Seit gut drei Wochen ist Janna Ensthaler einem Millionenpublikum bekannt: Sie sitzt in der Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ Seite an Seite mit bekannten und langjährigen Investoren wie Ralf Dümmel, Judith Williams, Carsten Maschmeyer. Ensthaler hat vorher ihr eigenes Start-up Glossybox großgemacht, mit dem sie Kosmetik verschickte – und investiert ihr Geld nun in andere Unternehmerinnen und Unternehmer. Im vergangenen Jahr legte die 38-Jährige einen eigenen Investmentfonds auf.
Ensthaler ist damit keine Ausnaheerscheinung in der deutschen Start-up-Welt. Häufig investieren erfolgreiche Gründer ihr Geld, das sie mit einem Exit oder Börsengang machen, in andere Start-ups: Xing-Gründer Lars Hinrichs etwa. Oder About-You-Gründer Tarek Müller und Amorelie-Gründerin Lea-Sophie Cramer. Die Jungunternehmer profitieren dabei häufig von den Erfahrungen ihrer Geldgeber bei der Suche nach Kunden oder dem Eintritt in neue Märkte.
Und doch stellt sich die Frage, ob Start-up-Gründer tatsächlich bessere Investoren sind als ihre Konkurrenten, die vorher niemals selbst gegründet haben. Eine Studie bescheinigt Geldgebern wie Ensthaler und Hinrichs, Müller und Cramer nun genau das: Sollten Gründer vor der Frage stehen, ob sie lieber Geld von professionellen Risikokapitalgebern (VCs) oder von erfolgreichen Gründern einsammeln, sollten sie die Gründer wählen, um ihre Erfolgschancen zu steigern.
Laut der Studie der beiden Wissenschaftler Paul Gompers von der Harvard Business School und Vladimir Mukharlyamov von der Georgetown University sind 29,8 Prozent der Investments ehemaliger Gründer erfolgreich. Professionelle Risikokapitalgeber ohne Erfahrung als Unternehmensgründer haben lediglich eine Erfolgsquote von 23,2 Prozent. Allerdings gibt es eine Voraussetzung für die ehemaligen Gründer: Nur die Unternehmer, die selbst mit ihrem Start-up Erfolg hatten, liegen bei fast 30 Prozent der Investments richtig. Gründer, die mit ihrem Start-up nicht erfolgreich waren und ihr Geld nun in andere junge Unternehmen investieren, verzeichnen nur in 19,2 Prozent der Fälle einen Erfolg.
Kompetenz als Gründer überträgt sich
Als Erfolg bewerten die Forscher einen Börsengang des Unternehmens oder eine Übernahme, bei welcher der Kaufpreis über dem eingesammelten Kapital liegt. Für ihre Arbeit, die bei der US-amerikanischen Forschungseinrichtung National Bureau of Economic Research (NBER) erschien, werteten die Forscher Daten von Investmentdatenbanken aus den Jahren 1990 bis 2019 aus.
Rund sieben Prozent der Investoren gründeten laut den Daten der Wissenschaftler vor ihrem Investorendasein selbst ein mit Risikokapital finanziertes Start-up. Dabei mag es nicht überraschen, so schreiben sie in der Studie, dass die Gründer mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einem Fonds anheuern, der auch in das eigene Unternehmen investiert hat. In ihrem Datensatz schlugen 89 Prozent der erfolgreichen Gründer und 85 Prozent der erfolglosen Gründer diesen Weg ein.
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Die Gründe für die überdurchschnittlich guten Investments der erfolgreichen Gründer sind nicht eindeutig. Die Forscher gehen davon aus, dass der Erfolg weniger an dem guten Riecher der ehemaligen Gründer liegt. „Vielmehr scheinen sie einen Mehrwert für die Portfoliounternehmen zu schaffen und ihre Investitionsergebnisse“, heißt es in der Studie. Die Kompetenz als Gründer übertrage sich auf die Kompetenz als Risikokapitalgeber. Außerdem verfügten die erfolgreichen Gründer womöglich über bessere Netzwerke, von denen auch ihre Portfoliofirmen profitieren. „Sie können Vorstandsmitglieder oder Mitarbeiter über ihr Netzwerk rekrutieren. Sie können das Unternehmen über ihr Netzwerk bei potenziellen Kunden vorstellen“, schreiben die Wissenschaftler.
Guter Gründer, gutes Image
Ein anderer Grund könnte sein, dass Außenstehende wie Investoren, Kunden, Mitarbeiter einen besseren Eindruck vom Unternehmen haben, wenn ein erfolgreicher Gründer in das Unternehmen investiert hat. 12,4 Prozent der Firmen, in die erfolgreiche Gründer investiert haben, legen später einen Börsengang hin. Das gelingt nur 9,4 Prozent der Portfoliofirmen von professionellen Risikokapitalgebern ohne Gründungserfahrung – und noch weniger Investments von erfolglosen Gründern (7,1 Prozent).
Bei der Wahl eines Unternehmens beobachteten die Forscher ebenfalls Unterschiede zwischen den Investoren mit und ohne Start-up-Stallgeruch. Während mehr als 14 Prozent der erfolgreichen Gründer ihr Geld in Seriengründer investieren, tun dies nur 11,9 Prozent der erfolglosen Gründer und 8,4 Prozent der professionellen Finanziers. Die erfolgreichen Gründer investieren ihr Vermögen der Studie nach außerdem in erfahrenere Gründer, die noch dazu häufiger von einer Eliteuniversität kommen.