Start-up-Inkubatoren Bei den Konzernen grassiert das Gründerfieber

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Vereinfachung der Prozesse

Keine Frage, wenn Gründer auf Konzerne treffen, gibt es eine Reihe von Konflikten.
Die Entscheidungswege in Unternehmen sind traditionell länger, die Bürokratie oft hinderlich: Um Geschäfte miteinander zu machen, müssen auch Start-ups erst einmal im Einkauf als Lieferanten gelistet sein, manchmal erfüllen sie festgelegte Kriterien wie Umsatzgrößen nicht. Oder die Konzernbuchhaltung verlangt, dass für den Erhalt eines Fax eine Auftragseingangsbestätigung verschickt wird.

„Wir haben deswegen sogar eine Faxsoftware angeschafft“, sagt Catharina van Delden, Geschäftsführerin des Start-ups Innosabi. Die Münchner bieten eine Onlineplattform, auf der Unternehmen gemeinsam mit Kunden neue Produkte entwickeln können. Open Innovation heißt das auf Neudeutsch. Mit über 200 Unternehmen, darunter Bayer, E.On, der Postbank oder Edeka, hat Innosabi schon zusammengearbeitet.

Warum die Deutschen gründen

Auch Volkswagen will die Prozesse für Start-ups vereinfachen. Bislang dauert es meist mehrere Wochen, bis ein neues Unternehmen vom Einkauf als Zulieferer akzeptiert ist. Das Verfahren soll einfacher und kürzer werden. Der Autobauer hat erst kürzlich damit begonnen, bei Start-ups nach neuen Geschäftsideen Ausschau zu halten. „Auch als Unternehmen befinden wir uns hier in der Lernphase“, sagt Jennifer Geffers, die bei VW das Ideation:Hub leitet. Sie veranstaltet Hackathons und eröffnet Innovationslabore. Ob die Wolfsburger wie BMW und Daimler auch einen Accelerator starten, wird derzeit noch intern diskutiert. Bis dahin setzt das Unternehmen auf Oelkes Netzwerk Cube und hofft auf Kontakt zu internationalen Start-ups aus vielen Bereichen, von Robotics über Spracherkennung bis hin zu künstlicher Intelligenz.

Bitte langfristig denken

Aber was genau können Konzerne von Start-ups lernen? „Aus der Kundenperspektive zu denken“, sagt Stefan Groß-Selbeck. Der 49-Jährige war Deutschlandchef von Ebay und Chef von Xing. Nun leitet er BCG Digital Ventures. Mit der Digitaltochter hilft die Beratung Unternehmen, neue Geschäftsmodelle für die digitale Welt zu entwickeln. Viele Konzerne denken zu viel daran, welche neuen Produkte sie verkaufen können, findet Groß-Selbeck, und zu wenig daran, welche Probleme ihre Kunden haben.

Diese Frage stand auch im Zentrum eines Projekts mit Bosch. Das Ergebnis: ein Sharingdienst für Elektroroller namens Coup. Das Bosch-Start-up startete Anfang August in Berlin, 200 Elektroroller können Kunden dort mieten. Damit macht der Konzern Emio Konkurrenz. Bosch hatte überlegt, mit dem Start-up zu kooperieren oder das Unternehmen zu übernehmen. „Kaufen oder selber machen, das ist immer eine Frage“, sagt Coup-Chef Mat Schubert. Doch die Bewertungen für Jungunternehmen in dem Bereich seien hoch. „Und wir hatten eigene Vorstellungen, wie der Service aussehen muss.“

Wenn erfolgreiche Wagniskapitalgeber in Start-ups investieren, planen sie in Zeiträumen von fünf bis zehn Jahren. Die Konzerne müssten genauso langfristig denken, sagt Groß-Selbeck. In dieser Hinsicht liegt Daimler richtig. Das Projekt des Autobauers hat einen 20-Jahres-Horizont: Das neue Innovationszentrum heißt Arena2036 – das Jahr, in dem Carl Benz’ erster Motorwagen 150 Jahre alt wird.

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