierung geschieht. Hierzulande ist es die Angst, abgehängt zu werden, die die Geldbeutel weitet.
"Wir haben jetzt auch ein Start-up"
Doch auch die Zalandos, Lieferandos und wie sie alle heißen, können die historisch gewachsenen Konzerne offenbar nicht zukunftsfähig machen. Erste Rückzüge, Notverkäufe und Pleiten haben die Hoffnungen getrübt und für Ernüchterung gesorgt. Trotzdem investieren viele blind weiter - in der Hoffnung, zufällig auf das Einhorn zu stoßen, wenn man nur in "irgendwas mit Apps" oder "irgendwas mit Internet" investiert. Schon vor zwei Jahren prophezeite Fred Destin vom Risikokapitalgeber Accel Partners in London, dass es nicht funktionieren werde, wenn sich jeder Großkonzern "seinen eigenen Accelerator anflanscht." Gerade, da viele Unternehmen die Start-ups, die sie fördern, nicht richtig auswählen und diese ganze Nummer eher als PR-Show betrachten.
Und was die Unicorns angeht, in die die Deutschen so viel Hoffnung setzen: Im Silicon Valley, wo diese ihren Ursprung haben, spricht man schon seit längerem vom Einhornsterben.